Die 11’000 Soldaten Nordkoreas sind von der Front verschwunden
Vor wenigen Tagen meldeten verschiedene Medien:
«Seit Mitte Januar sind die in der russischen Region Kursk stationierten nordkoreanischen Truppen offenbar nicht mehr in Kampfhandlungen verwickelt, teilte der südkoreanische Geheimdienst NIS am 4. Februar mit. Ein Grund könnten demnach die hohen Verluste auf Seiten der Nordkoreaner sein, hiess es weiter.»
Nach Angaben von Regierungs- und Geheimdienstquellen aus Südkorea, der Ukraine und den USA hat Nordkorea seit dem vergangenen Oktober rund 11‘000 Soldaten in der Region Kursk stationiert. Sie würden an vorderster Front kämpfen und von Russland als Kanonenfutter missbraucht, um Gebiete zurückzuerobern, welche die Ukraine in Russland besetzt hat. «Watson» titelte noch am 16. Januar: «In Kursk verheizt der Kreml nordkoreanische Soldaten ohne Rücksicht auf Verluste. Die Ukrainer fürchten inzwischen die Kämpfer aus Fernost.»
Das ZDF zitierte einen anonymen Mann, der in Nordkorea für den Staatssicherheitsdienst gearbeitet haben soll und jetzt in Südkorea lebe. Er warnte davor, Pjöngjangs Söldnerarmee im Dienste Russlands zu unterschätzen.
Diese Informationen konnten zutreffen oder auch nicht. Handfeste Beweise wurden keine vorgelegt. Medien konnten diese Informationen nicht überprüfen. Es sind keine westlichen Journalisten oder NGOs vor Ort. Trotzdem verbreiteten viele Medien alle diese Informationen von «ukrainischen und amerikanischen Geheimdiensten» oder «US-Regierungsvertretern» als Tatsachen, ohne darauf hinzuweisen, dass die Angaben nicht unabhängig überprüft werden konnten.
Über Ungereimtheiten informierten die wenigsten Medien: 2024 hat das ukrainische Militär in der Region Kursk nach eigenen Angaben mehr als 700 russische Soldaten in Kriegsgefangenschaft genommen. Bis heute jedoch höchstens eine Handvoll Nordkoreaner. Das ist erstaunlich, falls Tausende Nordkoreaner an vorderster Front kämpften und mindestens 2000 von ihnen umgekommen und noch mehr verletzt worden sind.
«Watson» von «CH-Media» verbreitete Mitte Januar wie viele andere Medien eine unscharfe Aufnahme, die vom Office of the President of Ukraine verbreitet wurde. Sie soll einen nordkoreanischen Soldaten an der Front in Kursk zeigen.
![Nordkoreanischer Soldat x.](https://www.infosperber.ch/wp-content/uploads/2025/02/Nordkoreanischer-Soldat-x.png)
«Die Nordkoreaner hatten Mühe, sich zu gewöhnen»
Zum jetzt überraschenden Rückzug der Nordkoreaner vom Kriegsgeschehen befragte SRF-News den Militäranalysten Hendrik Remmel vom German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS): Die Nordkoraner seien «vermutlich sechs bis acht Wochen in offensive Kampfhandlungen verwickelt» gewesen und hätten «gegen ukrainische Brigaden gekämpft, die zu den besten gehören, die die ukrainischen Streitkräfte haben». Dies habe zwar zu Geländegewinnen, aber auch zu «so hohen Verlusten geführt», dass sie abgezogen werden mussten. Man habe «die Truppen aus der Frontlinie rausrotiert». Sie würden jetzt neu ausgestattet und neu besetzt und dann wieder an die Front geschickt. Remmel ergänzte: «Es ist davon auszugehen, dass genau das passiert ist.»
Remmel gab nicht an, auf welche Quellen er sich stützt. Er erklärte nicht, ob die meisten der 11’000 Nordkoreaner an der Front waren und warum sie nicht ohne Unterbruch untereinander rotierten. SRF-News fragte nicht danach und fragte auch nicht, weshalb die Ukraine keinen Beweis für die vielen getöteten Nordkoreaner lieferte. Und weshalb die Ukrainer keine Nordkoreaner gefangennehmen konnten. Auch machte SRF-News nicht transparent, dass das GIDS vom deutschen Verteidigungsministerium finanziert wird. Vielleicht stimmen Remmels Aussagen, vielleicht auch nicht. SRF-News kann es nicht wissen.
Die nötige Quellentransparenz zu einem Kriegsvorgang sieht anders aus.
Vorsicht und Skepsis sind geboten
Videos und Fotos von vereinzelten an der Front kämpfenden oder getöteten Nordkoreanern stammten von Geheimdiensten. Die wenigen Bilder konnten nicht überprüft werden. Der ukrainische Präsident Selensky veröffentlichte ein Video, das zwei gefangene nordkoreanische Soldaten zeigen soll.
Ob es 11’000 nordkoreanische Soldaten waren, wie viele davon an der Front waren und wo sie sich jetzt befinden: Darüber gibt es keine zuverlässigen Informationen. Was wahr ist und was nicht, können Journalisten nicht wissen. Auf diese wichtige Tatsache sollten seriöse Medien immer deutlich hinweisen. Tun sie es nicht, muss die Leser- und Zuhörerschaft solche Informationen mit Vorsicht und Skepsis aufnehmen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Und aus dem von allen Medien verbreiteten Sammelsurium von Vermutungen, Informationen vom Hörensagen, Angaben Unbekannter, Spekulationen selbsternannter Experten etc. soll ich mir eine Meinung darüber verschaffen, was an der Berichterstattung wahr ist und was nicht?
Der «Watson»-Titel – als Beispiel – müsste im Grunde lauten, in Kursk verheizt der Kreml – vermutlich – nordkoreanische Soldaten und – wahrscheinlich – ohne Rücksicht auf Verluste – falls überhaupt welche da anwesend waren und es sich bei den Fotografierten wirklich um Nordkoreaner handelt oder vielleicht auch Russen aus den asiatischen Regionen Russlands.
Diese Art von Journalismus musste man auch in der Berichterstattung zum Krieg gegen Gaza erdulden.
Wer die Verlautbarungen aus Kiew, London, Washington unbesehen für bare Münze nimmt, ist im besten Fall naiv.
Man kann auch spekulieren, dass die NK-Soldaten von den obengenannten Quellen von der Front «abgezogen» wurden, weil das Thema nichts (mehr) hergibt.
Bleibt nachzutragen, dass man als Europäer einen Nordkoreaner kaum von einem nativen Einwohner Ostsibiriens, der in einem regulären russischen Verband kämpft, unterscheiden kann.
Auch wurde dem Roten Kreuz noch kein Zugang zu den angeblichen koreanischen Kriegsgefangenen gewährt.
Einige Beobachter halten es für möglich, dass die Geschichte mit den nordkoreanischen Kampftruppen auf Seiten Russland von Südkorea platziert wurde, um das Feld für die Entsendung von südkoreanischen F-16 Piloten für die Ukraine vorzubereiten. Mit dem fehlgeschlagenen Putsch war diese Entsendung keine Option mehr, weshalb sich auch die Begleitpropaganda erübrigt hat.
Höchst aufschlussreiche Aussage im Artikel: «..befragte SRF-News den Militäranalysten Hendrik Remmel vom German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS): Die Nordkoraner seien «vermutlich sechs bis acht Wochen in offensive Kampfhandlungen verwickelt» gewesen und hätten «gegen ukrainische Brigaden gekämpft, die zu den besten gehören, die die ukrainischen Streitkräfte haben». Dies habe zwar zu Geländegewinnen, aber auch zu «so hohen Verlusten geführt», dass sie abgezogen werden mussten…»
Das heisst, wohl die nordkoreanischen Truppenkontingent hatte die die Aufgabe mit Sturmangriffen die ukrainischen Truppen in verlustreiche Gefechte zu verwickeln. Das Ziel wurde wohl erreicht – trotz den hohen Verlusten der Nordkoreaner. Die Frage ist, wie lange kann die ukrainische Armee die Stellungen noch verteidigen, wenn sehr viel Soldaten und Material geopfert werden müssen, um den Brückenkopf in Russland zu halten und Stimmdung kippt in der Ukraine.
Gunther Kropp, Basel
Inzwischen sind die kritischen Geister unter uns gut informiert über die gängige Praxis von gezielter Desinformation durch Geheimdienste, mit dem Zweck der Manipulation der «Volksmeinung». Leider hat dies den Nebeneffekt, dass auch früher angesehene Medien nicht mehr glaubwürdig wirken, wenn sie Nachrichten verbreiten die von Geheimdiensten in Umlauf gesetzt, und nicht von eigenen glaubwürdigen Journalisten überprüft sind.