Negativzinsen

Negativzinsen machten das Sparen zum Verlustgeschäft. © sangoiri/Depositphotos

Die Negativzinsen auf Sparkonten waren rechtswidrig

Urs P. Gasche /  Das rechtskräftige Urteil in Deutschland war in der Schweiz weder in der Tagesschau noch in grossen Zeitungen eine Meldung wert.

Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte am 4. Februar, dass die von Banken erhobenen Negativzinsen auf allen Sparanlagen rechtswidrig waren. Alle betroffenen Sparerinnen und Sparer können jetzt von ihren Banken die Auszahlung der abgezogenen Zinsen verlangen – jedenfalls für das Jahr 2022, weil die Rückforderung nach drei Jahren verjährt. In Deutschland betrugen die «Strafzinsen» in den Jahren 2020 und 2021 0,5 bis 0,7 Prozent.

Eine unaufgeforderte Rückzahlung der Banken lehnte der Bundesgerichtshof ab.

Auch Banken in der Schweiz haben Spareinlagen lange mit Negativzinsen «bestraft», so dass das Gesparte am Ende des Jahres – sogar nominal – weniger wert war als am Anfang des Jahres.

Erstmals entschied ein höchstes Gericht am 4. Februar über die Frage, ob Banken und Sparkassen Negativzinsen erheben durften. Doch bis heute, 6. Februar, haben grosse Schweizer Medien die Schweizer Öffentlichkeit über dieses Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs nicht informiert. Es käme wieder die Frage aufs Tapet, warum in der Schweiz der Konsumentenschutz kein Recht hat, im Namen geprellter Konsumentinnen und Konsumenten zu klagen.

In Deutschland war es eine Verbraucherzentrale die klagte. Ihre Argumente waren «so naheliegend wie volksnah» meinte die «Süddeutsche Zeitung». Banken hätten ihre Produkte mit «Geldanlegen» und «Sparen» beworben. Die Kunden hätten damit rechnen können, dass das Geld Zinsen abwirft. 

Im Gegensatz zu Girokonten, die nicht zum Sparen eröffnet würden, dienten Einlagen auf Tagesgeld- und Sparkonten – so der BGH – nicht nur der sicheren Verwahrung von Geldern, sondern darüber hinaus auch zum Anlegen und Sparen. Der Charakter dieser Verträge werde durch das Erheben von Negativzinsen verändert. Die Negativzinsen hielten hier einer Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie Sparerinnen und Sparer unangemessen benachteiligten.

Der BGH wörtlich: «Zweck von Spareinlagen ist es, das Vermögen von natürlichen Personen mittel- bis langfristig aufzubauen und durch Zinsen vor Inflation zu schützen. Dieser Charakter des Sparvertrags wird durch die Erhebung eines Verwahr- oder eines Guthabenentgelts entgegen den Geboten von Treu und Glauben verändert, da das laufzeitabhängige Verwahr- oder Guthabenentgelt mit dem den Sparvertrag kennzeichnenden Kapitalerhalt nicht zu vereinbaren ist.» 


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2 Meinungen

  • am 6.02.2025 um 16:23 Uhr
    Permalink

    Vielen Dank für den Artikel, das hatte ich noch garnicht mitbekommen. Ein hübscher juristischer Schlag in das Kontor von Banken, die mit CumEx-Geschäften (darunter die WestLB) und Fehlspekulationen (darunter die NordLB) keine betriebswirtschaftlichen Glanzstücke abgeliefert haben.

  • am 7.02.2025 um 01:17 Uhr
    Permalink

    Abgesehen davon, dass auch nach Schweizer Recht «Negativzinsen» mit grösster Wahrscheinlichkeit rechtswidrig sein dürften, so sind sie ökonomisch gesehen eine Perversion.
    Uebrigens haben m.W. die Schweizer Banken die Belastungen nicht als Negativzinsen bezeichnet, sondern andere Bezeichnungen verwendet, wie Kontoführungsgebühr, Gebühr auf Guthaben, Verwahrungspreis. Wie ein CH-Gericht entscheiden würde, wenn in den AGB ein «Negativzins» ausdrücklich erwähnt würde, ist offen (die CS hatte das, aber die ist nicht mehr). Und, wieder abgesehen davon, dass eine Bank keine «Gebühr» erheben («verfügen») kann (wie eine obrigkeitliche Behörde), ist der «Negativzins» schlicht Enteignung. Raub, begangen durch die kapitalistischste aller kapitalistischen Institution, die es gibt: Die Bank.
    Uebrigens, allseits bekannt: »Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?« Brecht. «Unrecht wird Recht, Recht wird unrecht, aber jenes Recht, mit dem wir leben, steht nirgendwo geschrieben.

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