«Tech-Oligarchen» mischen militärisch-industriellen Komplex auf
Donald Trump ist noch nicht im Amt. Aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass sich ein Teil seiner Entourage gezielt für ihn engagiert hat, um wirtschaftlich von der Nähe zu ihm und seiner Regierung zu profitieren. Deuteten erst die durch die Decke gehenden Kurse der Aktien verschiedener Unternehmen auf entsprechende Spekulationen hin, so bestätigen sie sich nun.
«Palantir und Anduril, zwei der grössten amerikanischen Unternehmen für Verteidigungstechnologie, führen derzeit Gespräche mit etwa einem Dutzend Konkurrenten, um ein Konsortium zu bilden, das sich gemeinsam um Aufträge der amerikanischen Regierung bewerben wird, um das Oligopol der bisherigen Anbieter zu durchbrechen», schreibt die Financial Times.
Elon Musk und Konsorten ziehen die Fäden
Zu den Unternehmen, die sich in Gesprächen befänden, gehörten Elon Musks SpaceX, der ChatGPT-Hersteller OpenAI, der Bauer autonomer Wasserfahrzeuge Saronic und die Datengruppe für künstliche Intelligenz Scale AI, zitiert die britische Zeitung mehrere Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. «Wir arbeiten zusammen, um eine neue Generation von Verteidigungsunternehmen zu schaffen», sagte demnach eine an der Entwicklung der Gruppe beteiligte Person.
Dieser Bericht kommt zu einem Zeitpunkt, wo klar ist, wer Donald Trump im Wahlkampf unterstützt hat, wer sich in seinem Umfeld tummelt und Einfluss auf seine Entscheidungen nehmen kann – und wie sich voraussichtlich die künftige Regierung und ihre Berater in Washington zusammensetzen werden. Aus diesem Umfeld waren schon in den vergangenen Wochen und Monaten Stimmen laut geworden, die das übliche Gebaren im Verteidigungsbereich und in der Rüstungsindustrie kritisiert hatten.
«Nur Idioten bauen den bemannten F-35-Kampfflieger», hatte zum Beispiel Elon Musk auf seiner eigenen Plattform X geschrieben. Er kritisiert, das Preis-Leistungsverhältnis dieses Projektes stimme nicht und das Design sei schlecht. Wen wird also überraschen, dass die Technologieunternehmen mit spezifischen Interessen im Rüstungsbereich nun versuchen, einen grösseren Teil des riesigen Verteidigungsbudgets der amerikanischen Regierung in Höhe von 850 Milliarden Dollar an sich zu ziehen. Das Nachsehen hätten die traditionellen Rüstungsriesen wie Lockheed Martin, Raytheon, Northrop Grumman, General Dynamics, L3Harris oder auch Boeing.
Das Konsortium werde einige der wertvollsten Unternehmen des Silicon Valley vereinen und deren Produkte und Know-how nutzen, um die amerikanische Regierung künftig günstiger und effizienter mit modernsten, leistungsfähigen Verteidigungs- und Waffensystemen zu versorgen, heisst es nun unter anderem in der FT.
Palantir ist inzwischen an der Wallstreet mehr wert als Lockheed Martin
Aus diesem Grund ist in den vergangenen Wochen nicht nur der Aktienkurs des Software- und Dienstleistungsunternehmens Palantir durch die Decke gegangen, sondern auch Start-ups aus dem Bereich der Verteidigungstechnologie haben in diesem Jahr Rekordsummen an Finanzmitteln erhalten. Investoren wetten darauf, dass sie zu den Gewinnern zählen werden, sobald die Trump-Regierung die Staatsausgaben auf der einen Seite deutlich senkt, auf der anderen mehr Geld für die nationale Sicherheit oder auch für die Weltraumforschung ausgeben wird.
Meanwhile, some idiots are still building manned fighter jets like the F-35 🗑️ 🫠
— Elon Musk (@elonmusk) November 24, 2024
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Inzwischen ist Palantir an der Wallstreet mehr wert als Lockheed Martin. Der Datenintelligenzkonzern wurde vom Tech-Investor Peter Thiel mitbegründet, der anfänglich auch Finanzmittel für Anduril bereitstellte. Dieses Unternehmen ist auf autonome Systeme, künstliche Intelligenz und fortschrittliche Verteidigungstechnologien spezialisiert, ging 2017 an den Start und wird in diesen Zeiten mit etwa 14 Milliarden Dollar bewertet. SpaceX und OpenAI schweben mit Werten von etwa 350 Milliarden Dollar und 157 Milliarden Dollar schon in einer ganz anderen Liga. SpaceX und Palantir leben schon seit Jahren von grossen öffentlichen Aufträgen, viele andere versuchen nun nachzuziehen. Das gilt vor allem für die, welche künftig wohl besonders gute Beziehungen in die Kreise rund um die künftige Regierung in Washington haben werden.
Musk, Thiel, Palantirs Führungspersonen Alex Karp und Joe Lonsdale oder Andurils Trae Stephens und Brian Schimpf etwa. Sie und viele andere kennen sich schon länger und wollen nun mit und zugunsten ihrer Firmen etwas erreichen. Sie zählen zu den Kritikern, die die Beschaffung von Verteidigungsgütern in den USA schon seit langem als langsam, teuer und fern vom Wettbewerb kritisiert haben. Davon wurde eine kleine Zahl von alteingesessenen Firmen mit guten Beziehungen wie eben Lockheed Martin, Raytheon oder Boeing begünstigt.
Sie entwickelten für den amerikanischen Staat Schiffe, Panzer oder auch Flugzeuge, was oft Jahre dauerte und zudem sehr kostspielig war. Der amerikanische Verteidigungshaushalt ist in den Augen der Kritiker nicht nur deswegen so enorm, weil das Land besonders viele Soldaten in Lohn und Brot hat oder besonders viele Waffen kauft, sondern weil die Lieferanten in der Vergangenheit kaum auf ihre Effizienz achten mussten.
Die aufstrebende Verteidigungsindustrie des Silicon Valley dagegen will den Markt mit kleineren, günstigeren und autonomen Waffen aufmischen. Diese sollen die USA und ihre Verbündeten in einem modernen Konflikt bei deutlich geringeren Kosten besser schützen, so die Propaganda ihrer Gründer und Manager. Mit Sicherheit aber sind sie nicht altruistisch – und wollen möglichst viel Geld verdienen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ich schätze den Infosperber sehr, bedanke mich für dessen Arbeit und wünsche ihm weiterhin eine gedeihliche Zukunft ! Diesen Dank will ich für eine kleine Anregung benutzen, nämlich die Übersetzungen aus dem Englischen sorgfältiger zu redigieren.
Die Bemerkung Musks zu den F-35 Kampfjets wäre richtigerweise wohl ‚Einige Idioten bauen immer noch bemannte Kampfjets wie den F-35‘. Das tönt zwar weniger reisserisch als ‚Nur Idioten bauen den bemannten Kampfjet F-35‘, gibt aber den Sinn der Aussage Musks wohl besser wider. Vielleicht etwas für die Sprachlupe, die ich auch sehr schätze !
Möglich, dass der zukünftige und alleiniger Sonderberater im Weissen Haus mit uneingeschränkten Befugnissen und Vollmachten die Vorahnungen haben könnte, dass ab 20. Januar 2025 die Kriege und bewaffneten Konflikte weltweit rasant zunehmen werden. Und es braucht effiziente High-Tech-Waffen, die sehr schnell und günstig Hergestellt und sehr teuer verkauft werden können und einen riesigen Profit garantieren. Und eines Tages hat Mr. Musk Papierwerte in Höhe von 50 000 Milliarden $. in seiner Schublade liegen. Dann könnte er wohl Donald Trump einen Tausch vorschlagen: die Goldreserven von 60 Staaten, die im Keller Federal Reserve Bank of New York in Trump-Manhattan lagern gegen seine Papierwerte und die ehemaligen Gold-Staaten hätten genügend Papier-Kohle die Musk-High-Tech-Waffen sich leisten zu können. Präsident Trump willigt ein und alle sind glücklich und fröhlich einen guten Deal gemacht zu haben.
Gunther Kropp, Basel
Elon Musk hat sich seinen Präsidenten gekauft – aus seiner Sicht sicher eine lohnende Investition. Ob nun die Abermilliarden an Rüstungsausgaben in die Taschen von Elon Musk & co fliessen oder zu den Investoren und Managern von Lockheed Martin, Raytheon, Boeing usw. ist schlussendlich zweitrangig.
Ich stimme Musk zu, dass die «klassischen» Kriegsmaschinen, z.B. F35 einen Grad an Komplexität erreicht haben, der von Menschen nicht mehr beherrschbar ist. Die Lösung: Selbst lernende Maschinen (KI), die den von Menschen nicht beherrschbaren Grad an Komplexität bewältigen können. Mir graut vor Armeen von autonomen Kampfmaschinen, die Menschen jagen und töten und schlussendlich nicht mehr von Menschen beherrscht werden können. Erste Systeme dieser Art werden in der Ukraine bereits heute von beiden Seiten entwickelt und eingesetzt. Dem Ingenieur Musk traue ich zu, dass er derlei Systeme bis zu einem hohen Grad an «Perfektion» entwickeln und herstellen lässt.