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2018 in einer Basler Parkgarage: Wer ein grösseres Auto fährt, braucht auch mehr Parkfläche. © copyright Daniela Gschweng

Autos werden immer breiter – es braucht eine SUV-Diät

Daniela Gschweng /  Autos legen jedes Jahr durchschnittlich um einen halben Zentimeter zu. Auf Kosten anderer Verkehrsteilnehmer.

Fahrzeuge werden immer breiter und länger. Die meisten Personenwagen sind heute mit Spiegeln breiter als zwei Meter und damit deutlich dicker als in den 1960er- und 1970er-Jahren. Als Beispiel oft angeführt wird der VW Golf, der 1974 noch 1,61 Meter breit war und inzwischen 1,79 Meter misst. Ohne Spiegel. Ein BMW X6 bringt es schon auf knapp über zwei Meter, ein Porsche Cayenne bleibt gerade noch darunter.

Im Schnitt legen Automobile pro Jahr einen halben Zentimeter zu, hat die NGO Transport & Environment herausgefunden. Das ist nicht nur unbequem für ihre Fahrerinnen und Fahrer, sondern auch für alle anderen im öffentlichen Raum.

Parkplatznormen: Wie viel Platz braucht ein SUV?

Schon 2014 beschwerte sich die «Basler Zeitung» über die Parkfelder im Basler Elisabethen-Parkhaus. Diese seien mit 2,40 Metern zu schmal bemessen, fand die Zeitung. Aber wie breit muss ein Parkfeld überhaupt sein?

In Deutschland gibt es dazu eindeutige Vorschriften. Ein Standardparkplatz im Parkhaus ist mindestens 2,30 Meter breit. Ist er an einer oder beiden Seiten begrenzt, muss er 2,40 Meter oder 2,50 Meter breit sein. Für Neubau-Garagen empfohlen werden 15 Zentimeter mehr, also 2,65 Meter. Ein Behindertenparkplatz muss 3,50 Meter breit sein, ein Parkplatz auf öffentlichen Strassen 2,50 Meter.

In der Schweiz gibt es keine gesetzlichen Vorschriften, aber Empfehlungen des Verbands der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS). Der VSS kennt verschiedene Komfortstufen, nach denen sich Planer richten. Das «Normauto» ist ohne Rückspiegel 1,85 Meter breit und 4,90 Meter lang, der Platz zum Ein- und Aussteigen beträgt mindestens 60 Zentimeter. Neuere Parkplätze werden mit 2,50 Metern Breite geplant. Parkplätze in älteren Parkings sind oft schmaler, meistens messen sie 2,30 Meter oder noch weniger.

Breitere Autos sorgen für dünnere Nerven

Fahrer und Fahrerinnen breiterer Gefährte stellt das vor Probleme. Im besten Fall können sie den SUV in einer Parkbucht neben einem älteren Kleinwagen parkieren. Wer den Kleinwagen fährt, fürchtet dafür Beulen und Kratzer, wenn der SUV-Fahrende die Tür nicht vorsichtig öffnet.

Wenn diese dann gar nicht mehr ohne Blechschaden aufgeht, hilft nur noch Akrobatik. Also der Ein- und Ausstieg über den Kofferraum – schlanke Menschen sind im Vorteil. Im Nachteil sind die Versicherungen, die seit Jahren mehr Parkschäden registrieren. Auch deshalb, weil die breiten Autos öfter an Pfeilern und Begrenzungen hängenbleiben.

Parkgaragen reagieren seit geraumer Zeit mit sogenannten «XXL-Parkplätzen», die breiter sind und oft mehr kosten. Für die Betreiber sind sie meist dennoch ein schlechtes Geschäft. Wenn die Parkflächen breiter werden, lassen sich auf dem gleichen Platz nicht nur weniger Autos unterbringen. Es fallen auch Parkfelder weg, weil sich Stützpfeiler nicht entfernen oder verschieben lassen. Am Ende wird die Kapazität des Parkhauses zu klein. Vor allem in privaten Parkhäusern, wo die Parkplätze schmaler sein können als in öffentlichen Parkings, ein echtes Problem.

Engpässe auf den Strassen

Und auf der Allmend? Als Seitenparkierer kann man dort die Tür problemlos öffnen, passt mit einem SUV aber meist gerade noch so auf ein oft nur zwei Meter breites Parkfeld.

In Zürich verlangten Politiker:innen der SP und der AL dieses Jahr, dass die Polizei in Zukunft strenger büsst, wenn ein Rad nicht mehr im Parkfeld steht. Das sei ungerecht, fand der ACS Zürich im Juli. Es ginge nur darum, Kasse zu machen und Autofahrenden das Leben schwerzumachen. Breitere Fahrzeuge gäbe es schliesslich aus Sicherheitsgründen – die Türen seien besser gepolstert als früher.

«Stimmt nicht», sagt ein Kfz-Ingenieur, «oder stimmt nur zum Teil». Ein weiterer wesentlicher Grund seien die immer breiteren Reifen. Diese wiederum seien eine Auswirkung von Mehrgewicht sowie auch einfach eine Modeerscheinung. 

Wem gehört der öffentliche Raum?

Breitere Autos jedenfalls nehmen anderen Verkehrsteilnehmer zunehmend den Platz weg. Wenn in einer Quartierstrasse auf beiden Seiten Fahrzeuge parkiert sind, verringert sich zum Beispiel der Platz für Velofahrende. Auf der betreffenden Strasse fahren zudem breitere Autos in beiden Richtungen. Wenn die Durchfahrtsbreite dann nicht mehr ausreicht, müssen Parkplätze aufgehoben werden.

Die Forderung, deshalb die Strassen zu verbreitern, löste einen Aufschrei aus. Dahinter steht die Frage, wer sich eigentlich woran anpassen muss. Die Automobilindustrie an die Infrastruktur oder umgekehrt?

Wer passt sich wem an?

Die andere Perspektive lautet: Konsumenten und Konsumentinnen wollen gut gepolsterte Autos mit Überblick, in denen sie sich sicher fühlen können – auf Kosten anderer Verkehrsteilnehmer. Durch die nicht nur breiteren, sondern auch immer schwereren und höheren Autos steigt ausserdem deren Unfallrisiko (Infosperber berichtete).

Dabei nehmen die Gefährte anderen den öffentlichen Raum weg. Der Landverbrauch von Autos ist neben Luftverschmutzung einer ihrer grössten Kostenfaktoren für die Allgemeinheit, also die Steuerzahlenden. Das Recht, sein Privateigentum auf öffentlichem Grund unterzubringen, ist ein Privileg der Autofahrenden.

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Auf einer Einbahnstrasse mit 7,30 Meter Breite wird der Platz für Velofahrende bereits zu knapp, wenn Autos 20 Zentimeter breiter werden.

Langsam wird es auf den Strassen so eng, dass die EU aufmerksam geworden ist. Das fällt an vielen Stellen auf. Zum Beispiel werden Spurbreiten in Baustellen zum Thema. Die Minimal-Breite eines Parkplatzes in der EU beträgt 1,80 Meter – gerade noch genug für einen VW Golf. Ohne Spiegel. Die maximal zulässige Fahrzeugbreite liegt bei 2,55 Metern.

Gedacht ist diese 2,55-Meter-Grenze für Last-, nicht für Personenwagen. Nach der Berechnung von Transport & Environment dauert es zwar noch 100 Jahre, bis die SUV bei 2,55 Metern angekommen sind. Wetten würde man darauf aber eher nicht. Die ersten SUV von Chevrolet sind ohne Spiegel jetzt schon 2,06 Meter breit, der ehemalige Military-Jeep Hummer 2,20 Meter. 

Paris: Breite Parkplätze für dicke Portemonnaies

Die Stadt Paris hat bereits reagiert und verlangt für Parkplätze für schwerere Autos höhere Gebühren (Infosperber berichtete). Zugestimmt hatte eine Mehrheit der Stadtbewohnenden. Nach einer Umfrage, die «Green Car Congress» zitiert, finden zwei Drittel der Pariser und Pariserinnen die Gebührenerhöhung gerechtfertigt.

Ein gutes Modell, findet auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Für die Überbelegung von Parkplätzen sorgten zum Beispiel auch die in Mode gekommenen Camper-Vans, schreibt die Organisation.

Und Freiburg, Basel, Tübingen …

Nicht immer ist das Bezahl-Modell erfolgreich: Im deutschen Freiburg trat 2022 eine erhöhte Anwohnerparkgebühr für grosse Fahrzeuge in Kraft (Infosperber 2021). 2023 wurde sie von einem Gericht gekippt.

Viele deutsche Städte interessieren sich trotzdem dafür. Vor allem, wenn sie enge Altstadtstrassen haben. Die Stadt Basel verlangt bereits höhere Gebühren für längere Fahrzeuge, die deutsche Stadt Tübingen erhöht ihren Gewichtstarif, der seit 2022 gilt. Die Tübinger und Tübingerinnen bekommen dafür Nachlass auf das Deutschlandticket der Bahn. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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2 Meinungen

  • am 20.12.2024 um 11:45 Uhr
    Permalink

    Jetzt weiss ich nicht, ob ich schreien oder lachen soll, über einen dermassen überflüssigen Artikel, und das Sommerlich ist ja gerade nicht aktuell, oder??
    Auf jeden Fallcwerde ich mit Kopfschütteln heute nicht mehr fertig . . .
    Was auf heden Fall nötig wäre ist, dass Menschen, welche solche SUV’s kaufen, auch lernen würden, mit diesen Karossen einzupacken!

  • am 20.12.2024 um 11:47 Uhr
    Permalink

    Eine Frage, die ich mir in diesem Zusammenhang schon öfter stellte: Ist es zulässig, dass man mit einem Fahrzeug mehr als einen öffentlichen gebührenpflichtigen Parkplatz belegt oder gibt es eine Bestimmung, die dies untersagt?
    Mir ist nur ein Urteil des Zürcher Obergerichts bekannt, das die Frage zu beurteilen hatte, ob für 2 Smarts, die auf einem Parkfeld parkiert waren, zwei Parktickets zu lösen sind. Das Gericht verneinte dies mit der Begründung, dass das Mass der Nutzung des öffentlichen Grundes im Gemeingebrauch ausschlaggebend sei. Entscheidend für die Gebühr ist demnach die Grösse der benutzten Fläche und die Zeitdauer des Gebrauchs. Die Bezahlung der Parkgebühr für Feld «X» gilt demnach quasi als «Miete» für den Platz innerhalb der Markierung. Benutzt nun jemand mit seinem SUV zwei Felder -je nachdem auch nur, um bequemer aus- und einsteigen zukönnen – müsste er in Auslegung des Urteils des Zürcher Obergerichts die Parkgebühr für zwei Plätze entrichten.

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