Eben gekauft – und schon Schrott: Migros-Elektro-Zahnbürsten
Die Migros hält auf ihrer Website fest: «Nachhaltig wirtschaften, faire und umweltfreundliche Produkte anbieten und dabei zum Gemeinwohl beitragen. Das ist unsere Mission und steht im Mittelpunkt unserer Nachhaltigkeitsstrategie.» Dass es der Migros mit der Nachhaltigkeitsstrategie nicht sonderlich ernst ist – das zeigt sie jetzt gerade.
Das hat zum Beispiel Ernst Heiz (Name geändert) erfahren müssen. 2023 kaufte Heiz eine Elektro-Zahnbürste der Migros-Eigenmarke «Candida». Ein Jahr später will er Ersatzbürsten kaufen. Doch er findet sie nicht mehr. Deshalb erkundigt er sich beim Migros-Kundendienst.
«Nicht mehr lieferbar»
Der Kundendienst zeigt zunächst Verständnis: «Wir können gut nachvollziehen, wie frustrierend es sein muss, wenn man die passenden Ersatzbürsten für ein Produkt, das man regelmässig nutzt und schätzt, nicht mehr finden kann.» Doch dann teilt er mit: «Nach sorgfältiger Überprüfung mit unserer Ersatzteilabteilung müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass die von Ihnen gesuchten Ersatzbürsten derzeit nicht mehr lieferbar sind und wir diese nicht mehr in unserem Sortiment führen.»
Trocken fasst Heiz zusammen: «Zahnbürste 2023 gekauft. Ersatzbürsten nicht mehr erhältlich. Gerät wegwerfen. Neues kaufen.»
Die Migros verkaufte die «Candida»-Elektro-Zahnbürsten bis im Herbst 2023. Schon zwei, drei Monate später waren die Ersatzbürsten im Viererpack nicht mehr erhältlich, Anfang Februar 2024 auch nicht mehr im Zweierpack. Oder anders gesagt: Wer im Herbst 2023 eine Elektro-Zahnbürste kaufte, fand nach weniger als einem halben Jahr keine Ersatzbürsten mehr.
Die «Nachhaltigkeits-Weltmeisterin»
Nun kann man einwenden, ein paar tausend Elektro-Zahnbürsten, die im Elektro-Schrott landen, seien keine grosse Sache. Und es gebe ganz andere Umweltprobleme. Wenn die Migros nur nicht so schamlos mit ihrer «Nachhaltigkeitsstrategie» plagieren würde. Und wenn sie sich nicht «als nachhaltigste Detailhändlerin der Welt» bezeichnen würde.
Auf Anfrage von Infosperber schreibt die Migros, sie biete ihren Kunden «gerne Alternativen an, die ihren Bedürfnissen entsprechen». Und sie wirbt: «Für unsere preissensitive Kundschaft haben wir ein Ersatzprodukt. Der reguläre Verkaufspreis liegt bei 49.95 Franken.» Mit anderen Worten: Die Kunden sollen gefälligst eine neue Elektro-Zahnbürste kaufen – am besten bei der Migros.
Früher zehn Jahre Ersatzteil-Garantie
Infosperber wollte von der Migros eigentlich wissen: «Widerspricht das Vorgehen in Sachen Ersatzbürsten nicht der Nachhaltigkeitsstrategie der Migros?» Doch die Migros antwortete nicht. Sie schrieb bloss: «Die Migros-Gruppe arbeitet an einer Vielzahl von Massnahmen zur Reduktion der Emissionen und wir setzen alles daran, unsere Praktiken so nachhaltig wie möglich zu gestalten.»
Interessant ist, dass die Migros zu Zeiten, als noch kaum jemand das Wort «Nachhaltigkeit» kannte, stärker darauf achtete, dass neue Geräte nicht weggeworfen werden mussten. Sie gab auf Elektrogeräte eine Garantie von zwei Jahren und sie garantierte die Verfügbarkeit von Ersatzteilen während zehn Jahren.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Erstaunlich, dass der Kundendienst nicht darauf hinwies, dass die Garantie (2 Jahre) noch läuft und eine Rückerstattung des Kaufpreises angeboten hat.
Was Nachhaltigkeit anbelangt, muss nicht den Händlern, sondern der Politik ein Vorwurf gemacht werden. In der DDR mussten viele Produkte eine Mindestlebensdauer haben (bspw. Kühlschränke 20 Jahre). Das bekommen weder die EU noch die Schweiz auf die Reihe. Stattdessen Symbolpolitik wie das Verbot von Kunststofftrinkhalmen und Ersatz durch weit umweltschädlichere, energieintensivere Kartonhalme mit PFAS. Oder Verbot der Quecksilber-Fieberthermometer, Ersatz durch elektronische mit Quecksilberknopfzellen. Zerbiss ein Kind einen Quecksilberfiebermesser, brauchte es Wunddesinfektion im Mund und Abführmittel, weil Quecksilber solange es nicht verdampft, weitestgehend unschädlich ist. Verschluckt ein Kind eine Knopfzelle, ist das eine medizinische Katastrophe. Abgesehen vom Abfallberg an Knopfzellen – widersinnige grüne Symbolpolitik.
Das hat auch den Vorteil, mal nachzudenken, ob man es von Hand wirklich nicht schafft. Alles braucht Energie, nur nicht menschliche Muskelkraft, dass man dann wieder Energie braucht, da der Mensch eingerostet und verfettet ist, aber auch wenn nur künstlich, jedenfalls länger leben soll. Ein Trottinett, ein Velo, ein Handmixer, ein Handwerksgeräte im Niveau Haushalt, Hobbymassage Geräte, etc. können locker manuell sein, leben länger, sind nachhaltiger und sparen mehr als 100% Energie. Ja mehr als 100%, weil die Herstellung einfacher ist, danach nie geladen werden muss, die Nutzungsmöglichkeit länger ist und es den Menschen stärkt, dass er nicht zum Überleben gestützt werden muss. Auch ja daneben hilft es Kinderarbeit abzubauen, sowie seltene Erden und andere Rohstoffe zu Müll zu verarbeiten. – Die Ironie dabei: Es hat ein Öko-Kleber und gab bestimmt ein Zertifikat für Vertrauen, Handel und Nachhaltigkeit – Aber dies habe nicht nur ich festgestellt, nur will man nicht darüber schreiben.