Radrennfahrer wissen nicht mehr, was anziehen
In konservativen Geistern dürfte das Klischee noch verankert sein: Frauen stehen mit ratlosem Blick vor dem vollen Kleiderschrank und wissen nicht, was sie auswählen sollen.
Der Internationale Radsport-Verband UCI sorgt dafür, dass nun auch Männer nicht mehr wissen, mit welchem Kleidungsstück sie sich auf der Strasse zeigen können. Der Verband hat nämlich die Vorherrschaft über die Trikotfarben übernommen.
Betroffen sind vorerst nur die Fahrer der drei grossen Landesrundfahrten der Männer: des Giro d’Italia, der Tour de France und der Vuelta a España. Die neue UCI-Regel besagt, dass die Radsport-Teams künftig alle Farben der vier Leadertrikots in den jeweiligen Landesrundfahrten vermeiden müssen.
Bisher durften die Leibchen nur nicht jenem des Besten in der Gesamtwertung gleichen. Deshalb hat das Team EF-Education-Easy-Post sein rosafarbenes Trikot am Giro nicht getragen und das Team Visma-Lease-a-Bike sein gelbes Trikot nicht an der Tour de France. So konnten sie nicht mit der Maglia Rosa des Giro-Besten und dem Maillot Jaune des Tour-Leaders verwechselt werden.
Weil sie nun aber zusätzlich auch nicht mehr in den Farben der drei übrigen Leader-Trikots starten dürfen, sind die Teams bei der Farbwahl noch deutlich stärker eingeschränkt. Denn die Farbvorlieben der Rundfahrten-Veranstalter sind äusserst vielfältig.
Diese Farben sind künftig tabu
Sieben verschiedene Farben sind an den drei Landesrundfahrten für die Leibchen der jeweils besten Fahrer reserviert. Einigkeit unter den Veranstaltern herrscht nur beim weissen Trikot für den besten Nachwuchsfahrer.
Tour de France:
- Gelbes Trikot (Maillot Jaune): für den Fahrer mit der besten Gesamtzeit.
- Grünes Trikot (Maillot Vert): für den Sprinter mit den meisten Punkten.
- Rot-gepunktetes Trikot (Maillot à Pois Rouges): für den besten Fahrer in der Bergwertung.
- Weisses Trikot (Maillot Blanc): für den besten Jungprofi bis 25 Jahre.
Giro d’Italia:
- Rosa Trikot (Maglia Rosa): für den Leader des Gesamtklassements.
- Violettes Trikot (Maglia Ciclamino): für den schnellsten Sprinter.
- Blaues Trikot (Maglia Azzurra): für den besten Bergfahrer.
- Weisses Trikot (Maglia Bianca): für den besten Jungprofi.
Vuelta a España:
- Rotes Trikot (Maillot Rojo): für den Gesamtführenden.
- Grünes Trikot (Maillot Verde): für den Besten in der Sprintwertung.
- Blau-gepunktetes Trikot (Maillot de Lunares Azules): für den Schnellsten am Berg.
- Weisses Trikot (Maillot Blanco): für den Besten bis 25 Jahre.
Es bleibt keine grosse Auswahl für unifarbene Team-Leibchen übrig. Die Radsport-Website Cyclingnews hat bereits über einen Farbkonflikt berichtet. Dass nämlich das fast weisse Trikot von UAE Team Emirates dem ebenfalls weissen Trikot für den besten Nachwuchsfahrer am Giro d’Italia, an der Tour de France und an der Vuelta ähnlich sieht.
UAE Team Emirates habe deshalb etwas Schwarz hinzugefügt, schreibt Cyclingnews und lässt den Schweizer Teammanager Mauro Gianetti zu Wort kommen: Er und auch andere Teammanager seien unzufrieden darüber, dass die Veranstalter der Landesrundfahrten mit all ihren Trikotfarben künftig Vorrang haben und so die Farben der Teams bestimmen können.
Gianetti sorgt sich sogar um die Farbenvielfalt: «Acht Teams haben ein blaues Trikot, nächstes Jahr werden es noch mehr sein…», sagte er.
In der Tat ist Blau in den letzten Jahren zu einer dominierenden Farbe im Profifeld geworden. Denn bisher taugte sie für alle Rundfahrten. Die Teams liessen sich optisch kaum mehr unterscheiden. Doch blaue Leibchen wären künftig bei der italienischen Landesrundfahrt verboten. Die «Maglia Azzurra» – das blaue Leibchen – ist im Giro d’Italia die Farbe, die dem besten Fahrer in der Bergwertung zusteht.
Veloleibchen, die sich für alle drei Rundfahrten eignen, müssen deshalb künftig wohl mehrfarbig sein. Als Unifarben stünden noch Braun, Orange oder Grau zur Auswahl. Oder Schwarz. Das schwarze Trikot, die Maglia Nera, wurde am Giro d’Italia zwar eine Zeitlang vergeben – an den letzten Fahrer in der Gesamtwertung. Doch dann wurde es wieder abgeschafft.
Bis auf die Socken kontrolliert
Wie streng die UCI darüber wachen wird, dass sich die Fahrer farblich von den Führenden abheben, hat sie noch nicht näher erklärt. Es könnte aber sehr streng werden. Denn die UCI kontrolliert auch, dass die Rennfahrer nicht einfach wahllos ein Paar Socken aus der Schublade nehmen und diese womöglich noch bis zu den Knien hochziehen. Vor sechs Jahren legte die UCI fest: «Socken und Überschuhe, die im Wettkampf verwendet werden, dürfen nicht über die halbe Distanz zwischen Aussenknöchel und Mitte des Wadenbeinköpfchens hinausgehen.» Und sie lässt das tatsächlich nachmessen …
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ältere Gümmeler interessiert vor allem die Regelung der Socken. In den guten alten Zeiten gab es nur eine Art: Ganz kurze weisse Socken. Wer mit langen oder farbigen Socken um den Zürichsee radelte, wurde von den anderen Gümmelern nicht gegrüsst. Und falls es trotzdem zu einem Gespräch kam, wurde er gesiezt. Das schrieben keine Verbände vor, das war eben Gümmeler-Kultur. Die Socken auf den Fotos des Artikels sind ein Horror.
Sind die Figuren des Internationalen Radsport-Verbandes UCI verrückt geworden ? Oh nein,ganz im Gegenteil. Hinter diesen Edikt steckt nackte Rationalität – nämlich die Prägnanz von Werbung und damit GELD. Wir haben ein weiteres Beispiel dafür, in welche Zonen der Absurdität die Prämissen der Werbung führen. Einfach verbieten. Die Athleten im antiken Griechenland kämpften (fast)nackt und alle Insignien der Herkunft waren verboten und dem Sieger gehörte ein NATURFARBENER Kranz aus Olivenzweigen (o.s.ä.). DAS wäre mal ein Vorbild. JEDOCH : wo sind wir hingekommen !
Das sind ja Probleme! Einfach die Fernsehbilder nur noch in Schwarz-Weiss übertragen. Der eingefleischte Radsportfan weiss: Der ganz vorne, das ist der Schnellste.