Starker Tabak – harmlos verpackt
«Geniesse den Moment bei langen Wanderungen und Outdoor-Aktivitäten ohne Unterbrechung durch Rauchpausen.» Das tönt wie die Ermutigung einer Rauchstopp-Kampagne. Doch weit gefehlt. So bewirbt British American Tobacco Switzerland (BAT) seine Nikotinbeutel. Sie seien «perfekt für Outdoor-Enthusiasten».
Vor drei Jahren hatte der Schweizer Tabakkonzern ein schwedisches Produkt, das damals noch Epok hiess, mit einem sportlichen Namen neu lanciert: Velo heissen die Nikotinbeutel nun. Und sogar die Website velo.com führt nicht etwa zu Velos, sondern zu den Dosen mit dem Tabakprodukt.
Die Beutelchen enthalten Nikotin, das aus den braunen Tabakblättern extrahiert worden ist. Die weissen Beutel werden unter die Oberlippe gelegt, wo sie das Nikotin freisetzen.
Sie unterscheiden sich von den bisher bekannten Snusbeuteln, die geriebenen Tabak enthalten und die Zähne braun verfärben. Die Hersteller reichern ihre Beutel mit Aromen und Süssstoffen an, was aus dem weissen Snus etwas Frisches mit bonbonartigem Geschmack macht und damit besonders junge Menschen anspricht.
Was Jugendliche aber oft nicht wissen: Auch ohne Tabak ist Nikotin ein starkes Suchtmittel, das schnell zu einer Abhängigkeit führen und zahlreiche gesundheitliche Folgen haben kann. Dazu gehören eine erhöhte Herzfrequenz, ein Blutdruckanstieg sowie negative Auswirkungen auf die Atemwege und auf die allgemeine Leistungsfähigkeit.
Trotzdem werben die Nikotinbeutel-Anbieter auch bei Sportlern für ihre Produkte. Denn Nikotin kann kurzfristig die Konzentration und das Stressmanagement verbessern.
Werbe-Offensive auch bei Skifahrern
Weil das französische Skigebiet Les Gets seit dem Winter 2022 ein Rauchverbot auf Skipisten und Skiliften hat, werben die Tabakfirmen derzeit auch bei Schneesportlern für ihre Nikotinbeutel. Kürzlich ging auf Schweizer Nachrichten-Redaktionen eine Medienmitteilung ein mit dem Titel: «Schluss mit Qualmen auf der Piste: Droht bald ein Rauchverbot in Skigebieten?» Im Artikel ist von «ungesundem Qualm und unerwünschtem Gestank» die Rede. Erst viel weiter unten in der Mitteilung wird dann klar: Als «weniger schädliche Alternative» werden Nikotinbeutel beworben. Absender ist ein Online-Händler, der diese Produkte anbietet.
Im Sport ist Nikotin nicht verboten. Aber die Welt-Antidopingagentur (Wada) hat Nikotin auf ihre Beobachtungsliste genommen, weil sie festgestellt hat, dass immer mehr Sportler vor und während Wettkämpfen Nikotin konsumieren.
Die österreichische Dopingagentur, die Nada Austria, rät dringend davon ab, Nikotin-Beutel zu konsumieren. «Nikotin kann die Sauerstoffversorgung des Körpers beeinträchtigen, was etwa in Ausdauersportarten zu Leistungseinbussen führen kann», warnt sie.
Keine Hilfe für Entwöhnung
Oft werden die Nikotin-Beutel von den Tabakfirmen vordergründig «zur Entwöhnung» angepriesen. Die Erfahrung aus Schweden zeigt aber, dass rauchlose Tabakprodukte bestenfalls dazu taugen, Raucher von Zigaretten auf rauchlose Tabakprodukte umzugewöhnen, nicht aber zur Tabakentwöhnung insgesamt.
Zudem ist der Nikotingehalt der meisten Beutel viel zu hoch für eine Entwöhnung. Mittelstarke Beutel enthalten etwa 10 mg, die stärksten 47,5 mg pro Beutel. Untersuchungen zeigen, dass mindestens die Hälfte des Nikotins aus dem Beutel aufgenommen werden kann.
Das deutsche Institut für Risikobewertung schreibt in einem Bericht über die Nikotinbeutel: Bei Verwendung von hochdosierten Produkten seien deutlich höhere Nikotinmengen im Blut beobachtet worden als nach dem Konsum von Zigaretten. «Die Anflutung von Nikotin im Blut war vergleichbar mit der Anflutung nach Zigarettenkonsum, was auf eine vergleichbar suchtauslösende Wirkung von hochdosierten Nikotinbeuteln hindeutet, wie sie für Zigaretten bekannt ist.»
Von der Arzneimittelbehörde Swissmedic für die Raucherentwöhnung zugelassene Nikotinkaugummis enthalten bloss 2 mg oder 4 mg Nikotin pro Stück. Sie enthalten ausserdem eine Dosierungsanleitung für die Entwöhnung.
Geschickter Schachzug
Snusbeutel mit Tabak dürfen nur in Schweden und – wegen der lascheren Tabakgesetze – in der Schweiz verkauft werden. Anders die tabaklosen Nikotinbeutel: Indem die Tabakfirmen die braunen Tabakblätter aus den neuen Produkten entfernen, können sie die Tabakgesetze und gleichzeitig auch die Vorschriften zur Tabakbesteuerung umgehen. Mangels Tabaks fallen sie nicht in die Definition «Tabakerzeugnisse» und mangels Erhitzung fallen sie nicht in die Definition von «verwandten Erzeugnissen», zu denen E-Zigaretten zählen. Die Nikotin-Beutel dürfen deshalb derzeit in vielen Ländern frei verkauft werden. In gewissen Regionen sind die Nikotinbeutel aber schon verboten, etwa in Hamburg und in der Steiermark.
Neues Geschäftsmodell: Ein Abo
BAT bietet seine Nikotinbeutel auch als «Velo-Abo» an und nutzt damit unverhohlen die Sucht aus, welche die Nikotinbeutel erzeugen, «Wenn du Velo liebst, hasst du es, wenn dir die Nicotine-Pouches ausgehen», schreibt die Firma.
Einzeln kostet ein Döschen mit 24 Beuteln 7.20 Franken. Lässt man sich 9, 15 oder 24 Dosen im Abo zuschicken, sind sie billiger. Das Abo versorgt die Kunden mit bis zu 576 Beuteln pro Monat, das sind 19 pro Tag. Das in einem Beutel enthaltene Nikotin wird innerhalb von etwa 30 Minuten abgegeben. Mit dem Abo lässt sich demnach während zehn Stunden pro Tag ein permanent hoher Nikotinspiegel erreichen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
HALLO – Ist dies nun eine Werbung?
Dass es Kautabak gibt wissen wir alle schon lange, dass dies ein Produkt ist welches die Gesundheit gefährdet und dass solche Produkte eine Altersbeschränkung haben auch.
Ja diese Produkte helfen die Realität zu verdecken und bringen von gelben Zähnen bis hin zu wirklichen gesundheitlichen Problemen, aber da ist ja jeder erwachsen genug und die soziale Krankenkasse oder Lebensversicherung etc. wie auch der soziale Druck heute längst auch soweit, dass es eine Hürde darstellt. Für die neuen Menschen auf dieser Welt oder eben unsere Kinder, sind die Eltern in der Pflicht dies klarzustellen, was mit dem Vorleben eines gesunden, genussvollen, erfolgreichen und ausgeglichenen Leben bestens geht.
Das Beste ist wohl solches wie alles andere positive und negative im Leben im Elternhaus und in der Ausbildungsstätte zu erwähnen, zu informieren, aber bei solchem eben nur, dass man die Gefahr kennt und es zu lassen weis.
Ansonsten hilft keine Aufmerksamkeit.