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Widersprechen der «Sonntags-Zeitung»: «Berner Zeitung», «Tages-Anzeiger» und «Der Bund». © SRF

Tamedia-Zeitungen: Am Sonntag so, am Freitag anders

Marco Diener /  Die «Sonntags-Zeitung» macht Politik für die Reichen. Die anderen Tamedia-Zeitungen korrigieren.

Offenbar hat die «Sonntags-Zeitung» ein Herz für die ganz Reichen. Vor der Abstimmung über die 13. AHV-Rente titelte sie: «Jetzt werden die Superverdiener zur Kasse gebeten.» Und: «Ermotti zahlt über eine Million an die AHV.» Infosperber zeigte damals auf, dass die Zahlen falsch waren. Und hielt fest, dass die Superverdiener kein Mitleid verdienen.

Diesmal raffinierter

Letzten Sonntag machte sich die «Sonntags-Zeitung» schon wieder für die Reichen stark. Diesmal aber raffinierter. Auf der Titelseite standen nämlich nicht die Grossverdiener im Vordergrund. Vielmehr hiess es: «Keller-Sutters Angriff auf den Mittelstand.» Der Autor dürfte sich gesagt haben: Artikel über den gebeutelten Mittelstand machen sich immer gut. Denn die meisten Menschen zählen sich zum Mittelstand.

Im Artikel im Innenteil der Zeitung ging es darum, dass die Privilegien bei der Auszahlung von Geldern aus der 3. Säule auf Bundesebene reduziert werden sollen. Im Innenteil gestand der Autor dann auch, dass es gar nicht primär um den Mittelstand geht. Sondern: «Betroffen wären vor allem Grossverdiener, aber auch der Mittelstand. Menschen mit tiefen Einkommen kämen je nach Konstellation mit der neuen Regel besser weg.»

Alles bestens

Warum also dieser einseitige Artikel (gemeint sind Umfang und Ausrichtung)? Ist ja alles bestens, denkt der unbefangene Leser, die unbefangene Leserin. Grossverdiener verlieren ein Steuerprivileg, Kleinverdiener profitieren. Schön, dass es für einmal so ist.

Doch es kam noch besser. Auf der Titelseite stand nämlich auch: «Experten gehen davon aus, dass weniger Leute in die 3. Säule einzahlen werden, weil es sich steuertechnisch nicht mehr lohnt.»

Wer sich auch nur ein bisschen für die 3. Säule interessiert, wurde misstrauisch. Und zwar aus mehreren Gründen:

  • Wer regelmässig das Maximum in die 3. Säule einzahlt, reduziert das Steuerbare Einkommen Jahr für Jahr um über 7000 Franken.
  • Zinsen und Kursgewinne auf diesen Geldern sind einkommensteuerfrei.
  • Das Geld ist bis zur Auszahlung auch vermögenssteuerfrei.

Diese Steuereinsparungen während Jahrzehnten sind immens. Die Steuern bei der Auszahlung hingegen sind gering. Werden diese leicht erhöht, wirkt sich das unter dem Strich kaum aus. Umso mehr, als die Pläne nur die Direkte Bundessteuer betreffen. Diese ist – im Gegensatz zu den Kantons- und den Gemeindesteuern – vernachlässigbar.

Fünf Tage später

So folgte gestern, fünf Tage nach Erscheinen der «Sonntags-Zeitung», das Dementi in mehreren Zeitungen aus dem gleichen Verlag – darunter auch die «24 heures» und die «Tribune de Genève» in der Westschweiz.

Sie erklärten, dass von den Plänen des Bundes weder «der Steuerabzug bei der Einzahlung» noch «die Befreiung von der Vermögenssteuer» tangiert wären. Und kamen zum Schluss: «Der steuerliche Anreiz für 3a-Lösungen würde etwas kleiner, aber er würde nicht verschwinden.»

Nüchtern hielten sie ferner fest: «Das Steuerprivileg für die Säule 3a wird deshalb von Kritikern als Subvention für Gutverdiener und den Finanzsektor bezeichnet. Denn Banken und Versicherungen erhalten so günstigere Gelder und verdienen an den Gebühren.»

So ist es.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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2 Meinungen

  • am 26.10.2024 um 12:02 Uhr
    Permalink

    Auch ist es interessant wie Tamedia/TA/BZ die Interessen des Mainstream ungefiltert unterstütze in Bezug zu den Wahlen, Den Kriegen in Israel und der Ukraine. Ich wünsche mir eine Zeitung die ich gerne wieder Abonnieren kann welche die freie Presse vertritt.

  • am 26.10.2024 um 12:03 Uhr
    Permalink

    Einkommenssteuern, die hauptsächlich hohe Einkommen belasten, sinken seit 30 Jahren. Unternehmenssteuern wurden reduziert,Vermögenssteuern drastisch gesenkt und Erbschaftssteuern teilweise sogar abgeschaft. 1990 zahlte man auf einen Franken noch 4.1 Rappen Erbschaftssteuer, heute sind gerade noch 1.4 Rappen fällig. All das setzten rechtsbürgerliche Mehrheiten durch.
    Hingegen sind Konsumsteuern und KK Prämien massiv gestiegen. Die Mehrwertsteuer stieg von 6,5 auf 8,1 Prozent , die durchschnittliche Krankenkassenprämie erhöhte sich um 158 Prozent von 173 auf 427 Franken. Vor allem wenig Verdienende haben damit zu kämpfen. Fazit : Seit Jahrzehnten gibt es eine Finanzumverteilung von unten nach oben. Heute „erben“ wir die negativen Konsequenzen aus dieser Finanz- Fehl-Entwicklung.

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