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Über diesen Feldweg lotste Google Maps die Autofahrer an Ostern (im Bild: Zufahrt von Gündlischwand aus). © Google

Die kleinen Gemeinden und das grosse Google

Marco Diener /  Google schlägt eigenartige Routen vor, und kleine Gemeinden leiden. Zum Beispiel Gsteigwiler und Gündlischwand.

Die Gemeinde Gsteigwiler liegt am Eingang zu den Lütschinentälern im Berner Oberland. Das Tal ist ein Nadelöhr. Es hat kaum Platz für die Lütschine, die Hauptstrasse, die Bahnlinie und einen Feldweg. Weiter hinten liegen in den Tälern der Schwarzen und der Weissen Lütschine die Tourismusorte Grindelwald, Lauterbrunnen, Wengen und Mürren. Besonders an schönen Wochenenden hat es viel Verkehr. Wenn sich Stau bildet oder wenn es zu einem Unfall kommt, dann beginnen die Kalamitäten.

Google wusste die «Lösung»

Das war zum Beispiel an Ostern der Fall. Wegen eines Unfalls war die Hauptstrasse vorübergehend gesperrt. Es bildete sich ein langer Stau. Doch der Routenplaner von Google wusste eine «Lösung»: Er leitete die Autofahrer und Autofahrerinnen in Gsteigwiler mitten durchs Dorf und via Buchenstutz nach Gündlischwand. Wichtig zu wissen: Der Buchenstutz ist ein Feldweg. Er ist nicht asphaltiert. Und über weite Strecken ist Kreuzen nicht möglich. Der Feldweg ist mit einem Fahrverbot für Motorwagen und Motorräder belegt. Nur Zubringer dürfen ihn befahren.

Mit grossen Wohnmobilen

Aber das wussten die Ortsunkundigen nicht. Deshalb folgten sie dem Rat von Google und fuhren – selbst mit grossen Wohnmobilen – in Richtung Buchenstutz. Zufälligerweise sah das die Gemeinderätin Ursula Feuz und schickte die Fahrzeuglenker wieder zurück auf die Hauptstrasse. Erst nach etwa einer Stunde kam die Polizei und sorgte dafür, dass die Fahrzeuglenker gar nicht erst von der Hauptstrasse abbogen.

Auch andernorts

Gsteigwiler ist mit dem Problem nicht allein. Auch in anderen Gegenden macht Google mitunter unsinnige Vorschläge. Infosperber berichtete im Februar über solche Probleme im Kandertal BE, südlich des Limmattaler Kreuzes ZH, in Davos GR und rund um Lausanne.

000 Gsteigwiler Screenshot 2024-10-01 at 17-10-52 Buchenstutz - Google Maps
Der Feldweg von Gsteigwiler aus. Er ist von beiden Seiten mit einem Fahrverbot versehen.

Intervention bei Google

Die 400-Einwohner-Gemeinde Gsteigwiler wollte sich das nicht gefallen lassen und wurde im Sommer bei Google vorstellig. Google liess sich Zeit mit der Antwort. Doch dann versprach der Milliarden-Konzern plötzlich, das Problem innert 24 Stunden zu lösen.

Nur ein kleiner Hinweis

Alles gut, also? Leider nicht. Google gibt den Buchenstutz immer noch als mögliche Ausweichroute an. Nur ein kleiner Hinweis deutet an, dass die Ausweichroute gar nicht befahren werden darf: «Auf dieser Route liegen gesperrte oder private Strassen.»

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Unauffälliger Hinweis (rot eingekreist): «Auf dieser Route liegen gesperrte oder private Strassen.» Hier gibt es das Bild in grösserer Auflösung.

Auch auf Streetview

Auf Anfrage von Infosperber erklärt Google, die «Einschränkung für Autos und Motorräder» sei auch auf den Bildern von Google-Streetview ersichtlich. Nur: Welcher Automobilist studiert schon während der Fahrt die Bilder von Google-Streetview? Hoffentlich keiner.

Keine «Totalsperrung»

Aber warum zeigt Google die Ausweichroute über den Buchenstutz für Autofahrer überhaupt an? Google schreibt, Google-Maps mache die Nutzer weltweit mit einem gelben Dreieck darauf aufmerksam, dass gewisse Strecken nicht von allen befahren werden dürften. Und weiter: «Eine Totalsperrung der Route wird aufgrund der Tatsache, dass es sich hierbei lediglich um eine Einschränkung des Verkehrs handelt und nicht um ein Fahrverbot für alle, nicht vorgenommen.»

Dabei wäre eine «Totalsperrung» auf Google-Maps überhaupt kein Problem. Denn die Zubringer wissen ja ohnehin, dass sie den Buchenstutz befahren dürfen.


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Keine
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