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Drei von vier Nutzpflanzen auf der Welt sind zumindest teilweise von Bestäubern wie dieser Biene abhängig. © cc-by-sa -col-/Flickr

Pestizidforschung: Cocktaileffekt tötet auch Bienen 

Daniela Gschweng /  Auch geringe Pestizidmengen schaden Bienen – wenn sie in Kombination angewandt werden.

Wechselwirkungen zwischen Pestiziden können das Leben von Bienen deutlich verkürzen, haben Forschende der Julius-Maximilians-Universität Würzburg herausgefunden. Das gilt auch dann, wenn die Substanzen in geringen Konzentrationen vorliegen, die Bienen einzeln nicht schaden.

Die Forschenden des Biozentrums der Uni Würzburg zogen für ihren Test Bienenlarven im Labor auf und gab ihnen Pestizidcocktails aus einem Neonicotinoid und zwei Fungiziden. Ein realistisches Szenario – Bienenlarven werden von den anderen Bienen umsorgt und von ihnen mit Pollen gefüttert, die aus der Umwelt stammen. Die Larven im Test erhielten Pestizide in umwelttypischer Konzentration und in zehnmal höherer Dosierung. Eine Kontrollgruppe erthielt keine Pestizide.

Bienen sterben mit Acetamiprid deutlich früher

Eine der Testsubstanzen war das letzte noch in der EU zugelassene Neonicotinoid Acetamiprid. Die Bienenlarven bekamen ausserdem zwei Fungizide (Mittel gegen Pilzerkrankungen) und eine Mischung aus dem Neonicotionid und den Fungiziden, beschreibt die im Magazin «Environmental Pollution» veröffentlichte Arbeit.

Dass Neonicotinoide zum Bienensterben beitragen, ist bekannt. Acetamiprid in höherer Konzentration führte erwartungsgemäss zu einer deutlich höheren Sterblichkeit der Bienenlarven. In der Acetamiprid-Gruppe überlebten 80 Prozent der Larven, in der Kontrollgruppe 90 Prozent. Unter dem Einfluss des Neonicotinoids starben also doppelt so viele Bienenlarven.

Uni Würzburg Cocktaileffekt Bienen
So entwickelten sich die mit Pestiziden behandelten Honigbienenlarven (klein: die Kontrollgruppe) im Labor. Am Tag 4 und an den Tagen 6 bis 9 bekamen sie Pestizidfutter.

Das den Larven verfütterte Pestizid hatte auch Einfluss auf das Leben der erwachsenen Bienen: Die Bienen der Acetamiprid-Gruppe starben durchschnittlich fünf Tage früher als Bienen, die keine Neonicotinoide bekommen hatten. Sie lebten 26 beziehungsweise 31 Tage – ein deutlicher Unterschied. In der niedrigeren, umweltrelevanten Konzentration verkürzte Acetamiprid ihr Leben nicht.

Fatale Effekte durch Pestizidcocktails

Auch die beiden Fungizide allein hatten keinen besonderen Einfluss auf die Bienensterblichkeit. Die damit gefütterten Bienenlarven wogen nur etwas weniger als solche, die keine Fungizide bekommen hatten.

Wurden alle drei Mittel in Kombination verfüttert, starben die überlebenden erwachsenen Bienen aber deutlich früher, nämlich nach durchschnittlich 27 Tagen. Der Pestizidcocktail ist also selbst bei niedrigen Konzentrationen, wie sie in der Natur vorkommen können, tödlicher für Bienen als das hoch dosierte Insektizid für sich.

«Das ist ein alarmierender Befund», sagt die Erstautorin Sarah Manzer. «Unsere Studie zeigt, dass es dringend nötig ist, die Wechselwirkungen von Pestiziden genauer zu untersuchen, da sie sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken können.» Warum genau, ist noch nicht bekannt.

Einen überraschenden Befund gab es auch: Bei einer hohen Acetamiprid-Dosierung gab es in Kombination mit den Fungiziden gar keinen Effekt, obwohl Acetamiprid für sich allein schädlich ist.

Für Wildbienen schlimmer, Hummeln zeigten sich unbeeindruckt

Für Wildbienen dürften die Synergie-Effekte nach Manzers Einschätzung noch fataler sein als für Honigbienen, weil sie nicht in Völkern leben und Verluste daher schwerer ausgleichen können. Honigbienen andererseits sind als Bestäuber immens wichtig für den Menschen.

Einen kleinen Lichtblick gibt es auch: Hummeln scheinen die Gifte wenig auszumachen – sowohl einzeln wie in Kombination. Ihr Lern- und Flugverhalten änderte sich weder durch Insektizide noch durch Fungizide noch durch beides zusammen. Das hatte eine andere Forschendengruppe der Uni Würzburg und der Universität Bayreuth im April festgestellt.


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