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Aludosen tragen eine grosse Klimaschuld, von der kaum jemand weiss. © alumeco

Treibhausgas CF4: Der «Klimazombie» aus der Alu-Dose

Daniela Gschweng /  Bei der Alu-Herstellung entsteht ein extrem starkes Klimagas, das 50'000 Jahre in der Atmosphäre bleibt.

Von Tetrafluormethan oder Perfluormethan haben die meisten «Infosperber»-Lesenden vermutlich noch nie gehört. Das Gas mit der Kurzbezeichnung CF4 ist aber einer der Gründe, weshalb man Aluminium recyceln sollte.

CF4 oder manchmal auch PFC-14 hat eine ganze Reihe unguter Eigenschaften und entsteht unter anderem bei der Alu-Herstellung. Aber fangen wir mit Positivem an: CF4 ist ein PFAS, gilt aber als ungiftig. Das Gas wird als Kältemittel verwendet und schädigt die Ozonschicht nicht.

Eine ganze Reihe negativer Superlative

Perfluormethan, CF4 oder PFC-14 ist aber

  • ein extrem starkes Klimagift, das im Mittel 7400-mal potenter ist als CO2.
  • Der langlebigste bekannte Klimakiller. CF4 bleibt mindestens 50’000 Jahre in der Atmosphäre
  • Das häufigste PFAS oder Perfluorcarbon (PFC) in der Atmosphäre.
  • Dort steigt seine Konzentration seit Jahrzehnten an.

Über 100 Jahre hat CF4 ein globales Erwärmungspotential (GWP) von 6500. Das heisst, das Gas heizt die Erde über ein Jahrhundert 6500-mal mehr auf als Kohlendioxid. Über 500 Jahre sind es laut IPCC schon 11’000-mal mehr und so weiter. CF4 gehört zur exklusiven Gruppe der «unsterblichen Klimagase».

Willkommen bei den Klimazombies

Insgesamt gibt es vier oder fünf dieser «Klimazombies». Der Begriff «unsterblich», englisch «immortal», geht laut «Inside Climate News» auf eine ehemalige Angestellte der US-Umweltbehörde EPA zurück. Er wird für die betreffenden Klimagase weltweit gebraucht.

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Das Erwärmungspotential von CF4 und Kohlendioxid im Vergleich.

Das deutsche Umweltbundesamt nennt die «Immortals» etwas nüchterner «langlebige fluorierte Treibhausgase». In Klimagas-Aufstellungen tauchen sie eher selten auf, weil es relativ gesehen keine grossen Mengen von ihnen gibt. Die Gefahr besteht in ihrer Langlebigkeit.

Wieviel CF4 gibt es auf der Welt?

Die CF4-Konzentration in der Luft wird seit Längerem gemessen. In den unteren Luftschichten beträgt sie weltweit etwa 90 ppt (Parts per Trillion). In der Atmosphäre lag sie 2020 bei ungefähr 86 ppt. Tendenz: steigend.

CF4 oder PFC-14, in der unteren Atmosphäre (Troposphäre) an Stationen in aller Welt.

Woher stammt CF4-Gas?

CF4 entsteht natürlich aus Kalziumfluorit. Das meiste Tetrafluormethan in der Atmosphäre ist aber menschengemacht, zeigt die Forschung an Eisbohrkernen. Das Klimagas entsteht

  • hauptsächlich bei der Aluminiumerzeugung und zunehmend auch bei der Produktion von seltenen Erden.
  • in der Halbleiterfertigung beim Ätzen von Siliciumwafern
  • CF4 wird ausserdem als Isolationsgas in der Elektronik verwendet
  • und ist ein Abbauprodukt des Kältemittels Trifluoracetylfluorid
  • sowie ein Vorprodukt der giftigen PFAS-Chemikalie TFA (Trifluoracetat).
  • Genutzt wird CF4 auch als Feuerlöschmittel,
  • als nicht-ozonschädigendes Treibgas in Sprühdosen sowie
  • als Kältemittel bei Temperaturen unter -45,5 Grad.

Mal wieder 3M und China

Im Jahr 2021 war eine 3M-Anlage in Cordova, Illinois, der grösste Verursacher von CF4-Emissionen in den USA, berichtete «Inside Climate News». Die Anlage, die unter anderem Klebstoffe für Post-it-Zettel herstellt, stiess 73 Tonnen CF4 aus. 3M ist Erfinder der ersten PFAS-Chemikalien und in zahlreiche Gerichtsverfahren dazu verwickelt. Der Konzern plant, die Nutzung von PFAS bis 2025 einzustellen.

Eine im Juni veröffentlichte Studie über F-Gase in China stellte fest, dass sich die CF4-Emissionen Chinas zwischen 2012 und 2021 auf 8300 Tonnen mehr als verdoppelt haben. Ursache sei möglicherweise die Aluminiumproduktion. Diese grosse Menge könnte massgeblich zum weltweiten Anstieg der CF4-Werte beigetragen haben, schreiben die Forschenden.

Und was ist jetzt mit den Aludosen?

Zurück zu den Aludosen. Bei deren Produktion sind grössere Mengen sehr klimaschädliches CF4 entstanden. Beim Recycling von Aluminium entsteht in der Regel kein Tetrafluormethan. Alu-Recycling benötigt ausserdem nur einen Bruchteil der Energie, verursacht weit weniger klimaschädliche Emissionen und deutlich weniger giftige Abfälle als die Neuproduktion von Aluminium.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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4 Meinungen

  • am 25.10.2024 um 20:05 Uhr
    Permalink

    Begriffe wie «Klimakiller», «Klimagift» oder «Klimazombie» sind mediale Kampfbegriffe, die unreflektiert Panik verbreiten sollen. CO-2 beispielsweise ist für das Leben auf diesem Planeten ursächlich und mitnichten ein Gift: ohne pflanzliche Photosynthese kein Sauerstoff und keine Kohlenhydrate, also kein pflanzliches und damit kein tierisches Leben. Bei CF4 ist es völlig unbekannt und wohl auch nicht verlässlich zu berechnen, welchen Anteil es bei der Erderwärmung überhaupt hat. Das Erwärmungspotential ist ein Wert, der dies nicht abbildet weil er sich nicht direkt auf die komplexen Abläufe in der Natur anwenden lässt. Abgesehen davon sollte natürlich der Eintrag von irgendwelchen potentiell schädlichen Gasen aus Gründen des Umweltschutzes generell so niedrig wie möglich gehalten werden, aber hier taugt die Klimabegründung wohl nicht. Wenn auf hundert Milliarden Teilchen sonstige Luftbestandteile neun Teilchen CF4 kommen, ist das wohl sehr weit hergeholt.

    • am 26.10.2024 um 12:16 Uhr
      Permalink

      Bitte hören sie auf, die Klimawissenschaft in Frage zu stellen. Die Wirkung von Gasen auf die Klimaerhitzung ist gut belegt. Schwefelhexafluorid (SF6), das früher viel verwendet wurde, ist die Wirkung sogar 22.800 mal so gross wie die von Kohlenstoffdioxid (CO2).

      • am 27.10.2024 um 18:03 Uhr
        Permalink

        Erstens stelle ich die Klimawissenschaft gar nicht in Frage. Zweitens darf man jede Erkenntnis oder Theorie in Frage stellen, wenn man das möchte. Und drittens halte ich es für heikel, einen Labor-Wert für ein Gas auf eine derart komplexes Phänomen wie die Erderwärmung zu übertragen. Wie Sie sicher wissen, spielen hier tausende Faktoren hinein. Es kommt auch ohne menschliches Zutun zu beständig wechselhaften Klimazyklen; es war in unseren Breiten sowohl empfindlich wärmer als auch kälter aus heute.

  • am 26.10.2024 um 19:41 Uhr
    Permalink

    Ich komme auf min. 454 mal weniger schlimm als alles CO2 Stand heute. Kann leider nicht sagen ob das stimmt aber wäre noch interessant gewesen, so als Hauptinformation des Artikels.

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