Der Wirtschaftskrieg gegen China macht Chinesen zu Patrioten
Red. Felix Abt ist Unternehmer und lebt in der Stadt Nha Trang im Süden Vietnams.
Bezeichnend ist das Schicksal der Starbucks-Gruppe: Deren Umsätze und Gewinne in den derzeit 7’300 Läden in China sind rückläufig. Die Chinesen trinken nicht etwa weniger Kaffee, sondern sie bevorzugen chinesische Marken, auch weil sie mehr für weniger Geld bieten.
Das erst 2017 gegründete Unternehmen Luckin Coffee nimmt dem amerikanischen Marktführer rasch Marktanteile ab. Selbst ausserhalb Chinas, wie in Singapur, tauchen Läden von Luckin Coffee überall auf und machen Starbucks Konkurrenz. Bloomberg berichtete, Luckin Coffee, und nicht mehr Starbucks, sei jetzt der grösste Kaffee-Einzelhändler in China.
Der Turnaround des Unternehmens, das vor vier Jahren am Rande des Konkurses stand, ist auf die automatisierten Läden der Kette, das kostengünstige Angebot und die innovativen Getränke zurückzuführen, die den lokalen Geschmack treffen. Mengenmässig bietet sie die gleiche Menge Kaffee an, aber zu einem Drittel des Preises von Starbucks.
Luckin Coffee ist nicht das einzige florierende chinesische Kaffeeunternehmen, ein weiteres Beispiel ist Manner Coffee, das über 1000 Läden in China eröffnet hat. Natürlich sind Luckin Coffee und Manner Coffee nur das Beispiel aus einer Branche.
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Das Gleiche passiert in vielen anderen Branchen. Mit der zunehmenden Sinophobie aus dem Westen werden die chinesischen Konsumentinnen und Konsumenten zu Konsumpatrioten, die chinesische Produkte und Dienstleistungen bevorzugen: Im Jahr 2011 gaben nur 15 Prozent der Chinesen an, dass sie chinesische gegenüber ausländischen Marken bevorzugen würden, aber 2020 sagten 85 Prozent, sie würden chinesische Produkte bevorzugen. Angesichts der zunehmend chinafeindlichen Politik und Rhetorik dürfte dieser Anteil heute noch höher sein.
Sanktionen, um China einzudämmen
Seit 2016 verhängten die USA Tausende von Sanktionen und andere «Strafen» gegen China. Über siebzig chinesische Technologieunternehmen wurden von Washington ins Visier genommen, ganze Regionen wie die autonome Region Xinjiang wurden für den Export von Waren in die USA gesperrt. Hunderten von chinesischen Regierungsbeamten wurde der Besuch oder die Kommunikation mit US-Unternehmen untersagt.
Der wirtschaftliche Angriff geht nicht nur weiter, sondern wird unerbittlich verschärft, zusammen mit den Verbündeten, die sich von Washington gegen ihre eigenen Interessen benutzen lassen.
Die einseitigen Zwangsmassnahmen unter der Führung Washingtons wurden mit der Absicht durchgeführt, China «einzudämmen» und es arm zu halten, anstatt ihm einen Wiederaufstieg zu ermöglichen.
Das Trauma der Opiumkriege
Das weckt in China äusserst ungute Erinnerungen: Vor den Opiumkriegen gegen China unter britischer Führung, mit denen das «Jahrhundert der Demütigung» begann, war Chinas Wirtschaft stark und autark und wies einen Handelsüberschuss mit europäischen Ländern auf.
Die Chinesen wollen um jeden Preis verhindern, dass ihnen die Westmächte ein weiteres Jahrhundert der Demütigung auferlegen.
Huawei wurde dem Westen zu stark
Huawei ist einer der Konzerne, der zerstört werden musste. Der weltweit führende Hersteller von Telekommunikationsausrüstungen zählte 80 Prozent der 50 grössten Telekommunikationsunternehmen der Welt zu seinen Kunden. Seine Produkte verkaufte Huawei in über 170 Ländern.
Um diesen ernsthaften Konkurrenten für US-Unternehmen auszuschalten, sorgte die US-Regierung dafür, dass Huawei keinen Zugang mehr zu ausländischen Mikrochips und zu westlichen und anderen Märkten hatte. Infolgedessen musste Huawei im Jahr 2020 seine führende Computer- und Smartphone-Tochterfirma Honor verkaufen.
Da Huawei der Zugang zu Schlüsselkomponenten wie Chips, die für die Herstellung von Smartphones unerlässlich sind, verwehrt wurde, beschloss das Unternehmen, sein Handygeschäft an ein weniger bekanntes chinesisches Unternehmen zu verkaufen, um das Überleben seines Erfolgsprodukts zu sichern, da der Käufer ohne dieselben Einschränkungen arbeiten konnte. Dieser Schritt sollte auch die Zulieferer, Partner und Mitarbeiter von Honor schützen und sicherstellen, dass die Marke ihre Marktpräsenz beibehalten und weiterhin innovativ sein kann. Im Jahr 2020 trennte sich Huawei vollständig von Honor.
Der Umsatz von Huawei und die Rentabilität brachen dramatisch ein. Beinahe schaffte es Washington, Huawei in den Bankrott zu treiben. Doch wie viele andere chinesische Unternehmen, denen die USA den Garaus machen wollten, hat sich Huawei neu erfunden und ist als Chinas produktivstes Hightech-Unternehmen wieder auferstanden. Es expandiert in neue Branchen wie Hafenautomatisierung und Elektrofahrzeuge.
Huawei, das wieder Mobiltelefone herstellt und zwar ausschliesslich mit chinesischen Komponenten, nimmt derzeit Apple, das früher in China sehr profitabel war, erhebliche Marktanteile ab.
Worüber die grossen westlichen Medien nicht informierten, tat der indische Wirtschafts- und Finanznachrichtendienst «ET NOW»: Huawei hat Apple auf dessen grössten Überseemarkt überflügelt.
Heute entfallen 70 Prozent der Einnahmen von Huawei auf China. Huawei stellt nicht nur hervorragende Produkte und Dienstleistungen her, sondern konnte sich auch als nationaler Champion Chinas positionieren. Chinesische Verbraucher, die den wirtschaftlichen Angriff ausländischer Mächte auf Huawei und zahllose andere chinesische Unternehmen mit Sorge beobachten, schlugen sich auf die Seite des «Underdogs» und erinnerten sich an die jahrhundertelange Demütigung, die China in nicht allzu ferner Vergangenheit durch ausländische Mächte erleiden musste.
Rückgang und Abfluss von Auslandsinvestitionen
Überall auf der Welt gibt es Schlagzeilen über den Exodus von Investoren aus China. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass ausländische Investoren Angst haben, von Washington bestraft zu werden. Selbst die in China hergestellten und in die USA exportierten Tesla-Autos unterliegen jetzt hohen US-Einfuhrsteuern. Auch andere Produkte, die ausländische Investoren in China herstellen, sind im Visier.
Der Rückzug ausländischer Investitionen ist nicht das Ende Chinas. Es ist lediglich eine Reaktion auf die «Weaponization» ausländischer Investitionen und des Handels durch die USA und, was noch dazu kommt, auf das Scheitern westlicher Unternehmen auf dem chinesischen Markt.
US-Autohersteller, die jedes Jahr Millionen von Autos in China verkauften und Milliardengewinne erzielten, sind nicht mehr wettbewerbsfähig und fahren ihre Investitionen zurück.
Der Abfluss ausländischer Investitionen aus China spiegelt zwei Dinge wider: die Bedrohung ausländischer Investitionen durch die chinafeindliche Politik der USA und den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit ausländischer Investoren in China. Die Zunahme chinesischer Investitionen im Ausland spiegelt die gestiegene Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Unternehmen wider, die immer mehr Marktanteile ausserhalb Chinas erobern, auch Marktanteile derselben Konkurrenten, die auf Chinas Inlandsmärkten verlieren.
China hat die weltweit grösste zahlungskräftige Mittelschicht der Welt, die weiter zunimmt. Für Unternehmen, die sich auf deren Bedürfnisse einstellen, gibt es noch viel Raum für Expansion. Doch es würde nicht überraschen, wenn Starbucks China in nicht allzu ferner Zukunft verlässt.
Den USA schadet es wenig, wenn ihre verbleibenden Unternehmen den grössten Markt der Welt verlieren –gemessen an der Kaufkraftparität und nicht am BIP. Denn die USA haben bereits ein grosses Handelsdefizit mit China und sie sind im Gegensatz zu Japan, Südkorea und der Europäischen Union auch kein starker Exporteur.
Doch die Verbündeten der USA werden einen erheblichen wirtschaftlichen Rückschlag erleiden, wenn sie Washingtons harte Anti-China-Massnahmen unterstützen. Die chinesischen Kunden werden ihnen nicht mehr wohlgesonnen sein. Das gefährdet den Wohlstand ihrer Bevölkerungen. China hat den Vorteil, dass dessen wachsende Binnenwirtschaft den Löwenanteil an seiner Gesamtwirtschaft ausmacht.
Im schlimmsten Fall könnte Chinas Wirtschaft autark und stark werden wie vor den Opiumkriegen.
China wehrt sich gegen Xinjiang-Boykott
upg. In den USA verbietet der «Forced Labor Prevention Act» seit Juni 2022 den Import jeglicher Güter, wenn Teile davon mit Zwangsarbeit in der muslimischen Provinz Xinjiang hergestellt wurden. Die Beweislast liegt bei den Importeuren. Weil der Beweis schwierig ist, boykottieren grosse Konzerne sämtliche Waren aus Xinjiang.
Die EU arbeitet an einem ähnlichen Gesetz.
Der Boykott von Baumwolle und anderen Produkten aus Xinjiang verstösst wiederum gegen ein Gesetz in China. Am 24. September haben Chinas Behörden eine Untersuchung gegen den US-Konzern PVH (Marken Calvin Klein und Tommy Hilfiker) eröffnet. Falls PVH innerhalb von 30 Tagen nicht nachweist, dass es Waren aus Xinjiang nicht diskriminiert, drohen dem Konzern ein Verbot von Exporten aus China und Importen nach China sowie Einschränkungen oder ein Verbot von Investitionen in China.
Das berichtete die «New York Times» am 26. September.
Gleichzeitig empfehlen die chinesischen Behörden der Bevölkerung, möglichst in China hergestellte Waren zu kaufen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Neben den schändlichen Opiumkriegen sind noch die Interventionen der europäischen Staaten (GB, FR, Ksr. Deutschland, Kgr. Italien, Ksr. Öst.-Ungarn, Russland), Japans und der USA während des Boxeraufstandes als Schandmale des westlichen Kolonialismus zu nennen. China sollte damals wie ein riesiger Kuchen einfach aufgeteilt werden. Es wurde hemmungslos abgefackelt, gemordet, geplündert und vergewaltigt. Unersetzliche Kunstschätze verschwanden oder wurden zerstört. Der notorische deutsche Kaiser Wilhelm II. hielt seine berüchtigte Hunnenrede – in völliger Unkenntnis dieser unrühmlichen Vergangheit trompetet heute leider auch Deutschland gegen China, wohl auch vergessend, dass man sich mit dem «Schutzgebiet» der Bucht von Kiautschou auch kolonial in diesem Land betätigte. China war hunderte Jahre das leistungsfähigste und fortschrittlichste Land auf diesem Planeten – wenn auch nie frei von extremen inneren Widersprüchen und Konflikten – und wird es wieder werden. Mit oder ohne uns.
Die chinesische Führung hat wohl erkannt, die Globalisierung und deren Lieferketten dient mehr den globalen Konzerne, deren Macht ständig wächst und jeden Staat auf den Globus in Knie zwingen können, wenn ein Lieferstopp verfügt wird. Das Resultat: man koppelt sich von der Globalisierung ab und baut einen Inlandsmarkt auf, der nur Produkt anbietet, die in China hergestellt werden. Gleichzeitig wird der Export angekurbelt, um Staaten in Abhängigkeiten von chinesischen Produkten zu bringen. China mit über 1.4 Milliarden Einwohner kann sich einen abgeschotteten Markt leisten. Im Gegensatz zu den USA mit von 330 Millionen Menschen und einem globalen Markt brauchen, um Weltmacht bleiben zu können. Möglich, dass in einer Schublade im Weissen Haus schon die Pläne für einen nördlichen Wirtschaftsgürtel Europa–Russland-Japan-Nordamerika liegen, um Peking weiterhin an der Leine behalten zu können.
Gunther Kropp, Basel
Dies wird in unserer Filterblase gänzlich ausgeblendet, früher hiess es: «The West aginst the rest» heute heisst es: «United West, divided from the rest»
Den identischen Artikel kann man auch zu Russland schreiben, dank der Sanktionen steigt Russlands Wirtschaft und unsere sinkt, ist nicht mehr konkurrenzfähig.
Im Zuge der Sanktionen mussten die westlichen Firmen ihre Niederlassungen aufgeben und wurden von russischen Firmen für ein Taschengeld übernommen.
Was dem Autor offenbar entgangen ist: die Kaffeevollautomaten der Luckin-Kette stammen aus der Schweiz. Sie werden von Schaerer in Zuchwil hergestellt. Die Firma gehört ihrerseits zum französischen SEB-Konzern, der Marken wie Moulinex, Rowenta und Tefal hält und dem auch die deutsche WMF gehört.
Dies geschieht den USA recht, wenn die Chinesen die US-Produkte boykottieren. Und wie erwartet, folgt die EU blind den Amerikanern und schadet einmal mehr ihrer eigenen Wirtschaft. Ich glaube aber, dass wenigstens in diesem Fall, die Schweiz nicht mitzieht, obwohl die Entscheide der EU auch uns in Mitleidenschaft zieht (z.Bsp. Huawey) und mitziehen wird. Die Wirtschaftskrise der EU zeichnet sich immer deutlicher am Horizont ab!
Lokale Produkte kaufen! Schlecht für den Welthandel. Aber gut für’s Klima.