«Intelligente» Killer-Drohnen – der Horror moderner Kriege
Seit dem brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine vor zweieinhalb Jahren sind im Fleischwolf des Stellungskriegs an der 1200 Kilometer langen Front oder bei Luftangriffen auf das Hinterland Hundertausende Menschen verletzt worden oder gar umgekommen. Trotz des enormen Leids, riesiger materieller Schäden und fragwürdiger politischer Ziele ist kein Ende absehbar.
Im Gegenteil – Russland erlebt nach der Umstellung auf die Kriegswirtschaft eine fragile Scheinblüte und die Auftragsbücher der westlichen Rüstungskonzerne sind aufgrund der massiven Ukraine-Hilfen sehr gut gefüllt. Glaubt man Medienberichten, so werden die weltweit grössten Unternehmen der Luft- und Raumfahrt-, sowie der Verteidigungsindustrie in den nächsten drei Jahren rekordverdächtige Umsätze und Gewinne erzielen.
Die Rüstungskonzerne sind Kriegsgewinnler
Sie profitieren angesichts der zunehmenden geopolitischen Spannungen in aller Welt von einer Flut von Regierungsaufträgen für neue Waffen. Der Konzern Rheinmetall etwa, der auch in der Schweiz tätig ist, sass am Ende des zweiten Quartals auf einem Auftragspolster im Gegenwert von mehr als 30 Milliarden Euro für die Herstellung von teurer Munition, Kriegsmaschinerie und verschiedene damit verbundene Dienstleistungen.
Abgesehen vom unglaublich brutalen Gemetzel und menschlichen Leid ist Krieg im Grunde genommen ein Wettbewerb der verschiedenen Systeme darum, auf der einen Seite die Ressourcen des Gegners mit möglichst günstigen Mitteln sowie möglichst geringem Aufwand zu vernichten und auf der anderen die eigenen Verluste so schnell und effizient wie möglich zu ersetzen. Dabei geht es nicht nur um die reine Masse, etwa die Produktion von genügend Munition für die herkömmlichen Kriegsgeräte, sondern auch um Innovation.
«Der Krieg ist die Mutter aller Erfindungen», sagte schon der britische Historiker Alan Taylor im Jahr 1972 – und würde er heute noch leben, hätte er wohl vor allem die Entwicklung von Drohnen für die Verwendung im Kriegsgeschehen im Blick. Damit sind weniger die grossen, komplexen und teuren ferngesteuerten Fluggeräte wie die amerikanische Reaper gemeint, welche in den USA schon vor 20 Jahren entwickelt wurden, sondern kleine.
Günstige Kleindrohnen werden häufig zu Waffen umfunktioniert
Der kriegerische Konflikt in der Ukraine ist längst zu einem Testfeld für billige Kleindrohnen geworden, heisst es – und als solche zählen sie zu den am häufigsten genutzten Waffen. Zivile Drohnen werden zum einen häufig für Aufklärungszwecke eingesetzt, etwa indem sie mit ihren Videokameras Bilder in Echtzeit übertragen. Zum anderen werden sie oft so modifiziert, dass sie Granaten oder andere Sprengladungen transportieren, abwerfen oder einzelne Punkte gezielt ansteuern können.
Glaubt man verschiedenen Berichten, so wurden in den vergangenen Monaten auf diese Weise mehr als zwei Drittel der russischen Panzer zerstört. Solche Geräte sind wichtige Ziele, schliesslich kostet ein deutscher Leopard-Panzer einschliesslich mehrjähriger Serviceverträge bis zu 30 Millionen Euro. Eine Drohne mit angeflanschtem Sprengsatz dagegen nur einen Bruchteil davon.
So werden sie vor allem auch deswegen immer öfter eingesetzt, weil sie im Vergleich mit anderen militärischen Systemen in der Anschaffung günstig und in grossen Stückzahlen erhältlich sind, weil sie sich einfach bedienen lassen und weil sie immer effizienter werden. Ukrainer und Russen zerstören mit den günstigen, ferngesteuerten Flugmaschinen gegenseitig ihre teuren Panzerkolonnen, bombardieren Schützengräben oder hetzen panische Infanteristen über das Schlachtfeld.
Horror – auf offenem Feld verfolgt von autonomen Kleindrohnen
Wer auf offenem Feld ins digitale Visier eines gegnerischen Drohnenpiloten gerät, hat keine besonders gute Chance, unversehrt davon zu kommen. Aus diesem Grund scheint sich eine neue und alarmierende Form des Selbstmords unter Militärangehörigen an der Front zu häufen: Sobald sie sich im Visier einer FPV- oder First-Person-View-Drohne wähnen, halten sie sich angeblich aus lauter Panik Handgranaten an den eigenen Kopf. Falls die Drohne ihr Ziel verfehlt, werfen sie die Granate wieder weg. Wenn nicht, lassen sie diese explodieren, um den eigenen Tod sofort herbeizuführen und um sich so weiteres Leid zu ersparen.
Dieses Verhalten wird auf russischer Seite als klares Anzeichen für eine krisengeschüttelte Armee gewertet, die demoralisiert ist, der es an Führung mangelt und die sich im Stich gelassen fühlt. Sehr wahrscheinlich aber werden die panischen Reaktionen auf den Horror künftig sogar auf beiden Seiten häufiger werden. Tatsächlich nimmt die ständige Bedrohung durch Drohnenangriffe zu, weil das Kriegsgeschehen auch «Innovatoren» aus dem Silicon Valley oder sogar aus der Schweiz auf den Plan gerufen hat, welche wiederum serienreife Drohnen entwickelt haben, die künstliche Intelligenz für die visuelle Zielerfassung einsetzen. Das Gerät kämpft auch dann weiter, wenn die Kommunikation zum «Piloten» gestört oder abgebrochen wurde.
So hat der Ex-Google-Chef, Milliardär und Technologie-Freak Eric Schmidt in aller Stille verschiedene Drohnen-Startups in den USA und der Ukraine aufgebaut oder gefördert, welche wiederum genau diesem Zweck dienen. Geschickt hinter Briefkastenfirmen verborgen warb er ehemalige Apple-, SpaceX-, Google- und andere Spezialisten an, um «Killer-Drohnen» zu entwickeln, die künftig möglicherweise sogar in ganzen Schwärmen und unabhängig von menschlicher Kontrolle operieren können. Schon vor seinem Abschied von Google hatte er sich mit Fragen der nationalen Sicherheit der USA beschäftigt, den Kongress in Fragen der künstlichen Intelligenz für militärische Zwecke beraten und das Defense Innovation Board des Pentagon geleitet.
Erst die Fakten, dann vielleicht die Moral
Schmidt ist auch an Auterion beteiligt, einem Unternehmen mit Schweizer Ursprung, das zu dieser Entwicklung beiträgt. Es liefert entscheidende Bauteile und Software für ukrainische Killerdrohnen. «Wir haben im vergangenen Jahr eine bahnbrechende Drohnentechnologie eingeführt, die Demokratien bei der Verteidigung helfen soll. Sie ist bereits auf dem Schlachtfeld aktiv und unser Team in Kiew vergrössert sich gerade. Wir sind stolz darauf, die Ukrainer bei ihren Verteidigungsbemühungen zu unterstützen, indem wir intelligentere und kostengünstigere Lösungen für den massiven Einsatz von Drohnen zur Abwehr von Angreifern anbieten. Wenn wir in der heutigen Welt moralische Entscheidungen treffen wollen, dürfen wir nicht vor kinetischen Drohnen zurückschrecken, und mehr Unternehmer, Mitarbeiter und Investoren sollten sich diesen Bemühungen anschliessen», erklärt dessen Gründer Lorenz Meier auf Linkedin.
Meier, Schmidt und all die anderen schaffen also Fakten, ohne sich zunächst um ethische oder gar juristische Bedenken zu kümmern.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Interessanter Artikel. Gerne möchte ich den Ex Fremdenlegionär (17 Jahre Dienst) und YouTuber Thomas Gast zitieren: Krieg ist Scheisse! Gib dem Frieden eine Chance!
» «Intelligente» Killer-Drohnen – der Horror moderner Kriege». Dann wird wohl das menschliche Gehirn gefordert sein, herauszufinden wie die «Intelligenten-Killer-Drohnen» denken und folglich funktionieren und abgeschossen werden können. Man wird sehen wer auf dem Schlachtfeld den besseren Jagdinstinkt haben wird.
Gunther Kropp, Basel
«Drohnentechnologie, die Demokratien bei der Verteidigung helfen soll». Gruselig, wenn man bedenkt, dass sich in den letzten Jahren «Demokratien» immer häufiger gegen Kritik aus dem eigenen Volk verteidigen müssen.
«Die Tiere draussen blickten von Schwein zu Mensch und von Mensch zu Schwein, und dann wieder von Schwein zu Mensch; doch es war unmöglich zu sagen, wer was war.»
(George Orwell: «Die Farm der Tiere»)
Wenn es nicht so tragisch wäre, was da zwischen Rußland und der Ukraine geschieht, dann müßte man fast lachen : da werden Milliarden in die Produktion von «kampffähigen Supercomputern» – nämlich Flugzeuge wie die F16 und Panzer wie den Leopard – gesteckt und dann erreichen diese billigen Drohnen letztlich mehr als die Flugzeuge und können diese Millionen-Panzer rukzuk außer Gefecht setzen. Übrigens : nach Meinung von Militärexperten war die berühmte Panzerschlacht bei Kursk im Grunde ein sowjetischer Flopp . Die Basis späterer Durchbrüche waren Infanterie, Partisanen und Artillerie der Sowjets. Was die Rüstungsindustrie betrifft : man kann deren Produkte und Gewinne sicher unterschiedlich sehen, ABER : wenn es die deutsche Rüstungsindustrie nicht gegeben hätte, hätte Hitler niemals seine Angriffskriege führen können !
wer solchen kram entwickelt oder finanziert oder in sowas investiert hat meine tiefste verachtung und ich weiss nicht wie tief man sinken muss um nicht zu bemerken wie krank dieser „fortschritt“ ist. israel ist auch ganz vorne mit dabei bei dem unsäglichen business.
Auf allen Seiten ist eine beispiellose Entwicklung der militärischen Ausrüstung zu verzeichnen während dabei die Gewinne der Investoren explodieren. Das Geschwätz von Demokratieverteidigung und moralischen Entscheidungen können sie sich eigentlich sparen; hier geht es ausschließlich um den großen Reibach. Wie schon Anfang des 20. Jhdts. mit dem Maxim-MG, das plötzlich alle haben mussten. Investoren, Entwickler und Programmierer werden durch ihre Tätigkeit allerdings selbst zu legitimen Zielen des Gegners. Auch besteht ein Vorsprung in der Waffentechnik immer nur sehr kurze Zeit wie uns die Geschichte lehrt. Noch eine Anmerkung: Hier im Artikel werden Quellen der ukrainischen Armee benutzt – die sind ohne weitere Bestätigung wohl kaum vertrauenswürdig. Da wurde schon zuviel geschönt und blank herbeigelogen.
=>marco bähler,30.08.2024 :
Sie haben in Ihrer Aufreihung («entwickelt ,finanziert,investiert») eine Vokabel weggelassen oder vergessen(?) : PRODUZIERT ! – auch wenn dieses eine Wort es nicht ganz genau trifft, aber es soll klar sein, wer gemeint ist – nämlich die ARBEITNEHMER, also die andere Hälfte des Gesamtprozesses der Rüstungsproduktion. Ich erwähne das, weil ich neben der KLAGE die Frage nach dem AUSWEG aus dieser Spirale stelle. Tatsächlich sehe ich, abgesehen von einer finalen Katastrophe, nur einen Weg: die Verweigerung ALLER Arbeitnehmer, an einer solchen Produktion mitzuwirken. Deren Gesamtheit wird das natürlich nicht tun, selbst wenn sie ALLE von der Richtigkeit der Verweigerung überzeugt wären – was nicht der Fall ist.Im Rahmen der heute bestehenden Strukturen wäre es die Aufgabe der/einer Gewerkschaft, mit einem Bestreiken dieser Sparte ,mindestens als Initialzündung, zu beginnen. Ist das – heute – denkbar ? Ich glaube es leider nicht. Aber MÖGLICH wäre es.