Jetzt ist der von der CS geschmierte Finanzminister verurteilt
Red. Thomas Kesselring berichtet auf Infosperber seit 2016 über den Kreditskandal in Mosambik, in den die Credit Suisse verwickelt war. Kesselring unterrichtete jahrelang an einer Universität in Mosambik.
Am 8. August hat ein Geschworenengericht in New York Chang wegen Überweisungsbetrug und Geldwäscherei schuldig gesprochen. Der frühere Finanzminister habe Bestechungsgelder in Höhe von sieben Millionen Dollar entgegengenommen und sich an einem «enormen internationalen Betrug» beteiligt. Der Prozess dauerte vier Wochen, eine weniger als ursprünglich vorgesehen war.
Chang hatte 2013 und 2014 als damaliger Finanzminister Mosambiks die Staatgarantien für drei Monsterkredite unterschrieben, die das Land in einen Abgrund stürzten, nachdem der Skandal im April 2016 aufgeflogen war. Die Kredite waren für ein angebliches Küstenschutzprojekt bestimmt, für das die libanesische Schiffbaufirma Privinvest die Schiffe bauen sollte. Privinvest wurde kürzlich zur Übernahme von zwei Milliarden Dollar Schulden des Staats Mosambik verurteilt.
Für die Unterschriften überwies die Schiffbaufirma Schmiergelder in Höhe von 7 Millionen Dollar an Finanzminister Chang und seine Strohmänner. Chang wusste, dass die Staatsgarantien illegal waren. Sie hätten vom Parlament bewilligt werden müssen. Stattdessen wurden sie dem Parlament verschwiegen.
Auch vor den Geberländern und dem Internationalen Währungsfonds wurden die Milliardenkredite geheim gehalten. Deswegen froren diese nach Bekanntwerden des ganzen Schlamassels die Budgethilfe an Mosambik für mehrere Jahre ein. Das Land musste Insolvenz anmelden. Offiziell heisst es, zwei Millionen Menschen seien in die absolute Armut zurückgefallen. Die Kollateralschäden der ausgelösten Krise – Geldentwertung, Flucht der Investoren, drastische Sparprogramme in den Bereichen Soziales, Gesundheit und Bildung – werden auf 11 Milliarden Dollar geschätzt.
Urteil der Geschworenen: Manuel Chang ist schuldig
Die Deutsche Welle zitiert aus dem Schlussplädoyer der stellvertretenden US-Staatsanwältin Genny Ngai vor den Geschworenen: «Die Beweise in diesem Fall zeigen, es handelt sich um ein internationales Betrugs-, Geldwäsche- und Bestechungsschema epischen Ausmasses, und Chang hat sich entschieden, daran teilzunehmen.»
Das Strafmass ist noch nicht bekannt. Schätzungen liegen zwischen 12 und 30 Jahren Haft. Chang wird das Urteil des Geschworenengerichts vermutlich weiterziehen.
Die Hoffnung, dass Chang über bisher unbekannte Einzelheiten der Skandalgeschichte berichten würde, hat sich nicht erfüllt. Während der vier Wochen, die der Prozess dauerte, soll Chang geschwiegen haben. Die Unschulds-Beteuerungen liess er seinen Star-Anwalt Adam Ford vortragen.
Chang sei zur Unterschrift der Staatsgarantien praktisch gezwungen worden. Dazu gibt es zwei Versionen: Nach der einen soll der ehemalige Präsident Guebuza Druck ausgeübt haben, nach der anderen der ehemalige Verteidigungsminister Nyusi. Dieser ist nun seit 2015 Präsident, doch sein zweites Mandat geht nach den Wahlen im kommenden Oktober zu Ende. Eine dritte Amtsperiode ist gemäss Verfassung ausgeschlossen.
Dass Chang sich von einer der teuersten amerikanischen Anwaltskanzleien vertreten liess, hat ihm nichts genützt. Wer die Prozess- und vor allem die horrenden Anwaltskosten für Chang übernimmt, ist unklar.
Von den zwei Urteilen, die innerhalb von zehn Tagen in der Angelegenheit der geheimen CS-Kredite gefällt wurden, fiel das eine zugunsten des Staates Mosambik aus, das andere gegen einen mosambikanischen Repräsentanten. Beide Urteile liegen im Interesse der mosambikanischen Bevölkerung, die mit ihrer Regierung, vor allem der Regierungsspitze, längst nicht mehr zufrieden ist.
Bisherige Gerichtsurteile zum Fall der geheimen Kredite
Vor zwölf Tagen entschied der Londoner High Court, dass für die Schulden, die durch den Kreditskandal entstanden sind, nicht Mosambik, sondern der libanesische Schiffbauer Privinvest aufkommen muss, der den Skandal angezettelt hatte. Es geht um einen Betrag von 1900 Millionen Dollar. Privinvest ist der weltweit grösste private Schiffbauer. Darauf gründet die Hoffnung, dass Mosambik wieder zahlungsfähig wird. Aber Privinvest hat angekündigt, das Urteil weiterzuziehen. Infosperber hat darüber berichtet.
Klagen, Gegenklagen, Prozesse, aussergerichtliche Vergleiche, Verurteilungen
Zum Überblick hier eine Chronologie der gerichtlichen Aktivitäten, die der Skandal ausgelöst hat:
Dezember 2018:
Ein New Yorker Gericht klagt acht Personen an, die an der Entstehung des Kreditskandals beteiligt waren: drei Ex-Investmentbanker der Credit Suisse London, zwei Funktionäre und einen Ex-Minister (Manuel Chang) aus Mosambik, und zwei hohe Angestellte der libanesischen Schiffbaufirma Privinvest: Jean Boustani (Chef-Verkäufer) und Najib Allam (Finanzchef).
Februar 2019:
Ein mosambikanisches Gericht klagt 19 am Skandal beteiligte Mosambikaner und Mosambikanerinnen an.
Februar bis August 2019:
Mosambik (vertreten durch seine Generalstaatsanwältin), die Schiffbaufirma Privinvest und die Credit Suisse reichen am englischen Highcourt in London Klagen gegeneinander ein. Der Kreditskandal fällt in die Gerichtsbarkeit Londons, weil die involvierten Banken (Credit Suisse und russische Staatsbank VTB) von ihren Londoner Filialen aus handelten.
Privinvest reicht auch an den Schiedsgerichten Paris und Genf Klage gegen Mosambik ein und ergänzt die Klage bald darauf mit einer gegen Präsident Nyusi. Privinvest beantragt am Londoner High Court, der Fall solle an ein Schiedsgericht abgegeben werden, was der High Court ablehnt. Privinvest rekurriert zweimal, das Anliegen wird beide Male abgelehnt. Durch das Hin und Her verzögert sich der Prozessbeginn am Londoner High Court um fast drei Jahre. Er wird schliesslich auf Oktober 2023 festgelegt.
Mai bis September 2019:
Das New Yorker Gericht verurteilt zwei Investmentbanker und eine Investmentbankerin der Londoner Credit-Suisse-Filiale, die in Absprache mit der libanesischen Schiffbaufirma die ursprünglich für das Küstenschutzprojekt vorgesehenen ca. 350 Millionen auf 2007 Millionen hochgetrieben haben. – Das Strafmass steht bis heute nicht fest.
Oktober bis November 2019:
Das New Yorker Gericht macht dem Chef-Verkäufer der Schiffbaufirma Privinvest, Jean Boustani, den Prozess. Nach sechs Wochen entscheidet sich die Laien-Jury für Straffreiheit. Begründung: Boustani hat zwar die Bestechungsgelder mit Firmenchef Iskandar Safa abgesprochen, sie aber nicht ausbezahlt und keine Überweisungen getätigt, die über US-Banken liefen. Vor seiner Verhaftung am New Yorker Flughafen hat er nie den Boden der USA betreten und nie etwas mit den USA zu tun gehabt. Kritische Beobachter urteilten später, die Jury sei wahrscheinlich mit der Komplexität des Prozesses überfordert gewesen.
In diesem Prozess treten auch zwei der verurteilten CS-Investmentbanker als Zeugen auf. Die Bereitschaft zu solchen Zeugenaussagen könnte eine Strafminderung bewirken. Über das Strafmass kann deshalb erst nach der letzten Verhandlung zu diesem Skandal entschieden werden.
August 2021 bis 7. Dezember 2022:
Das Gericht in Maputo (Mosambik) macht 19 mosambikanischen Angeklagten, die in den Skandal verwickelt sind, den Prozess. Acht gehen straffrei aus, die übrigen elf erhalten Gefängnisstrafen zwischen 10 und 12 Jahren. Der Sohn des vormaligen Präsidenten Guebuza erhält 12 Jahre. Grosse Teile der Bevölkerung sind der Meinung, diese Strafen seien viel zu milde.
Oktober 2021:
Die amerikanische Börsen- und die englische Bankenaufsicht verurteilen die Credit Suisse zu einer Strafe von annähernd 500 Millionen Dollar wegen Täuschung der Gläubiger (im Fall des «Ematum»-Kredits vom September 2013, für den lukrativ erscheinende Eurobonds ausgegeben wurden). Von den Straf-Millionen der CS hat Mosambik keinen Nutzen, sie bleiben in den USA bzw. in England.
Ausserdem wird die Credit Suisse dazu verurteilt, ihre Forderungen an Mosambik um 200 Millionen Dollar zu reduzieren – das ist in etwa die Höhe der nachgewiesenen Schmiergelder, die im Vorfeld des Projekts verteilt worden sind. Die Finma begnügt sich am gleichen Tag mit einem leisen Rüffel an die Adresse der CS.
März 2023:
Nachdem wegen der vielen Skandale der Credit Suisse immer mehr Kunden ihre Gelder aus der Bank abzogen, fällt der politische Entscheid, dass die UBS die Credit Suisse übernimmt. Die Mosambik-Schulden gegenüber der Credit Suisse gehen ins UBS-Portefeuille über.
September 2023:
Unmittelbar vor Prozessbeginn am Londoner High Court schliesst die UBS mit der Generalstaatsanwaltschaft von Mosambik und anderen involvierten Parteien einen aussergerichtlichen Vergleich über den «Proindicus»-Kredit (einen der drei Skandalkredite) ab. Die Bank erlässt Mosambik 450 Millionen.
Im Statement der UBS über den Vergleich mit Mosambik steht zu lesen: «Die Parteien haben sich gegenseitig von allen Verbindlichkeiten und Ansprüchen im Zusammenhang mit diesen Transaktionen entbunden.»
Und doch muss Mosambik 142 Millionen zahlen und dafür Staatsanleihen zu 18 Prozent Zinsen ausgeben, was den Betrag bis zum Ende der sechsjährigen Laufzeit mehr als verdoppelt. Der grösste Kredit («Ematum», 900 Millionen Dollar, mit Eurobonds finanziert) bleibt vom UBS-Vergleich unberührt. Zwei Drittel dieses Kredits hat die CS organisiert, das dritte Drittel die russische Staatsbank. Die Konditionen sind ungünstig: fünf Prozent Zinsen (45 Millionen Dollar) pro Jahr und ab 2026 neun Prozent (81 Millionen). Amortisiert werden soll er von 2028 bis 2031 mit zweimal jährlich je 112,5 Millionen. – Nach dem Londoner Schuldspruch gegen die Schiffbaufirma müsste Mosambik diese Bürde nun abgeben können…
Tabela: Detalhes dos EUROBONDS MOZAM 2032 – Dívida dos moçambicanos à UBS
MOZAM 2032 | |
Instrument | $900,0 million (including unpaid interest)) |
Maturity (years) | 12 |
Amortization | 4 anos, $112,5 million per semester (2028-2031) |
Annual Interest (Average) | 5% até 2025 ($45 million); 9% until 2031 ($81,0 million) |
Ende Juni 2014:
Mosambik schliesst einen aussergerichtlichen Vergleich mit der VTB (russische Staatsbank) und BCP (Banco Comercial do Portugal): 1400 Millionen an Schulden gegenüber diesen Banken werden auf 220 Millionen reduziert, die dieses Jahr fällig werden.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.