Kolumne Pietro Vernazza

Professor Pietro Vernazza © zVg / ChatGPT

Für welche Menschen Mücken eine Vorliebe haben

Pietro Vernazza /  Mücken landen nicht einfach wahllos. Die Bakterien auf unserer Haut beeinflussen diese Wahl entscheidend.

Sicher kennen Sie diese Situation: Sie übernachten im Freien oder in einem Zelt. Die Person neben Ihnen klagt am nächsten Morgen über zahlreiche Mückenstiche, während Sie selbst ungestört schlafen konnten. Oder umgekehrt. 

Reagieren wir nur unterschiedlich auf die Stiche oder wählen sich die Mücken ihre Opfer wirklich aus? 

Tatsächlich weiss man schon länger, dass Mücken ihre Opfer riechen. Und der Geruch, dem die Mücken folgen, wird nicht von unseren Schweissdrüsen produziert, sondern von den Bakterien, die auf unserer Haut leben. Denn unsere Haut ist übersäht von Abermillionen Bakterien, unserem Haut-«Mikrobiom». 

Nun haben Forscher aus Kalifornien diese Geschmacksstoffe auf unserer Haut analysiert («Nature»). Diese von Bakterien gebildeten Stoffe sind flüchtig («volatil»), weshalb die Gesamtheit dieser Duftstoffe nun als «Haut Volatilom» bezeichnet wird. Die Forscher haben nun analysiert, was einige dieser volatilen Stoffe für Insekten attraktiv macht. 

Für ein gutes «Landeverhalten» ist Milchsäure nötig

Um das zu erforschen, haben sie das Landeverhalten von Tigermücken in der Gegenwart einzelner Stoffe studiert. Dabei fanden sie Stoffe wie die Kombination von Kohlendioxid und Milchsäure, welche die Mücken stark zur Landung motivieren, während andere das Gegenteil bewirken. Auch die Konzentration der Duftstoffe war entscheidend. Und für ein gutes Landeverhalten brauchte es Milchsäure, ein klassisches Bakterienprodukt. 

Doch wenn Sie jetzt denken, Sie würden vor dem nächsten Tropenaufenthalt vielleicht einfach ein Antibiotikum nehmen, um Ihre Hautbakterien zu eliminieren, sollten Sie weiterlesen! Keine gute Idee. Denn kürzlich haben belgische Forscher über eine interessante Beobachtung im Tierversuch mit Mäusen berichtet (pre-Print, Juli 2024 ). 

Antibiotikum machte Mäuse anfälliger für Viruserkrankung

Diese Autoren haben untersucht, wie sich eine durch Mücken-übertragene Virusinfektion (Zika-Virus) in Abhängigkeit des Haut-Mikrobioms verhält. Dazu behandelten sie die Mäuse vorher mit Antibiotika, um das Mikrobiom zu zerstören. 

Wenn nun die Mäuse mit Mücken in Kontakt kamen, die mit dem Zika-Virus infiziert waren, so vermehrten sich die Zika-Viren auf der Haut der antibiotisch vorbehandelten Mäuse viel besser und die Verbreitung des Zika-Virus im Körper der Mäuse verlief schneller und ausgeprägter. Wurde den Mäusen nachher wieder ihr altes Haut-Mikrobiom zurückgegeben, verliefen die Zika-Virusinfektionen wieder wie vor der antibiotischen Behandlung. 

Vorsicht: Forscher wollen nun das «Volatilom» beeinflussen

Auch wenn wir im Alltag nichts von unseren Bakterien auf unserer Haut sehen, sie begleiten uns jeden Tag und sind für unsere Gesundheit wichtiger, als wir vielleicht wahrnehmen. Wenn nun Forscher Produkte entwickeln wollen, welche die Bakterien auf unserer Haut so verändern, dass sie weniger volatile Substanzen produzieren, so müsste man auch sorgfältig allfällige Nachteile solcher Massnahmen überprüfen.

Die Evolution hat in den zigtausenden Jahren recht vieles gut gelöst. Und vielleicht können wir auch mit Nahrungsmitteln das Volatilom unserer Bakterien beeinflussen, damit die nächste Campingnacht angenehmer wird.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Bildschirmfoto 2022-10-28 um 12.25.44

Wissenschaft

Transparent, reproduzierbar und unabhängig von wirtschaftlichen Interessen sollte sie sein.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

3 Meinungen

  • am 8.08.2024 um 12:09 Uhr
    Permalink

    Interessant.
    Ist denn klar, welche Bakterien mehr oder weniger Milchsäure produzieren?

    Klassischer Fall: Ich habe nahezu keine Probleme mit Mücken. Meine Freundin und ihr Junge doch eher stark, Sie mittel, er sehr stark.

    Ich bin der Meinung dies hängt mit dem Essverhalten zusammen. ev auch mit der Körperhygiene bzw wie wir uns waschen.
    Unterschiede die mir auffallen:
    – Ich verwende kein Duschmittel, Freundin nur Shampoo für die Haare, der Kleine das volle Programm
    – Ich esse eher wenig Süssigkeiten, Freundin sporadisch, der Kleine.. na ja… 😉

    Das sind lediglich Beobachtungen, eine Schlussfolgerung würde ich daraus nicht wirklich ziehen weshalb mich aber die möglichen Zusammenhänge interessieren.
    Besonders der Teil mit dem «Duschmittel» dürfte aber doch einen starken Effekt auf die Bakterien Population auf unserer Haut haben.

  • am 8.08.2024 um 12:27 Uhr
    Permalink

    Es nähme mich wunder, wie sich unser übertriebenes Hygiene-Verhalten mit häufigem Duschen, wobei der natürliche Schutzschild der Haut zumindest angegriffen wird, verhält.

  • am 8.08.2024 um 17:26 Uhr
    Permalink

    Hilfreich wäre noch, nähere Angaben zu Nahrungsmitteln zu machen, die das Volatilom positiv beeinflussen. ChatGPT sagt mir, dass durch vegetarische, vegane oder proteinreiche Ernährung eine Beeinflussung möglich sei. Ich würde den Rat eines Menschen vorziehen. Bin gespannt auf eine Antwort.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...