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Die typischen Mangroven-Atemwurzeln in Tibar, Osttimor. © cc-by-sa-3 Colin Trainor, Wikimedia Commons

Mangroven: Natürlicher CO2-Superspeicher

Daniela Gschweng /  Aufgeforstete Mangroven erreichen fast drei Viertel der Kapazität intakter Wälder. Wenn die Aufforstung klappt.

Die Füsse abwechselnd in Salz- und Süsswasser, Wurzeln, die funktionieren wie Schnorchel und an tropischen Küsten daheim: Mangroven sind nicht nur ungewöhnliche Pflanzen, sie sind auch wahre Künstler darin, das Klimagas Kohlendioxid aufzusaugen. Mangrovenwälder können drei- bis fünfmal mehr davon einfangen als tropische Wälder – High End Carbon Capture and Storage auf natürlichem Weg sozusagen. Darüber hinaus haben sie noch einige weitere Vorteile.

Seit Jahren wird versucht, zerstörte Mangrovenwälder wieder aufzuforsten oder neu zu pflanzen. Wenn es klappt, ist das eine sehr gute Nachricht für die Klimabilanzen. Das zeigt eine Anfang Juli in «Science Advances» veröffentlichte Studie.

Ein Team von Forschenden aus mehreren Ländern untersuchte vor allem, wie viel Kohlenstoff neu gepflanzter Mangrovenwald über die Zeit binden kann. Kohlenstoff (chemisches Symbol C) ist einer der beiden Bestandteile von Kohlendioxid (CO2). Dazu werteten die Forschenden Daten von 684 Mangrovenpflanzungen in 24 Ländern aus 40 Jahren aus.

Nach 20 Jahren fast so gut wie ein natürlicher Wald

Die Biomasse der Mangroven, also Blätter, Holz und Wurzeln, enthielt demnach nach 20 Jahren knapp drei Viertel (71 bis 73 Prozent) der Kohlenstoffmenge eines intakten natürlichen Mangrovenwalds. Die Bepflanzung mit gemischten Arten fördere die Kohlenstoffanreicherung. Womöglich geht noch mehr – der Beobachtungszeitraum von 40 Jahren könne auch zu kurz sein, schreiben die Autor:innen.

Im Boden hatte der Kohlenstoffgehalt schon nach fünf Jahren um 25 Prozent zugenommen. Danach blieb er konstant auf drei Viertel des Niveaus natürlicher Mangrovenwälder. Das deute darauf hin, dass die Bepflanzung weitere Kohlenstoffverluste verhindere, schreiben die Autor:innen der Studie. Wieviel Kohlenstoff ein Boden enthält, ist ein Massstab für die Bodenfruchtbarkeit.

Küstenschutz, Vorratskammer und Biodiversitätsreservoir

Von den Mangroven profitieren Menschen auch in anderer Hinsicht. Die für Menschen eher unzugänglichen tropischen Mangrovenwälder dienen als Brutgebiet für Fische und Vögel und sind Heimat für viele andere Tiere. Sie sind ein Reservoir der Artenvielfalt und Lebensgrundlage vieler Menschen.

Nicht zuletzt spielen Mangroven eine wichtige Rolle beim Küstenschutz. Der Sand, der übrigbleibt, wenn die Wälder weg sind, hält hohe Wellen nicht mehr ab und begünstigt Erosion. Keine ganz unwichtige Tatsache – nach einer Schätzung von 2010 leben 200 Millionen Menschen in tiefgelegenen Küstengebieten. Inzwischen dürfte diese Zahl noch gestiegen sein.

Noch immer werden Mangroven abgeholzt – meist für Aquakulturen

Laut Wikipedia gibt es weltweit noch etwa 150’000 Quadratkilometer Mangrovenwälder, gemäss dem World Wildlife Fund (WWF) sind es nur noch 136’000 Quadratkilometer. Die sozio-ökologische Bedeutung der salztoleranten Küstengehölze wird aber zunehmend erkannt. Die Abholzungsraten haben sich von knapp einem Prozent in den 1980er und 1990er Jahren auf 0,2 bis 0,4 Prozent in den Nullerjahren verringert.

In den vergangenen 50 Jahren ist nach anerkannten Schätzungen dennoch mehr als ein Drittel (35 Prozent) der weltweiten Mangrovenwälder verlorengegangen. Am häufigsten werden Mangroven abgeholzt, um Platz für Aquakulturen zu schaffen. Andere Gründe sind vielfältig: Nutzungsänderungen der angrenzenden Landflächen, Extremwetter, Wasserverschmutzung, steigender Wasserspiegel, Erosion.

Die Hälfte aller Mangroven-Aufforstungen scheitert

Mangrovenwälder wiederherzustellen, ist zwar vergleichsweise günstig, aber nicht immer erfolgreich. Fast die Hälfte aller Bepflanzungs- und Aufforstungsversuche von Mangroven scheitert, stellte eine Metastudie über die Restaurierung von Biotopen wie Korallenriffen, Seegraswiesen und Salzmarschen fest.

Mangroven_Mindanao
Mangrovenpflanzung auf Mindanao, Philippinen

Diese Zahlen seien jedoch mit Vorsicht zu betrachten, schreiben die Autor:innen. Oft würde ein Restaurationsprojekt nicht über ein, zwei Jahre hinaus verfolgt. Die Daten sind also nicht sehr zuverlässig. Über die Zeit, die ein neu gepflanzter Mangrovenwald benötigt, bis er vollständig ausgewachsen ist, gehen die Expertenmeinungen auseinander. Schätzungen gehen von 20 bis 100 Jahren aus.

Die Fläche wiederherstellbarer Mangroven weltweit wird auf 8120 Quadratkilometer geschätzt. Vier Fünftel davon (6665 Quadratkilometer) gelten als gut wiederherstellbar.

Schutz bestehender Mangroven umso wichtiger

Die eigentliche Stärke der Studie sei, dass sie zeige, dass es sich um einen globalen Mechanismus handle, sagt Daniel Friess, ein Küstenforscher an der Tulane University, den «Inside Climate News» (ICN) dazu befragt hat. Sie zeige, dass Standort und Anbaubedingungen keinen Einfluss darauf hätten, wie sich Kohlenstoff in verschiedenen Mangrovenarten anreichere. Mangrovenwälder bestehen aus etwa 70 Baum- und Buscharten.

Sie sei aber auch ein Beleg dafür, dass Wiederaufforstungen richtig angegangen werden müssten. «Wenn sie erfolgreich sind, kann man 75 Prozent des Kohlenstoffbestands eines natürlichen Waldes erreichen. Wenn man es nicht schafft, hat man nichts», sagte er.

Der Schutz bestehender Mangroven sei deshalb umso wichtiger, sagt Dominic Wodehouse, Geschäftsführer des Mangrove Action Projects, das Küstengemeinden bei der Wiederherstellung von Mangrovenwäldern hilft, ebenfalls gegenüber ICN. Für ihn laute eine der Botschaften der Studie: «Schütze immer zuerst das, was du hast, bevor du versuchst, etwas wiederherzustellen». Beide Wissenschaftler waren an der Studie nicht beteiligt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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