Die Migros und «das beste Preis-Leistungs-Verhältnis»
Schweizer Konsumentenzeitschriften stellen regelmässig Preisvergleiche an. Und ebenso regelmässig schneidet die Migros schlecht ab:
- Im Februar verglich Saldo einen Warenkorb mit 36 Bio-Artikeln. In der Migros war er 28 Prozent teurer als bei Lidl. Noch teurer war er nur bei Coop.
- Im März untersuchte der K-Tipp die Preise für 40 Produkte in Internet-Läden. Die Migros war 20 Prozent teurer als Coop.
- Im April verglich der K-Tipp 40 Lebensmittel, Haushalts- und Körperpflege-Produkte. Das Resultat: Die Migros war 19 Prozent teurer als Lidl.
Teurer als Aldi, Denner und Lidl
Den Migros-Verantwortlichen ist das natürlich nicht verborgen geblieben. Deshalb sprechen sie lieber nicht über die Preise, sondern über das Preis-Leistungs-Verhältnis. Im vorletzten Geschäftsbericht stand: «Die Migros steht seit ihrer Gründung für das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.» Und eben erst sagte der Migros-Aare-Chef Reto Sopranetti dem Migros-Magazin: «Das Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Kundinnen und Kunden weiterhin vom besten Preis-Leistungs-Verhältnis profitieren.»
Das heisst: Die Migros ist zwar teurer als Aldi, Lidl und Denner – manchmal sogar teurer als Coop. Aber das Preis-Leistungs-Verhältnis ist angeblich besser. Nur: Wie lässt sich das Preis-Leistungs-Verhältnis überhaupt messen? Und wie vergleichen? Das wollte Infosperber von der Migros wissen und fragte:
- Worauf stützt sich die Migros bei ihren Aussagen?
- Wie misst die Migros das Preis-Leistungs-Verhältnis?
- Um wie viele Prozent ist die verglichene Ware besser als bei Lidl?
Die Überlegung hinter der letzten Frage am Beispiel der Bio-Karotten: Bei Lidl kostet ein Kilo Fr. 2.69, in der Migros Fr. 3.30 – also 23 Prozent mehr. Das heisst: Damit das Preis-Leistungs-Verhältnis besser wäre, müssten die Migros-Karotten um mindestens 24 Prozent besser sein als die Lidl-Karotten. Nur: Wie lässt sich das messen? Am Geschmack? An der Grösse? An der Farbe?
Ausweichende Antworten
Die Antwort lautet: Gar nicht. Das ist offenbar auch den Migros-Verantwortlichen bewusst. Zuerst erteilten sie nur ausweichende Antworten. Erst als Infosperber nachhakte, teilte die Migros mit: «Absolut lässt sich dies nicht in Zahlen fassen, insbesondere nicht über ein Sortiment von mehreren tausend Produkten.»
Damit ist klar: Die Aussagen zum angeblich «besten Preis-Leistungs-Verhältnis» sind nichts als Geschwätz. Offenbar versucht die Migros, ihre Kundinnen und Kunden auf diese Weise bei der Stange zu halten. Denn sie suggeriert – ohne es beweisen zu können –, dass die Ware der Konkurrenz gegenüber der Migros-Ware minderwertig sei.
Doch das ist sie nicht. Das zeigen Tests der erwähnten Konsumentenzeitschriften K-Tipp und Saldo immer wieder. Immerhin gibt die Migros gegenüber Infosperber schliesslich dann doch zu, dass sie gegenwärtig ein Problem mit – im Vergleich zur Konkurrenz – hohen Preisen hat. «Selbstverständlich sind wir uns aber bewusst, dass wir preislich wieder attraktiver werden müssen. Daran arbeiten wir derzeit intensiv», schreibt sie.
Geht doch. Auch ohne Geflunker.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Solange sich das Preis-Leistungs-Verhaeltnis nur auf den Verkaufspreis im Geschaeft bezieht ist es ein PREIS VERGLEICH der angebotenen Ware.
Und was bedeutet LEISTUNG – und VERHAELTNIS? Was bdeutet LEISTUNG? Ist es Herausfinden wo das Produkt:
-am billigsten produziert wird
-am ‹Umweltfreundlichsten› produziert wird (was immer das auch bedeuten soll)
-zum guenstigsten Preis vom Hersteller zu Migros transportiert wird
-welche Art von Vertraegen zwischen Produzent und MIGROS wie lange vereinbart werden kann
-wie das Produkt wo und nach welchen Auflagen wie hoch besteuert wird
-wie lang das eingekaufte Produkt gelagert werden kann, zu welchen Preis und unter welchen Bedingungen, inklusive Lagerkosten, Lagerplatz, Lagerbedingungen…
– wo und wie und wann das Produkt aussoertiert wird und wo es ‹entsorgt› wird … betrifft Lebensmittel
Es gibt weitere Fragen. Aber solange ein Preis-Leistungs Verhaeltnis genauso wenig definiert ist wie die Frage ‹wer das bessere› hat – ist es falsch.
Die Migros gilt (oder zumindest galt!) als vorbildlichen Arbeitgeber. Fringe-Benefits und sehr gute Sozialleistung. Diese müssten auch mal verglichen werden. Wenn es den Mitarbeiter bei Coop/Migros besser geht als bei Aldi/Lidl bin ich bereit bis 20% mehr zu bezahlen… sonst natürlich nicht.