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Hat sich Tesla strategisch verrannt? © sergio_pulp/Depositphotos.de

Elon Musk droht Tesla in die Pleite zu reiten

Christof Leisinger /  Der einst gehypte Elektroauto-Konzern droht zum Kostengrab zu werden, da die Nachfrage nach den veralteten Modellen einbricht.

«Tesla könnte pleitegehen», sagt der Hedge-Fund-Manager Per Lekander. Der Mann, der mit seiner Firma Clean Energy Transition LLP von den Gewinnern und Verlierern der Energiewende profitieren will, äusserte sich so, bevor Tesla jüngst eine massive Entlassungswelle ankündigte und bevor massgebliche Führungskräfte davonliefen. Aber damals, vor wenigen Tagen, hatte der Autohersteller eingestanden, in den ersten drei Monaten dieses Jahres 20 Prozent weniger Fahrzeuge als im Vorquartal verkauft zu haben.

«Das ist das Ende der Tesla-Bubble», argumentierte Lekander in einem Interview und ergänzte, «die Gewinne sinken schnell». Er führte drei Gründe an. Erstens wollte Tesla den Umsatz jährlich um 50 Prozent steigern – und damit sei es jetzt vorbei. Zweitens wollte der Elektromobilhersteller die Produktion vertikal integrieren und alles selber machen, um überall zu verdienen. Drittens wollte man alle Fahrzeuge direkt an die Endkunden verkaufen. «Das ist eine brillante, sehr profitable Strategie, solange man wächst. Denn man erzielt hohe Margen». Das Problem: Genau das Gegenteil ist der Fall, sobald das Wachstum ausbleibt.

Bei schwacher Nachfrage drohen schnell rote Zahlen

Lekander fürchtet, Tesla werde in nächster Zeit aufgrund hoher Fixkosten Geld verbrennen. In seinen Augen deutet alles darauf hin, dass die Nachfrage nach Tesla-Fahrzeugen nicht gross genug ist, um die enormen Produktionskapazitäten auszulasten. Ein Grund sei, dass Tesla mit dem Model 3 und dem Model Y nur zwei veraltete Best-Seller herstelle, während Konkurrenten wie VW mit einer ganzen Reihe neuester Modelle auf den Markt kommen. «Ich sehe keinen Grund, wieso sich Tesla in den nächsten zwei Jahren von den Schwierigkeiten erholen sollte», so Lekander.

Tesla fällt beim Verkauf zurück
Anfang 2024 ist die Zahl verkaufter Teslas deutlich gefallen. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Tesla brachte zwar einige gute Ausreden für den Produktionsrückgang im ersten Quartal dieses Jahres vor, der sich auch auf die Auslieferungen und die Logistik für die Auslieferung der Autos an die Kunden auswirkt. Das Unternehmen hatte aber keine gute Erklärung dafür, dass die Zahl der unverkauften Fahrzeuge innerhalb von drei Monaten um satte 46’000 Fahrzeuge zugenommen hat. Diese beunruhigende Zahl war nur die Fortsetzung dessen, was schon im vergangenen Jahr zu beobachten gewesen war und wofür Tesla-Chef Elon Musk hauptsächlich die Preisgestaltung und die hohen Zinsen vorgeschoben hatte.

Offensichtlich versucht er nun, die Produktion an die geringere Nachfrage anzupassen. In China war das schon vor Wochen nötig gewesen. Selbst der Cybertruck, das einzige neue Modell in Teslas Produktpalette, lässt sich offenbar nicht gut genug verkaufen, um die extra eingerichtete Fabrikationslinie in Texas auszulasten. Das sei sehr beunruhigend, aber nicht überraschend, argumentieren kritische Beobachter. Die Entscheidung, einen 80’000 bis 120’000 Dollar teuren Nischen-Truck auf den Markt zu bringen, sei nicht der beste Plan gewesen.

Wo bleibt das lange versprochene, günstige Massenmodell von Tesla?

Vielleicht hätte sich Tesla stattdessen darauf konzentrieren sollen, die Bestseller-Modelle zu modernisieren und weitere hinzuzufügen. Im besten Fall würden sich diese einfacher sowie günstiger produzieren lassen, so dass man möglicherweise Hunderttausende bis eine Million Einheiten pro Jahr verkaufen könnte. Sauer stösst Ihnen auf, dass das von Elon Musk lange versprochene 25’000-Dollar-Auto offensichtlich auf absehbare Zeit nicht auf den Markt kommen wird. Stattdessen versucht er mit Preissenkungen auf Kosten der Profitabilität, und in nächster Zeit wohl mit der Vorstellung eines «Robotaxis» die Wachstumsphantasie der frühen Jahre wiederzubeleben. Dabei seien die mit letzterem verbundenen technischen Herausforderungen noch lange nicht gelöst, notwendige Genehmigungen nicht absehbar und der Markt sei noch nicht bereit dafür.

In jüngerer Zeit mehrten sich die Anzeichen, dass nicht nur bei Tesla die Nachfrage nach Elektroautos nachlässt, sondern auch bei anderen Anbietern wie etwa Ford oder auch Volkswagen. Die Nachfrage nach Elektromobilen aus Wolfsburg in Europa ist um einen Viertel eingebrochen, seit die enormen Subventionen von früher gekürzt wurden.  Gleichzeitig nimmt die Konkurrenz zu – und dabei scheinen die chinesischen Anbieter die Nase vorne zu haben. Während die Produktpalette von Tesla angestaubt wirkt, sprechen die Chinesen die Kunden mit kompetitiven Preisen, gewitztem Design, smarter Ausstattung und guter Verarbeitungsqualität an.

Hat Tesla Nachfrageprobleme
Die Produktion übertrifft immer öfter die Zahl der verkauften Fahrzeuge. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Längst sorgt man sich im Westen, bekannte chinesische Unternehmen wie BYD könnten in nächster Zeit den Welt-Automobilmarkt aufrollen, wie das früher die Hersteller von Solarmodulen machten. Tatsächlich nehmen die Zweifel zu, ob sich Tesla & Co. dagegen wehren können. Schliesslich scheint sich Elon Musk selbst immer weiter zu verzetteln. Gross, grösser, giga – das war schon immer sein Motto. Mit gigantischen Ansprüchen an die Vergütung, aber wechselndem Erfolg. SpaceX und Starlink haben bei Weltraummissionen und beim satellitengestützten Internet eine Art Monopolstellung erreicht, von der Boring Company und von Neuralink hört man kaum noch etwas, und beim Kauf von Twitter hat er zig Milliarden ohne grossen Erfolg versenkt, für die er Tesla-Aktien in grösserem Umfang verkaufen musste.

Tesla selbst befindet sich nach enormen Anfangserfolgen operativ in einer ziemlich kritischen Phase. Grosskunden wie die Mietwagenfirma Hertz springen ab und bringen den Markt für Elektro-Gebrauchtwagen weiter unter Druck, nachdem Musk diesen schon mit beachtlichen Preissenkungen geschwächt hatte. Dazu kommt, dass er potenzielle Kunden mehrfach mit umstrittenen öffentlichen Äusserungen zu polarisierenden Themen verprellte. Und seine Versuche, Tesla als AI- oder Mobilitätsunternehmen mit unendlichen Wachstumsmöglichkeiten zu verkaufen, wirken nicht mehr belebend, sondern abgedroschen.

Ist der Elektroantrieb am Ende eine elitäre Sackgasse?

Nach anfänglicher Euphorie lässt der Glaube an Musks Master Plan II aus dem Jahr 2016 merklich nach. Dieser sah im Automobilbereich die Ausweitung der Produktlinien auf alle wichtigen Segmente vor, die Entwicklung eines sicher selbst fahrenden Autos sowie die Möglichkeit, Geld mit dem Auto verdienen zu können, wenn es sonst ungenutzt herumstünde. Dazu kommen grundsätzliche Bedenken, wie sie der Bündner Motorenpapst Mario Illien schon früh formuliert hatte. Der Mann hält den Elektroantrieb eher für eine elitäre Sackgasse als die Lösung für die exorbitante menschliche Mobilität.

Illien rechnet vor, dass die Stromer von jener Energie, die zum Laden ihrer Batterien von den Elektrizitätswerken einfliesst, letztlich gerade mal noch 11 Prozent als Schub über ihre Antriebsräder auf die Strasse bringen. Der viel geschmähte Diesel sei mit über 20 Prozent schon doppelt so effizient und die Triebwerke der effizientesten Benzinverbrenner brächten es auf 50 Prozent Wirkungsgrad. «Katastrophal» werde die Ökobilanz erst recht beim Ressourcenverbrauch bei der Produktion der Elektroautos, speziell auch wegen der  zentnerschweren Batterien.

Diesel hin oder Strom her, das Grundproblem, um das fast alle Politiker und Politikerinnen einen weiten Bogen machten, sei die exorbitante Mobilität der Menschheit. So gesehen wäre es ein Augenöffner, falls sich die Schwierigkeiten von Tesla akzentuieren würden.

Tesla trend zeigt nach unten 1
Seit Elon Musk Aktien für Milliarden verkauft hat, zeigt der Trend nach unten. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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Eine Meinung zu

  • am 18.04.2024 um 09:27 Uhr
    Permalink

    Für die Neuralinkforschung werden Tiere ohne Betäubung zu Tode gequält; wer mag da noch einen Tesla kaufen? Heilsbringer Musk bringt für PR tonnenweise neuen Schrott ins Weltall; als ob es dort nicht genug Probleme damit hätte. Den lernunfähigen Deutschen, die jedem laut klappernden Unternehmer zujubeln, der in den neuen Bundesländern irgendwas mit Arbeitsplätzen aufs Feld klotzen will, hat er Subventionen herausgesaugt (ja, in unserem Kapitalismus bekommen Milliardäre noch extra Steuergeld) und hinterlässt wahrscheinlich irgendwann eine Industrieruine, die aufwendig saniert werden muss. Musk wird schauen, dass seine Werte gesichert sind; das kann er und darum geht es ihm. Alle anderen werden durch die Finger gucken.

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