Die Schweiz hat noch kein Tor erzielt, ist aber schon Champion
Dank der Magie der Fortpflanzung habe ich das Glück, die Fussballmeisterschaft der unter 15-jährigen Mädchen in meiner Region zu verfolgen. Und zwar vom Spielfeldrand aus. Es ist grossartig. Die jungen Frauen spielen fair. Sie wälzen sich nicht stundenlang auf dem Boden. Sie spielen gut und smart.
Doch noch immer leidet der Frauenfussball leidet an ausgeprägten Stereotypen. Letztes Jahr machte die Universität Zürich einen Test, bei dem sie einem repräsentativen Panel Spielaktionen zeigte. Wenn die Unschärfe keine Unterscheidung des Geschlechts zuliess, waren die Noten für Männer und Frauen gleich. Wenn die gleichen Handlungen nicht mehr unscharf dargestellt wurden, erhielten Männer eine signifikant bessere Bewertung als Frauen.
So sieht es im Jahr 2024 aus – etwas mehr als ein Jahr vor der Frauen-EM.
Die Frauen-EM wird in der Schweiz stattfinden
Die skandinavischen Länder und Frankreich träumten davon, aber wir haben es geschafft! Es ist eine Gelegenheit, die Schweiz in den Mittelpunkt der Medienaufmerksamkeit zu rücken. In ihrem Werbespot, mit dem sie die Veranstaltung bewerben möchten, spielen die Organisatorinnen mit Stereotypen, nicht mit Geschlechterstereotypen, sondern mit helvetischen:
«Schokolade, Käse, Uhren und Berge […] aber […] We love Football»:
Abgesehen davon, wie verblüffend originell diese Werbung ist, es fehlt in diesem Klischee ein zentrales Element: der Mammon! Ach ja! Die Schweiz ist berühmt für ihre Banken und die Haushaltsdisziplin. Es ist doch so: Der Zaster, das sind wir!
In Deutschland sind es die Autos. In Spanien ist es der Jamón, In Schweden sind es die billigen Möbel – und in der Schweiz ist es das Geld.
Wahrscheinlich wollte der Bundesrat das Manko des Werbespots beheben und das unglückliche Vergessen in der EM-Werbung korrigieren: Er schlug vor einigen Wochen vor, den Beitrag für die «Women’s EURO 2025» von 15 auf 4 Millionen Franken zu reduzieren. Und damit nicht genug: Diese 4 Millionen sollen bei anderen Sportveranstaltungen gespart werden.
«Die Finanzlage ist angespannt», begründete der Bundesrat. Damit wollte er dem ganzen Kontinent zeigen, dass die Schweiz rechnen kann. Ein Franken ist bei uns immer noch ein Franken!
Gekürzter Beitrag provoziert Reaktionen
Die Kürzung von 15 auf 4 Millionen ist ein Musterbeispiel für misslungene Kommunikation. Falls das Parlament doch noch einige Millionen mehr locker machen sollte: Der Schaden ist angerichtet.
Die Regierung stellte ihre grosse Motivation unter Beweis, dieses Ereignis zu beherbergen. Die Frauenfussball-EM wird die Aufmerksamkeit von 500 Millionen Fernsehzuschauern in ihren Bann ziehen. Doch der Bundesrat verhielt sich wie ein jungen Banker, der davon träumt, bei Lombard Odier zu arbeiten, aber zum Vorstellungsgespräch in einem Trainingsanzug erscheint, der nach Heu riecht.
Ein deutscher Beamter schlug vor, man solle die Organisation der EM der Schweiz wegnehmen. Nun gut, der Deutsche übertreibt gerne etwas. Aber der peinliche Imageschaden ist da. Und das alles, um 11 Millionen Franken zu sparen.
Dabei geht es für die Schweiz um Peanuts. Das Jahresgehalt eines einzigen Bankers beträgt 11 Millionen. Zumindest in den grossen Jahren. Tidjane Thiam erhielt im Jahr 2018 12 Millionen von Credit Suisse. Er hat sie reichlich verdient. Man sieht ja, was aus diesem Flaggschiff der Banken geworden ist.
Ein Entwicklungsland wie Frankreich richtet die Olympischen Sommerspiele aus. Doch die Schweiz soll es nicht schaffen, mehr als 4 Millionen aus der Bundeskasse für die Frauenfussball-EM freizugeben! In Paris fliessen 125 Millionen Staatsgelder – ohne die hohen Kosten für Sicherheit zu berücksichtigen. Mehr als drei Milliarden investiert Frankreich in die Infrastruktur.
Gut, Frankreich weiss nicht, wie man mit Geld umgeht. Aber was soll’s. Die Franzosen setzen alles daran, langfristig Kapital aus dem Ereignis zu schlagen. Für den Tourismus. Für das Image. Für die «Grandeur».
Letztendlich ist dies der einzige Grund, weshalb sich Länder um die Ausrichtung grosser Sportereignisse überhaupt bemühen. Normalerweise. Aber in der Schweiz leistet sich der Bundesrat einen «Bad Buzz», also eine Negativwerbung, im Wert von 11 Millionen Franken.
Wir haben noch kein einziges Tor erzielt, aber wir sind bereits Champions.
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Diese Kolumne war ein Beitrag von Stéphane Deleury im Radio RTS am 19. März. Übersetzung von Infosperber.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
«Mehr als 500 Mio. Menschen leben in der EU, mehr als 800 Mio. in Europa.» Ich staune jedesmal bei den Utopien zum Frauenfussball, wenn diese Aussagen zum modernen Sport von Frauen kommt. Eine EURO ist auch im Frauenfußball keine WM. Dazu kommt die Kaufkraft welche in Euro-Raum schon lange Tempo passati ist