Kommentar
Hundert Mal gehört: Russlands Wahlen waren Scheinwahlen
Urs P. Gasche © Peter Mosimann
Mindestens fünf Tage lang haben Medien ihre Leser- und Hörerschaft immer und immer wieder in den Nachrichten darüber aufgeklärt, dass die «Wahlen» in Russland alles andere als demokratisch seien, manipuliert würden und wirkliche Gegenkandidaten ausgeschlossen seien. Die Nachrichten aus den Studios wiederholten es fast stündlich. Korrespondenten in Moskau und Wien ergänzten die «News» mit ihren «Einschätzungen» und «Einordnungen», die kaum darüber hinausgingen, dass diese «Wahlen» eben keine Wahlen seien, sondern nur der Legitimation Putins dienten.
Informativ waren einige Reportagen vor Ort.
Doch dass diese Wahlen nicht viel wert waren, wussten alle und hatten nichts anderes erwartet. Es gab weder Spannung noch Überraschungen. Das Resultat stand von Anfang an fest.
Normalerweise führen solche Ereignisse nicht zu einer derartigen Menge an Berichten. Doch dieses Mal informierten die meisten Medien mit ihren vielen Berichten und Schlagzeilen so, als wäre es unerwartet und überraschend zu einer Wahl-Farce gekommen.
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Die Medien-Welle über Putins Wahlen ist wohl mit dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine zu erklären. In Ost und West sind die Medien Teil des Krieges. Je schlechter eine Seite gemacht wird, desto mehr lässt sich ihr unterschieben.
Etwa so: Einen verabscheuungswürdigen Autokraten, der Scheinwahlen durchführen lässt, die Opposition unterdrückt und Menschenrechte verletzt, muss man nicht ernst nehmen, wenn er beispielsweise keine Nato-Raketen an seiner Grenze will. Im Gegenteil: Er hat sie verdient. Als Aggressor will er sich bestimmt nicht nur die halbe Ukraine einverleiben, sondern – sobald es die Schwäche des Westens in wenigen Jahren erlaubt – auch Polen und die baltischen Staaten.
Diese Erzählung ist ein Geschenk des Himmels für die Rüstungsindustrie. Nicht nur Estland, Lettland, Litauen oder Polen rüsten auf, sondern sogar die kleine Schweiz. Panzer müssen her und Flugzeuge! Selig, wer rechtzeitig Aktien der Rüstungskonzerne gekauft hat.
Wer Zweifel äussert, dass es Russland tatsächlich auf Nato-Staaten abgesehen hat, und wer es wagt, das allgemeine Aufrüsten zu hinterfragen, muss sich künftig nicht nur auf den Vorwurf gefasst machen, er sei ein «Putin-Freund», sondern auch auf den Vorwurf, dass ihm die Wahl-Farce offensichtlich egal sei.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Nein, für mich ist das keine «Wahlfarce» in Russland.
Hingegen Jimmy Carter, Ex-USA-Präsident (er muss es wissen), sagte 2015 gemäss Theintercept: «Die USA sind keine Demokratie, sondern von Korruptheit und Bestechung durchsetzte Oligarchie.»
Und «unser lieber» Selenski hat die Wahlen (März 2024) gar nicht erst durchgeführt, sich den «Wahlsieg» ohne Wahlen spendiert, genehmigt, erschlichen oder welche Wortwahl würden all die Medien wählen, die darüber erst gar nicht berichtet? Weil das die Aufgabe der Medien ist, zu lenken? Willkür oder Schlimmeres?
Ihr »Kommentar« trifft meine Meinung genau – merci Herr Gasche!
Ich gestatte mir für die interessierte Leserschaft den Hinweis auf den militärisch-industriellen Komplex. Siehe dazu mit vorgenanntem Begriff die Resultate in gängigen Suchmaschinen.
Leider mehr der Militärisch-industrielle-parlamentarische-Medien komplex.
Ein geklüngel in dem sich die Vertreter von Vorständen, Lobbyisten und Parlamentariern konstant gegenseitig die Klinke in die Hand drücken und dabei noch die Dreistigkeit besitzen dabei zu sagen, es bestünde kein Interessenskonflikt.
Nachdem wir im Mittelalter erkannt haben das die Verflechtung von Kirche und Staat keine gute Sache ist sollten wir im 21 Jahrhundert erkennen, dass es eine ebenso schlechte Sache ist, ähnliche Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Staat zu haben und ebendiese konsequent unterbinden.
Nein ich bin nicht der Meinung, dass „Lobbyist“ ein Beruf(sbild) ist.
Vor allem fällt halt auf, dass die Wahlen zur US-Präsidentschaft nicht annähernd ähnlich penetrant als die Farce bezeichnet werden, die sie nun einmal sind. Ein halbes Jahr vor der eigentlichen Wahl steht schon fest, dass von mehreren hundert Millionen Bürgern, die verfassungsgemäss wählbar wären, gerade mal zwei Kandidaten aus dem gleichen Machtklüngel übrig sind: ein Greis und ein (Proto-)Faschist. Zusammen werden die auf weit mehr Wähleranteil kommen als Putin in Russland. Das zu kritisieren wäre zumindest für die amerikanischen Medien insofern auch sinnvoller, weil das Publikum Einfluss nehmen könnte. Die Wahlen in Russland sind nun einmal, egal wie fair oder eben nicht, Sache der Russen.
Natürlich ist der russische Überfall auf die Ukraine ein Geschenk für die westliche Rüstungsindustrie. Aber es ist kein Geschenk des Himmels. Der «edle Spender» heisst vielmehr Vladimir Putin. Er demonstriert gerade, wie nützlich es ist, Nato-Mitglied zu sein. Oder umgekehrt: Wie verlustreich es ist, nicht Mitglied zu sein.
Gut auf den Punkt gebracht!
Diese „Dauerberieselung“ mit schon längst bekannten „News“ ähnelt religiösen Riten: sie erzeugen eine Gleichschaltung des Fühlens und bewirken die Abschaltung des Verstandes.
Treffend formuliert Herr Gasche. Dem kann ich nur zustimmen.
Der Angriffskrieg auf die Ukraine ist zweifellos zu verurteilen, wie es ausnahmslos jeder Krieg ist. Aber da existiert in unseren kranken Köpfen ein «gerechter» und «ungerechter» Krieg, mit zurecht und ungerecht ermordeten Menschenkindern. Unsere Frage ist immer nur, wer ihn ausführt. Heisst der Aggressor Breschnev und Putin, oder heisst er etwa Bush und Bush, Obama oder gar Kennedy? Das ist offensichtlich nie dasselbe. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Amerikaner oder ihre Verbündeten während eines vom Westen ausgetragenen Krieges in Vietnam, Irak, Libyen, Afghanistan oder im Balkan mit irgendeinem Boykott belegt worden wären.
Leute, die sich mit Massenmördern wie Bandera gemein machen und dessen Symbole in der EU dulden, die es Lettland erlauben, SS-Veteranenverbände marschieren zu lassen, die klammheimlich unterschlagen, wer Auschwitz befreit und den allerhöchsten Blutzoll bezahlte, haben kein Recht, über Putin herzufallen. Sie sind geschichtsvergessen. Sogar Adenauer ist brav und höflich nach Moskau geflogen, um mit Bulganin und Chruschtschow die Herausgabe der letzten deutschen Kriegsgefangen zu verhandeln. Selbst ihm wäre es nie eingefallen, diesen Herren in einer Anrede ihre Titel vorzuenthalten oder sie in irgendeiner Weise undiplomatisch zu beleidigen. Aus allen Rohren wird heute gegen Russland gehetzt; sogar die Nuklearbedrohung wird heruntergespielt.
Illegitime Wahl, illegitimer Präsident, folglich kein Verhandlungspartner für einen Waffenstillstand.
Was dabei aber vergessen wird: Navalny – Putins Konkurrent – plötzlich tot – meinte wohl einst, dass die Krim zu Russland gehöre und seine Frau äußerte sich gleichermaßen. Gerade deshalb weigerte sich die First Lady der Ukraine kürzlich, mit Frau Navalny zusammen zu einer Veranstaltung von Joe Biden in die USA zu reisen. Und Navalyana wiederum kündigte die Nennung der Mörder ihres Mannes an, und dass sie alle zur Verantwortung gezogen würden. Mal sehen, ob das Thema nochmal hochgezogen wird, oder auf dem Grund der Weltgeschichte landet.
Ja, danke, das ist eine wichtige Erläuterung zur Beobachtung, wie unsere meinungsbildenden Leitmedien politische Kampagnen geschickt als Information verkaufen. Dass man unter den politischen Bedingungen Russlands, wie übrigens in zahlreichen anderen autoritär regierten Staaten auch, nicht von demokratischen Wahlen gesprochen werden kann ist Binsenwahrheit und es gibt keinen Grund uns das täglich unter die Nase zu reiben. Aber es geht bei der medialen Berichterstattung ja auch nicht darum die Urteilsfähigkeit der Bevölkerung zu stärken, sondern darum Stimmung zu erzeugen, die Welt in Gut und Böse zu unterteilen. Wir sehen das am deutlichsten an den täglichen an Einseitigkeit nicht zu übertreffenden Kommentierungen des Geschehens im Nahen Osten.
Einem Autokraten, der keine Nato-Raketen an seiner Aussengrenze will, muss man alles Mögliche und Unmögliche unterschieben. Auch dass er wieder ein sowjetisches Imperium errichten will und Europa überfallen wird. Erstaunlich, dass man all diesen Räubergeschichten auf den Leim geht. Es war einmal eine Aufklärung, mit der Anregung, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen als Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit.
Die USA würden wohl ein feindliches Militärbündnis an seinen Aussengrenzen, z.B. auf Cuba, oder Mexiko oder Kanada begrüssen?
Zu den Wahlen in Russland gibt es ein interessantes Video von Herrn Köppel (YT-Kanal Die Weltwoche, «Verfassungsrechtler Karl Eckstein über die Wahlen …»). Herr Eckstein ist Schweizer und lebt seit den 80erJahren in Russland. Er wurde als Verfassungsrechtler eingeladen von der russischen Wahlkommission, um das Wahlverfahren kritisch zu untersuchen.