Abstimmung SUV Parkgebühren Paris

«Mehr oder weniger SUV in Paris?» Die Pariser Stadtbevölkerung entschied sich am 4. Februar für weniger. © Joséphine Brueder/Ville de Paris

XXL-Parktarife für SUV in Paris: Und die Schweiz?

Esther Diener-Morscher /  Paris verlangt von Besuchern mit schweren Autos künftig dreifache Parkgebühren. Andere Städte haben ähnliche Pläne.

Paris wird für schwere Geländewagen zum teuren Pflaster: Schon eine Stunde Parkieren auf öffentlichen Parkplätzen kostet die Fahrer künftig 18 statt der üblichen 6 Euro. Für sechs Stunden Parkieren im Zentrum steigen die Tarife sogar auf 225 Euro.

Mit dem Sondertarif für schwere Autos will die Pariser Stadtregierung die von ihnen verursachten Belästigungen begrenzen. SUV verursachen schwerere Unfälle, verschmutzen die Umwelt stärker und brauchen mehr Platz.

Die höheren Parktarife gelten für Autos ab einem Leergewicht von 1,6 Tonnen. Bei Elektrofahrzeugen liegt die Limite bei 2,0 Tonnen. Nur Auswärtige zahlen mehr. Anwohner sind ausgenommen, ebenso Handwerker und Gesundheitsfachleute.

Die Pariser Massnahme hat Vorbildcharakter: Auch andere französische Grossstädte wie Lyon, Bordeaux oder Grenoble wollen höhere Parkgebühren für die schweren Autos.

Das hat wiederum den französischen Automobilclub «40 millions d’automobilistes» aufgeschreckt. Dieser hat vor gut zwei Monaten eine Petition «Stopp dem Kampf gegen SUV» lanciert. Die Begründung: Im ersten Halbjahr 2023 seien 46 Prozent der Neuzulassungen in Frankreich SUV gewesen, was zeige, dass die Wagen beliebt seien. Opfer der erhöhten Parktarife seien vor allem Familien, die sich ein Auto mit mehr Platz gönnten.

Das ist ein Scheinargument. Sogar der autofreundliche deutsche Automobilclub ADAC räumt ein: In einem SUV hat es nicht mehr Platz als in anderen Autos. Weil ein SUV mehr Bodenfreiheit und eine wuchtige Motorhaube habe, gehe Platz verloren. Im Vergleich zu einem Kombi sei aber das «Raumgefühl bei einem SUV besser».

Betroffen von den massiv höheren Parkgebühren sind unter anderen der Audi Q3 (1,7 Tonnen), der A3 hybrid (1,6 Tonnen), der Porsche Cayenne (2,0 Tonnen) und der Ranger Rover (2,5 Tonnen). Nicht betroffen sind hingegen die drei in Frankreich am meisten gekauften Modelle Peugeot 2008, der Renault Captur und der Dacia Duster. Die Liste der betroffenen Autos ist hier abrufbar.

Deutschland will auch

In Deutschland rief vor einigen Tagen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) alle deutschen Städte dazu auf, nach Pariser Beispiel höhere Parkgebühren für immer grösser werdende SUV festzulegen. «Die Monster-SUV bedrohen Fahrradfahrer und Fussgänger, vergiften mit ihren Abgasen die Atemluft und tragen mit ihren hohen CO2-Emissionen zur Klimakatastrophe bei», begründet die DUH ihre Forderung. Zusätzlich zu den Parkgebühren müsse es verbindliche Grössen- und Gewichtsvorgaben für Autos geben. Auch der Grüne Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay, will sich Paris zum Vorbild nehmen.

Und die Schweiz?

Infosperber fragte beim Bundesamt für Strassen (Astra) nach. Denn auch in der Schweiz sind SUV für die drei oben genannten Probleme verantwortlich: Sie verursachen mehr Unfälle, die Unfallfolgen sind schwerer – zumindest für die anderen Unfallbeteiligten -, und sie brauchen grössere Parkfelder. «Was spricht dagegen, dass auch die Schweiz höhere Parkgebühren für SUV einführt?», wollte Infosperber deshalb wissen. Das Astra antwortete bis Redaktionsschluss nicht. Infosperber wird die Antwort nachliefern.

Nachtrag Astra vom 7. Februar 2024: Nach Redaktionsschluss hat das Astra mitgeteilt, dass es keine Stellung nehme. Die Begründung: «Ausser den Rastplätzen, die der Erholung der Fahrzeuglenkenden dienen, betreibt das Bundesamt für Strassen (Astra) keine Parkplätze. Ihre Frage müssten Sie daher an kommunale Stellen oder an private Parkhausbetreiber stellen, welche in ihren entsprechenden Reglementen die Parkgebühren regeln.»

Nachtrag Infosperber vom 7. Februar 2024: Was das Astra verschweigt: Seit 2022 gelten in der Schweiz neue Normen für die Grösse von Parkplätzen. Die minimale Breite beträgt seither 2,50 statt 2,35 Meter. Damit berücksichtigen die zuständigen Fachleute des Schweizerischen Verbands der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS) nach eigenen Aussagen «die Entwicklung des schweizerischen Fahrzeugsparks».

In der Schweiz wird für grosse Fahrzeuge also grosszügig Platz geschaffen. Viele Gemeinden verlangen die neuen Masse auch bei privaten Bauten. Das erhöht die Baukosten und verbraucht mehr Kulturland.

Die Schweizer Städte zeigen unterschiedlich grosses Interesse daran, grosse Autos mehr für ihre Platzansprüche zahlen zu lassen.

Basel-Stadt prüft derzeit nicht nur «spürbare Aufschläge» auf den Parktarifen für breite Autos. Es wird sogar darüber diskutiert, ob überbreite Fahrzeuge gar keine Parkkarte mehr erhalten und diese nur noch auf Privatgelände parkiert werden dürfen.

In der Stadt Zürich wird momentan die Parkkartenverordnung überarbeitet. Ein grüner Parlamentarier hat die Idee auf den Tisch gebracht, dass schwere Autos in der blauen Zone künftig mehr bezahlen müssen

Sondertarife seien derzeit kein Thema, teilt Bern mit.

In Paris grünt es

In der französischen Hauptstadt ist eine Verkehrswende im Gang. Etliche Uferstrassen an der Seine sind für Autos gesperrt worden und nur noch für Fussgänger zugänglich. Das Radwegenetz in Paris wächst, die Zahl der Autofahrspuren und Parkplätze sinkt. Im Stadtgebiet gilt grossflächig Tempo 30. Für Motorroller mit Benzinantrieb müssen Parkgebühren gezahlt werden.

Seit September gibt es in Paris auch keinen E-Trottinettverleih mehr, weil sie den Verkehr unsicher machten und oft kreuz und quer herumlagen. Auf der Stadtautobahn, der stark befahrenen «Périphérique», will die rot-grüne Regierung die Höchstgeschwindigkeit von 70 auf 50 Kilometer pro Stunde senken.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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2 Meinungen

  • am 6.02.2024 um 19:10 Uhr
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    Mal sehen, inwieweit diese Nummer mit EU-Recht vereinbar ist. Die Parallelen mit dem gescheiterten deutschen Versuch einer ‹Ausländermaut› drängt sich dabei auf.
    Am Schluss wird es dann zunächst so kommen, dass alle SUV-Besitzer, inkl. den Einheimischen bezahlen werden. Irgendwann werden schliesslich alle bezahlen, unabhängig von Gewicht und Antriebsform. Um nichts weniger als das geht es schlussendlich. Bei uns nennt man das euphemistisch ‹Lenkungsabgabe›.
    Zu dumm, dass die Leute das nicht kapieren und ernsthaft glauben, dass eine solche Gesetzgebung zu ihrem Nutzen sein soll.
    Zuerst an die niederen Instinkte appellieren, um das Ziel zu erreichen, danach fallen die Masken und die böse Überraschung für alle kommt zum Vorschein.
    Gewiss kann und muss man sich über den Un/Sinn 3 Tonnen schwerer Fahrzeuge streiten, aber hier geht es einmal mehr nur um Ideologie und nicht um Pragmatismus. Bis heute ist ja nicht einmal geklärt, welche Fahrzeuge unter dem Begriff SUV zu subsumieren sind.

  • am 7.02.2024 um 14:03 Uhr
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    @Pascal Spring. Was wäre dann eine nicht-ideologische, «pragmatische» Lösung? Was ist das Problem, wenn alle für ihre übergewichtigen SUV bezahlen? Sehe auch nicht ein, wieso Paris nicht selbst bestimmen kann, was 1 Stunde Parkieren kostet.

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