Immer mehr PR und weniger unabhängiger Journalismus
Infosperber will die oftmals PR-getriebene Information anderer Medien unterlaufen und so einen unabhängigen Beitrag zur uneingeschränkten Meinungsbildung leisten.
- Bundesbern: Die sieben Departemente des Bundes beschäftigen sage und schreibe 414 Vollzeitstellen für die PR-Kommunikation. Der Bund gab im Jahr 2023 insgesamt 110.5 Millionen Franken für Öffentlichkeitsarbeit aus. 2017 waren es noch 78,6 Millionen Franken (NZZ am Sonntag vom 14.4.2024).
- Privatwirtschaft: Den Umsatz der privaten Branche Public-Relations- und Unternehmensberatung in der Schweiz soll im Jahr 2022 rund 14 Milliarden Franken betragen haben. Der Nettoertrag der Mitglieder des Bundes der PR-Agenturen der Schweiz (BPRA) beläuft sich auf rund 80 Millionen Franken. Sowohl die «Leading Swiss Agencies» als auch Andreas Furrer von furrerhugi sagen, sie würden die ungefähren Gesamtumsätze privater PR-Aktivitäten in der Schweiz nicht kennen.
Zitate-Sammlung zur PR-Situation der Medien
«Mächtige Akteure geben viel Geld aus, um die Nachrichten im eigenen Interesse zu beeinflussen […] Es wird immer wieder deutlich, dass Journalisten den PR-Einfluss auf ihre Arbeit weiterhin unterschätzen, ja geradezu verdrängen.»
Professor Stephan Russ-Mohl, Universität der italienischen Schweiz, Lugano, in NZZ vom 4.9.2023
«Seit Jahren findet eine starke Gewichtsverschiebung zwischen freier Publizistik und der interessengebundenen Kommunikation statt. Die meisten Redaktionen wurden radikal heruntergespart […] Dem arg geschwächten Haufen der freien, fragenden Publizisten stehen Hunderte von Unternehmen, Verbänden, NGOs und Verwaltungen gegenüber, die alle gelernt haben, dass Kommunikation […] zu den Kernaufgaben von Führungskräften gehört.»
Karl Lüond, NZZ vom 20.1.2023
«Vielleicht bin ich ein Auslaufmodell: Aber ich habe Journalismus noch so gelernt, dass er vor allem die Regierenden kontrollieren und kritisieren soll, nicht die Opposition. Dass er alles in Zweifel ziehen soll, und nicht gegen Zweifler agitieren und Wahrheiten zementieren. Dass man als Journalist gegen den Strom schwimmen soll, und sich nicht vom ihm treiben lassen darf.»
Boris Reitschuster, reitschuster.de
«Die in den redaktionellen Maschinenräumen ständig präsenten Nutzerdaten und das Wissen darum, dass die Kollegen und die Chefs den Erfolg oder Misserfolg der eigenen Artikel stets registrieren können, verändern fundamental die Art, wie die Journalisten Aktualitäten auswählen und aufbereiten … Die Angst vor schlechten Quoten sitzt jedem im Nacken.»
Rainer Stadler, NZZ-Medienredaktor, in der NZZ vom 15.8.2020
«Seriöser Journalismus ist unverzichtbar, ja systemrelevant für eine Demokratie … Journalismus, der sich vollkommen dem Diktat der Quote unterwirft, ist schlechter Journalismus. Die Einordnung von Ereignissen nach Kriterien der Relevanz ist eine Kernaufgabe des Journalismus.»
Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaften an der Universität Tübingen, in Der Bund vom 7.3.2020
«Angesichts schrumpfender Werbeeinnahmen wächst die Macht der Inserenten. Entsprechend sind Medienhäuser und ihre Redaktionen versucht, vorauseilenden Gehorsam zu praktizieren. Das ist höchst problematisch.»
NZZ-Medienredaktor Rainer Stadler, in der NZZ vom 21.4.2016
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«Als Verleger kann ich nicht den Helden spielen und dabei einen Grosskunden verärgern…Eine saubere Trennung zwischen dem Werbemarkt und dem redaktionellen Teil einer Zeitung ist viel schwieriger geworden als vor zwanzig Jahren.»
Hanspeter Lebrument, Präsident des Verbandes Schweizer Medien, in NZZ am Sonntag vom 17.6.2016
«Wenn die Migros bei mir ein Inserat macht, dann muss sie sich nicht blöde heruntermachen lassen. Das ist einfach so…Den Kunden und Unternehmen sage ich folgendes: Wenn ihr nicht zufrieden seid mit den Medien, dann müsst ihr aufhören, Inserate zu schalten.»
Markus Somm, Verleger und Chefredaktor der Basler Zeitung, auf Radio 1, April 2016
«PR wird vom Journalismus unabhängiger, während der Journalismus immer mehr in die Abhängigkeit der PR gerät.»
John Lloyd, Senior Research Fellow am Reuters Institute, 2015
«Gemäss neueren Statistiken des US-Arbeitsministeriums sind PR-Leute in den USA gegenüber den Journalisten inzwischen in einer vier- bis fünffachen Übermacht.»
Professor Stephan Russ-Mohl, Universität der italienischen Schweiz, Lugano, in NZZ vom 30.6.2015
«Je weniger Leute schneller publizieren müssen, desto unkritischer wird ihre Berichterstattung, desto grösser der Einfluss wirtschaftlicher und politischer PR.»
Jean-Martin Büttner, Redaktor, im Tages-Anzeiger, vom 4.3.2015
«Ein (Online)-Medium, das kein Profil hat, wird austauschbar und es im Digitalen schwer haben.»
Alexandra Stark, Master in «New Media Journalism» und Studienleiterin MAZ, vom 15.1.2015
«Es gilt, die Zivilgesellschaft vom sich auftürmenden Infomüll zu befreien und stattdessen mit ‹hochwertigem› Journalismus zu versorgen, der professionellen Standards genügt, sich von wachsender PR-Abhängigkeit befreit und sowohl politisch als auch von Medienkonzernen unabhängig ist.»
Professor Stephan Russ-Mohl, Universität der italienischen Schweiz, Lugano, in NZZ vom 9.4.2013
«Das Ungleichgewicht und das Kompetenzgefälle zwischen den unabhängigen Medien und der PR-Industrie wächst jeden Tag.»
Karl Lüond, Publizist und Buchautor, in NZZ am Sonntag vom 19.5.2013
«Wir haben immer mehr Medienkanäle, aber immer mehr Einheitsbrei und weniger Auswahl.»
Konservativer US-Kolumnist William Safire
«Die einst renommierte ‹Los Angeles Times› ist dramatisch geschrumpft, das Redaktionsgebäude wirkt wie ein Geisterhaus.»
Nicolas Berggruen, Investor, in der Sonntags-Zeitung vom 16.6.2013
«Der öffentliche Diskurs gerät zunehmend unter den Einfluss der PR-Industrie. Akteure, die über grosse finanzielle Mittel verfügen und ganz bestimmte Interessen verfolgen, aber meist anonym bleiben, gewinnen an Definitionsmacht.»
Pietro Supino, Verleger Tamedia, im Magazin 42/2010
«Gemäss seriösen Studien sind etwa 75 Prozent des redaktionellen Inhalts von PR bestimmt, was ich nur bestätigen kann.»
Klaus J. Stöhlker im Klartext 5/09
«Die Medien sind beeinflusst bis manipuliert von immer zahlreicheren PR-Beratern und Fassadenmalern…Ein wesentlicher Teil der redaktionellen Inhalte sind mittlerweile ‚Convenience Food aus den PR-Küchen.»
Karl Lüond «Die Macht der Ehrlichkeit», Rüegger-Verlag 2010
«Wir verhandeln bei der Mediaplanung mit den Verlegern immer über einen redaktionellen Support…Ich bin der Meinung, dass die ‹chinesische Mauer›, hinter der sich viele Journalisten verstecken, im Sinne eines journalistischen Frühlings niedergerissen werden muss.»
Peter Marti, Inhaber der Werbe- und PR-Agentur Marti.Seiler AG, Edito+Klartext 05/06/2012
«Bei Fach- oder Special-Interest-Magazinen ist es seit jeher ein offenes Geheimnis, dass das Inserat und der redaktionelle Beitrag dieselbe Zielgruppe mit derselben Information zur selben Handlung motivieren wollen.»
René Eugster, Inhaber Agentur am Flughafen
«Aus leidvoller Erfahrung als Leser, aber auch als Werber, muss ich sagen: Bitte erhalten und schützen wir die redaktionelle Unabhängigkeit, solange es nur irgendwie geht.»
Geri Aebi, CEO der Wirz-Gruppe
«Der Teufel sind die Unwissenden – jene, die eine Meinung haben, aber keine Ahnung.»
Fatih Akin, Filmproduzent, NZZ am Sonntag 12.10.2014