Robert Rubin

Robert Rubin, die graue Eminenz der amerikanischen Finanzszene © cfr

Robert Rubin: «Schreckliche Defizite» bestimmen den Wahlkampf

Christof Leisinger /  Die «graue Eminenz der USA» warnt vor steigenden Renditen, einer wilden Marktkorrektur, und sie plädiert für Steuererhöhungen.

Der frühere amerikanische Finanzminister Robert Rubin gilt als «graue Eminenz» der Wallstreet und warnt als solche, die USA befänden sich in Bezug auf ihre Bundesdefizite in einer «schrecklichen Lage». Im Gegensatz zu Republikanern wie etwa dem Schuldenkönig Donald Trump plädiert er für Steuererhöhungen, um den im Trend immer weiter ausufernden Defiziten entgegenzuwirken.

«Die Risiken sind enorm, und einige davon konkretisieren sich bereits, wie zum Beispiel höhere Zinssätze», erklärte Rubin am Mittwoch in der Wall Street Week mit David Westin von Bloomberg Television. Der Anstieg der längerfristigen Staatsanleiherenditen um etwa drei Prozentpunkte in den vergangenen Jahren sei zum Teil auf die Budgetprobleme und deren Auswirkungen auf die Inflation zurückzuführen, sagte er.

Die Risiken sind grösser als vor gut 30 Jahren

Die Risiken seien heute sogar noch grösser als Anfang der 1990er Jahre, als der neue Präsident Bill Clinton ein Paket zur Budgetkürzung schnürte, um das Defizit zu verringern, sagte Rubin. Die Gefahr bestehe darin, dass Märkte, wenn sie «nicht mehr mit der Realität übereinstimmen», «gewaltig korrigieren» könnten – wie es geschehen sei, als die Prämien griechischer Anleihen gegenüber deutschen Anleihen während der Eurokrise in die Höhe schossen, sagte er.

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Die Amerikaner erwirtschaften sogar in Friedenszeiten enorme Budgetdefizite

Der Mann unterstützt die Infrastruktur- und Ausgabenpläne von Präsident Biden. Er führt den Anstieg der Schulden in den vergangenen Jahrzehnten zu einem grossen Teil auf Steuersenkungen zurück. «Mit Blick auf die Zukunft müssen wir uns sowohl mit Ausgaben als auch mit Steuern befassen», erklärte er. «Wenn man die Sache realistisch betrachtet, denke ich, dass man sich weitgehend auf die Steuerseite verlassen muss», sagte er.

Rubin schätzte, dass etwa zwei Drittel des Schuldenzuwachses von 2000 bis 2022 auf Steuersenkungen zurückzuführen waren, die von republikanischen Regierungen umgesetzt wurden. Ohne diese Reduktionen läge das Verhältnis der Schulden zum Bruttoinlandsprodukt heute bei rund 63 Prozent und nicht bei etwa 100 Prozent, sagte er.

Trotz des starken Wirtschafts- und Beschäftigungswachstums beträgt die Lücke im Bundesbudget mittlerweile etwa 6 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP), ein historisch grosser Wert -, wobei steigende Zinskosten für die Schulden einer der Gründe dafür sind. Es weist auf längerfristige Budgetrisiken hin, die zu neuen Warnungen von Ökonomen, Politikern und Ratingagenturen geführt haben.

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Die amerikanischen Schulden wachsen schneller als die Wirtschaftsleistung

Die enorme Differenz zwischen den Ausgaben- und Einnahmenzahlen der Regierung ist im Kongress immer wieder ein heisses Thema, und die Polarisierung in Washington hat es den Politikern erschwert, sich auf Massnahmen zur Defizitreduktion zu einigen. «Es wird viel geredet, aber die Gespräche sind politisch immer gespalten zwischen den Republikanern, die sich weigern, Steuern zu erhöhen, und den Demokraten, die nicht gegen das Anspruchsdenken vorgehen wollen», sagte er. Rubin hoffte, dass Washington nach den Wahlen im November Schritte unternehmen werde, um das Defizit anzugehen, fügte aber hinzu: «Darauf würde ich nicht wetten».

Werden die Defizite und die Schulden zum zentralen Wahlkampfthema?

Das enorme Defizit und die allgemeine Schuldenlast werden wahrscheinlich ein zentrales Thema der Wahlkampfdebatte sein, insbesondere da ein Grossteil des Steuersenkungspakets des ehemaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Jahr 2017 im Jahr 2025 auslaufen soll. Während Massnahmen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums dazu beitragen würden, die Produktion zu steigern und dadurch die Schuldenlast zu verringern, müssten die USA dennoch Massnahmen ergreifen, um das Budget zu straffen, sagte Rubin. Er fügte hinzu, dass weitere von Trump befürwortete Steuersenkungen das Problem nur verschärfen würden. «Ich glaube nicht, dass es irgendwelche Auswirkungen auf das Wachstum haben wird», sagte Rubin.

Rubin sollte in den 1990er Jahren zunächst als Vorsitzender von Clintons National Economic Council und dann als Finanzminister eine historische Verbesserung des Bundesbudgets überwachen. Kritiker dagegen machen ihn dafür verantwortlich. Immerhin setzte die Clinton-Regierung Steuererhöhungen durch und erlebte einen Wirtschaftsboom nach dem Kalten Krieg. Dieser trug dazu bei, das Budgetdefizit drastisch zu verringern und am Ende des Jahrzehnts sogar Überschüsse zu erzielen.

Eine solidere Budgetführung in den USA würde die potenziellen Risiken an den Finanzmärkten und in der Weltwirtschaft aufgrund der entstandenen Ungleichgewichte in Form hoher Schulden und überteuerter Vermögenswerte verringern, auch für die Schweiz. Schliesslich sitzt die Nationalbank auf enormen Wertpapierpositionen, und der Franken gerät regelmässig zu Lasten der Schweizer Wirtschaft unter Aufwertungsdruck, sobald es turbulent wird.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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Eine Meinung zu

  • am 28.01.2024 um 13:34 Uhr
    Permalink

    Interessant, wie die Einflüsse von Ronald Reagan (Steuersenkungen, Republikaner) und Bill Clinton (Steuererhöhungen, Demokraten) in den Kurven sichtbar werden. Die dann folgende relativ lange Zeit der Republikaner führt dann wieder zu verstärkten Defiziten. Biden von den Demokraten ändert nichts daran, im Gegenteil, und möglicherweise würde Trump den fatalen Trend noch weiter verstärken.

    Es ist naturgemäß zwangsläufig, dass der extreme Anstieg der Schulden der letzten Jahre gegenüber der Wirtschaftsleistung auf maßlos erhöhte Profitraten zurückgehen muss, denn den Geldvermögen stehen die Verbindlichkeiten (Schulden) spiegelbildlich gegenüber. Die Summe ist Null. Nicht Krieg und Hegemonie sind die Treiber, sondern es können nur die ausufernden Gewinne sein. Ähm, manche würden Gier sagen.

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