Migros-Magazin wird endgültig zum Werbeblatt
Die Migros will keine eigenständige Zeitung mehr herausgeben. Künftig bestimmt das Marketing, was im Migros-Magazin steht. Oder wie es laut dem Fachportal Konsider in einer internen Mitteilung an die Angestellten heisst: Die Migros will «die Kommunikation an die Kundinnen und Kunden des Supermarkt-Geschäfts aus einer Hand führen und die Bespielung und Entwicklung der Kanäle für die Supermarkt-Themen zentral steuern».
Zu diesem Zweck integriert der Detailhändler die Direktion Kommunikation & Medien in die Abteilung Marketingkommunikation der neuen Supermarkt AG. Das Migros-Magazin soll Ende Februar 2024 neu lanciert werden.
Und Gottlieb Duttweiler dürfte sich im Grab umdrehen. Denn er hatte sich stets für unabhängige Medien stark gemacht:
- 1935 gründete er die erste Migros-Zeitung, «Die Tat». Und diese hatte alles andere zum Zweck, als für die Migros zu werben.
- 1942 folgte «Wir Brückenbauer». Die Wochenzeitung war die Vorgängerin des Migros-Magazins.
Zu wenig Inserate und ein Streik der Redaktion
«Die Tat» erschien bis 1978. Zuerst als Wochenzeitung, dann als abends erscheinende Tageszeitung und schliesslich als Boulevardzeitung. Als Wochenzeitung war «Die Tat» zuerst vor allem das Parteiorgan des Landesrings der Unabhängigen (LdU). Doch als Abendzeitung gewann sie hohes Ansehen auch ausserhalb der Schweiz, vor allem wegen ihrer literarischen Wochenendbeilage.
Wegen ihrer Nähe zur Migros hatte «Die Tat» aber immer weniger Inserateeinnahmen.
1977 stellte der damalige Migros-Präsident Pierre Arnold die Abendzeitung ein und versuchte sie als Boulevardzeitung weiterzuführen. Der wirtschaftskritische und scharfe Stil bewog ihn jedoch bereits nach 16 Monaten, den Chefredaktor Roger Schawinski zu entlassen. An dessen Stelle setzte er, ohne Anhörung der Redaktion, Karl Vögeli ein, der einen gemässigteren Kurs des Blattes garantieren sollte. Der darauffolgende Proteststreik der Redaktion führte zur Einstellung der Boulevardzeitung Ende September 1978, nur anderthalb Jahre nach ihrer Einführung.
«Wir Brückenbauer – Das Wochenblatt des sozialen Kapitals»
Vorgängerin des Migros-Magazins war nicht «Die Tat», sondern die Wochenzeitschrift «Wir Brückenbauer – Das Wochenblatt des sozialen Kapitals». Der «Brückenbauer» wurde 2004 in «Migros-Magazin» umbenannt.
Die redaktionelle Unabhängigkeit der Zeitschrift wurde schon ab und zu angezweifelt. So enthüllte die Konsumentenzeitschrift Saldo letztes Jahr, dass sich das Migros-Magazin – gleich wie auch die Coop-Zeitung – für redaktionelle Beiträge bezahlen lässt. Rund 30 000 Franken verlangt sie für eine Seite. Stossend daran ist, dass die Artikel für die Leser nicht als Werbung erkennbar sind.
Die Migros sieht darin allerdings keinen Verstoss gegen journalistische Grundregeln. Die Artikel würden «unabhängig recherchiert und geschrieben» und müssten dementsprechend nicht gekennzeichnet werden, erklärte die Migros.
2019 hat die Migros zusammen mit Coop ihre Mitgliedschaft beim Verband Schweizer Medien gekündigt. Da die Migros kein klassischer Verlag ist, sei der Nutzen einer Partnerschaft zu gering, begründete die Migros den Entscheid.
Das Migros-Magazin erscheint jede Woche mit 1,5 Millionen Exemplaren und ist damit nach der Coop-Zeitung die zweitgrösste Zeitung der Schweiz.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Was soll dieser Beitrag von Esther Diener-Morscher bezwecken?
Ist doch völlig klar und offengelegt: Migros und COOP verteilen ihre eigenen Zeitungen. Das sind Konzerne, nicht Tageszeitungen, die ihre eigene Sicht verbreiten dürfen. Und ich als Leser weiss genau, dass dahinter Migros oder COOP steckt. Für mich somit alles klar.
Ganz anders bei Tagesmedien wie Tagi, NZZ oder Top online. Da wird mit verdeckten Karten gespielt. Ich weiss nicht wehr mit welchen Absichten dahinter steckt.