Coop und Migros kopieren einander – der Käse stinkt bei beiden
Coop und Migros scheinen ihren Kunden und Kundinnen gerade sagen zu wollen: «Eigentlich ist es egal, wo ihr einkauft. Migros oder Coop? Hans was Heiri.»
Das geht so weit, dass die beiden Detailhändler auf ihren Plakaten mit den gleichen Aussagen werben. Beide bilden Käse ab. Coop schreibt: «Chli stinke muess es.» Die Migros: «In jeder Region anders stinken. Das ist Migros.»
Schon immer nachgeahmt
Coop und Migros haben einander schon immer nachgeahmt. Nur dauerte es früher Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, bis der Konkurrent nachzog:
- Die Migros eröffnete 1954 in einem Genfer Hinterhof ihre erste Migrol-Tankstelle. Erst 20 Jahre später – nach der Ölkrise von 1973 – zog Coop mit einer OK-Tankstelle in Buchs SG nach.
- 1959 eröffnet die Migros in Zürich-Albisrieden unter dem Namen «Do-it-yourself» den ersten Baumarkt. Heute heisst er «Do it + Garden». Coop brauchte wieder fast 20 Jahre bis zur Eröffnung des «Heim + Hobby» in Bern-Bethlehem. Heute heisst der Coop-Baumarkt «Jumbo».
- Die Migros-Bank gibt es seit 1958. Die Bank Coop gab es ab 1994. Inzwischen heisst sie Bank Cler.
- Etwas schneller ging es bei den Kundenbindungsprogrammen. Die Migros lancierte die «Cumulus»-Karte im Jahr 1997. Coop tat es ihr im Jahr 2000 mit der «Supercard» gleich.
Billiglinien gegen Aldi
Stets hatte die Migros die Nase vorn. Auch 1996. In weiser Voraussicht baute sie ab 1996 die Billiglinie «M-Budget» auf. Coop schaute zu und profitierte noch während Jahren von den hohen Preisen, welche die Kundschaft zahlen musste. Doch Anfang 2005, als klar wurde, dass Aldi im Laufe des Jahres die ersten Schweizer Filialen eröffnen würde, musste es plötzlich schnell gehen.
Coop lancierte die Billiglinie «Prix Garantie». Neu waren nicht die Produkte, sondern die Verpackung – und vor allem der Preis. Gegenüber der Konsumentenzeitschrift «Saldo» musste ein Coop-Manager im August 2005 einräumen, «…dass zwei Drittel der 150 ‹Prix-Garantie›-Produkte identisch mit denjenigen der Coop-Eigenmarken sind».
Salopp verkündete er: «Coop hat einfach die meistverkauften Produkte in einer grösseren Verpackung genommen und ‹Prix Garantie› draufgeschrieben.» Damit machte er den Coop-Kunden und -Kundinnen klar, dass sie während Jahren zu viel bezahlt hatten.
Im Oktober 2005 eröffnete Aldi die ersten Schweizer Filialen in Altenrhein SG, Amriswil TG, Gebenstorf AG und Weinfelden TG. Dreieinhalb Jahre später zog Lidl mit den ersten Filialen in der Schweiz nach.
Seit dem Markteintritt der deutschen Discounter sind die Preise bei Migros und Coop gesunken. Die Konsumentenzeitschrift «K-Tipp» konstatierte schon vor über sieben Jahren: «Ganz offensichtlich hat der Markteintritt von Aldi und Lidl die Migros und Coop gezwungen, die Preise bei den Billiglinien zu senken.»
Während die Preise sanken, stieg die Nervosität. Die beiden Platzhirsche versuchen gar nicht mehr, sich voneinander zu unterscheiden. Vielmehr ahmen sie einander nach, wo sie nur können. Oft ziemlich hektisch: Im Juli 2006 lancierte Coop die «Supercard»-Kreditkarte. Vier Monate später brachte die Migros ihrerseits die «Cumulus»-Kreditkarte auf den Markt.
Migros mit Markenartikeln
Auch das Sortiment in den Läden wird immer ähnlicher. Die Migros – einst mit ihren originellen Eigenmarken gross geworden – hat inzwischen einen schönen Teil dieser Eigenmarken beerdigt und unter der nichtssagenden Dachmarke «M-Classic» zusammengefasst.
Lange verzichtete die Migros sogar auf den Verkauf von Markenartikeln. Inzwischen sind die Gestelle voll mit Produkten von Rivella, Ovomaltine, Heinz, Thomy, Sugus, Lindt, Elmex, Pampers oder Nutella. Wie bei Coop.
Coop mit Eigenmarken
Coop wählt die umgekehrte Strategie: Weg von den Markenartikeln. Hin zu den Eigenmarken. Promarca-Geschäftsführerin Anastasia Li beklagte sich in der Luzerner Zeitung schon 2019 über «die neue Coop-Strategie». Für Markenhersteller werde es immer schwieriger, die Produkte in den Coop-Gestellen zu platzieren.
Gleiche Preise
Die Sortimente von Coop und Migros unterscheiden sich also kaum mehr. Ebenso wenig die Preise:
- 1 kg Billiglinien-Spaghetti kosten bei Coop Fr. 1.40. Und in der Migros? Fr. 1.40.
- Für 265 g Eigenmarken-Mayonnaise verlangt Coop Fr. 1.95. Und die Migros? Fr. 1.95.
- 250 g Ricotta der italienischen Marke Galbani sind bei Coop mit Fr. 3.30 angeschrieben. Und in der Migros? Mit Fr. 3.30.
Manchmal wirkt es so, als gäbe es Absprachen zwischen Coop und der Migros. Oder zumindest, als würden sie sich gegenseitig die Preise abschreiben. Sogar bei den Aktionen. 500 g frische Feigen gab es in der Migros in der Woche 40 zum halben Preis – für Fr. 1.95 statt Fr. 3.95. In der Woche darauf bei Coop mit dem gleichen Rabatt und zum gleichen Preis.
Ob das ständige Kopieren die richtige Strategie ist? Oder ob eigene Ideen gefragt wären? Aldi und Lidl nützen die Schwäche von Coop und Migros jedenfalls aus. Sie bauen ihre Filialen nicht mehr ausschliesslich auf der grünen Wiese, sondern eröffnen neuerdings auch Filialen in Innenstädten. In Zürich betreibt Lidl eine Filiale neben dem Fraumünster, Aldi neben dem Warenhaus Jelmoli. In Bern ist Aldi in die Spitalgasse vorgedrungen, Lidl ins Warenhaus Loeb.
Migros: Die Sache mit dem Alkohol
Eigentlich wollte das Management die Ideale der Migros verraten und fortan — wie Coop — Alkohol verkaufen. Doch in der Abstimmung von 2022 sagten die Migros-Genossenschafter nein. Und zwar in sämtlichen Regionen. Auch im Tessin und in der Romandie. Alkohol verkauft die Migros trotzdem: Über die Tochterfirmen Denner, Voi und Migrolino.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Naja, so ähnlich sind sich Coop und Migros denn doch nicht. Coop hat zum Beispiel einen wesentlich grösseren Anteil beim Offenverkauf von Früchten und Gemüsen (auch mehr Bio als Migros, was diese sträflich verpasst hat). Dazu kommt, dass Copp das wesentlich dichtere Filialnetz als Migros hat. Dass die Migros sich dank «Mister Migros» Pierre Arnold in den 70er und 80er Jahren vor allem auf gigantische Vekaufsflächen fokussierte und die kleinen Filialen dicht machte, entpuppt sich heute als straegischer Fehler. Gleichzeitig erfolgte damals auch eine starke Erweiterung der Sortimente Richtung Non Food. Auch da musste die Migros zurück rudern. Die «Nah-Versorgung» übernimmt heute Tochter Denner. Die mittelgrossen bzw. grösseren Flächen sind durch Coop besetzt und die Struktur von Coop ist einfacher und effizienter als jene von Migros. Bei der Migros streiten sich noch immer die Regionalfürsten. Ein «Krieg unter Brüdern», welcher – wenn’s dumm läuft – sogar im Untergang enden könnte.