Klimaschutz? Für den Bauernverband «problematisch»
Anfang September stellte der Bund die «Klimastrategie Landwirtschaft und Ernährung 2050» vor. Damit verfolgt er drei Ziele:
- Klima: Die Landwirtschaftsbetriebe sollen das Klima weniger belasten.
- Ernährung: Die Bevölkerung soll sich gesünder und ausgewogener ernähren.
- Selbstversorgungsgrad: Er soll auf mindestens 50 Prozent steigen.
Erarbeitet haben die Strategie die Bundesämter für Landwirtschaft (BLW), für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) und für Umwelt (Bafu).
«Fleisch» kommt nicht vor
Die Bundesbeamten verstehen es meisterhaft, um den heissen Brei herumzureden. In der Medienmitteilung kommen die Wörter «Tier» und «Fleisch» kein einziges Mal vor. Und auch das 24-seitige Strategiepapier ist sehr allgemein gehalten. Nur eine Stelle gibt es, in der so etwas wie Klartext durchschimmert.
Weniger Tiere
Auf Seite 15 steht: «Die Produktion passt sich dahingehend an, dass die ackerfähigen Flächen überwiegend für die direkte menschliche Ernährung genutzt und die verbleibenden Tiere grundsätzlich mit Gras der natürlichen, nicht-ackerfähigen Grünlandflächen sowie Abfällen aus der Lebensmittelproduktion versorgt werden, sofern diese nicht für die menschliche Ernährung nutzbar gemacht werden können.»
Für den Bauernverband «problematisch»
Die Verantwortlichen im Bauernverband haben das Strategiepapier ganz offensichtlich genau gelesen und sind dabei über die Formulierung «…die verbleibenden Tiere…» gestolpert. Jedenfalls schreibt der Bauernverband: «Problematisch erachten wir die Bemühungen, die tierische Produktion einzuschränken und den Konsum zu lenken.» Dafür führt der Bauernverband zwei Gründe ins Feld:
- «Erstens wird deren Wirkung gemäss aktuellen wissenschaftlichen Grundlagen überschätzt.»
- «Und zweitens sind die Marktrealitäten zu anerkennen.»
Diese Argumentation ist allerdings – gelinde ausgedrückt – abenteuerlich. Von Marktrealitäten, die es anzuerkennen gälte, kann keine Rede sein. Denn der Bund greift heute schon massiv in den Markt ein. Zum Beispiel mit der «Landwirtschaftlichen Absatzförderung».
Damit unterstützt der Bund «Marketing-Kommunikationsmassnahmen und Marktforschung sowie das Marketing-Controlling» in der Schweizer Landwirtschaft. Erstaunlicherweise verteilt der Bund die Gelder aber sehr einseitig.
Vor allem für tierische Produkte
Bis 2025 gibt der Bund jährlich 8 Millionen Franken für die Absatzförderung pflanzlicher Produkte aus und 39 Millionen Franken für die Absatzförderung tierischer Produkte. Das ist beinahe das Fünffache. Und wahrscheinlich sogar verfassungswidrig.
Wenn der Bauernverband also mehr Markt fordert, dann müsste er auch die Abschaffung dieser Werbe-Subventionen fordern. Doch er tut das Gegenteil. Er fordert mehr Geld: «Mit einer reinen Umverteilung der bestehenden Mittel lassen sich die geplanten Massnahmen nicht umsetzen.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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