Florida_National_Guard_(Idalia_response)

Soldaten der Florida National Guard, die am 30. August 2023 Kontrollen zur Unterstützung der Wiederaufbauarbeiten nach Idalia durchführen. © cc-by Florida National Guard/Flickr

Politik bremst Wiederaufbau nach Sturm in Florida

Daniela Gschweng /  Wegen neuer Versicherungs- und Migrationsgesetze fürchtet Florida Probleme nach dem Jahrhundertsturm Idalia.

Der Vorname Idalia bedeutet angeblich «ich sehe die Sonne». Er benennt auch eine Stadt auf Zypern. Dort hätten sich die Einwohner Floridas am 30. August vermutlich hingewünscht. Von Sonne war nichts zu sehen und Idalia richtete grosse Zerstörungen an. Der Sturm der Kategorie 3 zerstörte tausende Häuser. Teile Floridas waren tagelang ohne Strom, ganze Stadtteile standen unter Wasser.

Allein im Bezirk Paso County seien 4000 bis 6000 Häuser überschwemmt, sagte der Bezirksverwalter Mike Carballa. Was die Bewohner besassen, ist durch Wasser und Schlamm unbrauchbar geworden.

Schätzungen gehen von 3 bis 10 Milliarden Dollar Schaden aus

Die Rating-Agentur Moody’s schätzte den versicherten Schaden Anfang September auf 3 bis 5 Milliarden US-Dollar. Die UBS ging laut dem «Guardian» von etwa 9 Milliarden Dollar aus.

Im betroffenen Gebiet im Big Bend waren Schäden durch Hurricanes bisher eher selten. Viele Hausbesitzer haben deshalb ältere Häuser, die nicht mehr versichert wurden. Einige versuchen nun per Crowd-Funding, Geld aufzutreiben. Wer eine Hausratversicherung hat, hofft auf Geld.

Auch das könnte schwierig werden. Der letzte kostspielige Sturm, Hurrikan Ian, ist gerade elf Monate her. Nach Ian packte Floridas Gouverneur Ron DeSantis eine Milliarde Dollar Steuergelder in Rückversicherungsfonds und änderte mehrere Gesetze zu Ungunsten der Versicherten. Die Versicherungen dankten es ihm mit rund vier Millionen Dollar an Wahlkampfspenden, berichtete das Magazin «Mother Jones».

Wie DeSantis Gesetze Versicherte entrechten

Seit Dezember 2022 ist es für Versicherte sehr viel schwerer geworden, Versicherungen zu verklagen, wenn sie Ansprüche nicht angemessen beglichen sehen. Klagen sie trotzdem, werden ihre Anwaltskosten nicht mehr bezahlt. Die Frist, in der Geschädigte Ansprüche geltend machen können, hat sich ebenfalls verkürzt.

Ausserdem schränkte die gemeinnützige staatliche Versicherungsgesellschaft Citizens ihre Förderbedingungen ein. Citizens versichert Menschen, die auf dem regulären Markt keine bezahlbare Versicherung finden. Die Versicherungsprämien in Florida sind im Schnitt viermal so hoch wie im Landesdurchschnitt.

Wegen restriktiver Migrationsgesetze fehlen Bauarbeiter 

Wer Geld von der Versicherung bekommt, steht anschliessend vor dem nächsten Problem: Er muss jemanden finden, der den Schaden repariert oder das zerstörte Haus wieder aufbaut. Eine Aufgabe, die bisher vor allem Migranten zufiel.

Viele sind Sans-Papiers aus Mittel- und Lateinamerika. Sie arbeiten vor allem in der Landwirtschaft und auf dem Bau. Um den verwüsteten Teil Floridas wieder aufzubauen, brauche es Tausende von ihnen, schätzt der «Guardian».

Florida braucht also ausgerechnet diejenigen dringend, die DeSanis um jeden Preis loswerden will. Der Republikaner, der für das Präsidentenamt kandidiert, gilt als Hardliner in Sachen Migration. Seit seinem Amtsantritt als Gouverneur Floridas hat er die Migrationsgesetze wiederholt verschärft.

Das jüngste Gesetz trat am 1. Juli in Kraft. SB1718 verbietet es unter anderem, Sans-Papiers zu beschäftigen. Die Fahrerlaubnis von Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung ist neu ungültig. Wer Menschen ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis transportiert, muss mit Strafen rechnen, selbst wenn es Verwandte sind.

Für Migranten wird das politische Klima immer restriktiver. Schon bevor Idalia auf Land traf, sah sich das US-Ministerium für innere Sicherheit gezwungen klarzustellen, dass Behörden im Rahmen der Katastrophenhilfe keine Abschiebungen oder Kontrollen vornähmen. Sans-Papiers hätten jedoch keinen Anspruch auf Teilnahme an Nothilfeprogrammen, berichtete NBC. Wer eine Greencard oder ein anderes Visum hat, bekommt einen Teil der Hilfen.

Wiederaufbauhelfer seien auch früher schon mit Abschiebung bedroht worden. Zum Beispiel, wenn sie ihre Löhne einforderten, erklärte Saket Soni von Resilience Force im vergangenen Jahr gegenüber dem «Time Magazine». Resilience Force vertritt etwa 2000 Katastrophenhelfende, einige sind Wanderarbeiter ohne Aufenthaltserlaubnis. Geholfen hätten sie bisher trotzdem, sagte Soni.

Das hat sich inzwischen geändert. Viele, die nach Hurrican Ian noch angepackt haben, haben Florida inzwischen verlassen, weil sie befürchten, abgeschoben zu werden.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.