Zuger Rohstoffgruppe beutet Indigene aus
Red. Das Folgende ist die Zusammenfassung einer Recherche der Menschenrechtsorganisation Public Eye.
Der Regenwald von Borneo bekam nach der Holz- und Palmölindustrie einen neuen Feind: die Kohlekonzerne. Zu den Minen, die dieses einzigartige Ökosystem in Indonesien bedrohen, gehören jene der Genfer Mercuria und der Borneo Prima. Letztere operiert im Auftrag der in Zug ansässigen IMR-Gruppe. Public Eye und die indonesische Umweltorganisation Walhi reisten mit Unterstützung des Basler Bruno-Manser-Fonds (BMF) nach Tumbang Olong ins Zentrum von Borneo, um sich ein Bild über die Methoden von Borneo Prima zu machen, die dort jährlich 2,3 Millionen Tonnen Kohle fördert.
Seit der Eröffnung der Kohlemine im Jahr 2019 bekommt die indigene Gemeinschaft der Dayake deren negative Folgen zu spüren. Zum Staub von den zehntausenden Lastwagen, die jedes Jahr durchs Dorf fahren, kommt die Verschmutzung der Flüsse, der einzigen Wasserquelle für dessen rund 900 Einwohnerinnen. Besonders dramatisch wird es laut Zeugenaussagen jeweils in der Regenzeit, wenn die Flüsse den Kohlestaub bis in die Häuser tragen.
Eigentum der Einwohner ist nicht geschützt
In Tumbang Olong nutzt Borneo Prima die mündliche Tradition der Dayake-Gemeinschaft – und damit das Fehlen schriftlicher Eigentumstitel – aus, um sich widerrechtlich deren Land anzueignen.
Ein Umweltverträglichkeitsbericht aus dem Jahr 2013 zeigt, dass das Unternehmen damals schon von den «erheblichen negativen Auswirkungen» wusste, die sein Bergbau auf die Wasserqualität haben wird. Dennoch wurde nichts unternommen, um die Bevölkerung und die Natur zu schützen. Der Regenwald im Herzen Borneos beherbergt mehr als 6000 endemische Pflanzen und viele bedrohte Arten. Kohleminen gefährden dieses fragile Ökosystem, während der wirtschaftliche Nutzen für die ansässigen Menschen verschwindend gering bleibt oder ganz ausbleibt.
Unterdessen machen Atemwegsprobleme dreissig Prozent der Konsultationen im örtlichen Gesundheitszentrum aus.
Verwaltungsratspräsident der IMR ist der Zuger Prozessanwalt und frühere Zuger FDP-Präsident Hans-Rudolf Wild. Im Februar 2022 behauptete Wild gegenüber der Sonntagspresse, das Unternehmen habe seinen 49-prozentigen Anteil an Borneo Prima verkauft und trage deshalb keine Verantwortung mehr für deren Aktivitäten.
Public Eye vorliegende Dokumente belegen jedoch, dass die IMR Holding diese Beteiligung lediglich konzernintern verschoben hat. Auf Anfrage bestätigt Wild zwar die Änderung der Rechtspersönlichkeit, verweigert aber jede weitere Auskunft. «Seit die IMR Holding AG ihre Beteiligung an Borneo Prima aufgegeben hat, ist es nicht mehr meine Aufgabe, Ihre Fragen zu beantworten», meint der auf den Bau komplexer Konzernkonstruktionen spezialisierte Verwaltungsrat, Präsident oder Direktor von 45 Unternehmen.
Public Eye geht davon aus, dass Borneo Prima der singapurischen Gesellschaft «IMR Asia Holding» gehört. Deren Direktor Anirudh Misra ist auch Mitglied des Verwaltungsrats und wirtschaftlich Berechtigter der von Hans Rudolf Wild präsidierten IMR Holding in Zug. Zur IMR Gruppe gehört auch die IMR Metallurgical Resources AG, die ebenfalls von Herrn Wild präsidiert wird. Sie verweist auf ihrer Website auf «unsere Prima-Kohlemine in Indonesien».
Der Zuger Multi-Verwaltungsrat verwalte die Unternehmen der IMR-Gruppe im Auftrag des 50-jährigen, ehemaligen Mitarbeiters der indischen Konzerns Tata Steel. Anirudh Misra besitze mittlerweile einen britischen Pass.
Der Zuger Konzern hat Massnahmen bewusst unterlassen
Im oben erwähnten Bericht über die Umweltauswirkungen, der im Januar 2013 erstellt und von seinem Direktor handschriftlich unterzeichnet wurde, analysiert Borneo Prima sorgfältig die lokale Demografie sowie das Konfliktpotenzial mit seiner Nachbarschaft. Das Unternehmen rechnete mit «signifikanten negativen Auswirkungen» auf die Wasserqualität. Da 68 Prozent der Einwohner von der Landwirtschaft abhängig sind, um zu überleben, und die Flüsse Murung und Barito zum «Trinken, Baden und Waschen» genutzt werden, versprach Borneo Prima, ein Sedimentationsbecken einzurichten, um die Erosion zu verringern und den Abfluss von saurem Wasser aus der Mine zu begrenzen.
Zehn Jahre, nachdem der Bericht verfasst wurde, fand Public Eye vor Ort nicht die geringste Spur von solchen Massnahmen.
Keine Rücksicht auf die einmalige Tierwelt
Der zweitgrösste Regenwald der Welt im Herzen Borneos sichert das Überleben eines einzigartigen Ökosystems mit über 6000 Pflanzen, die nur dort vorkommen, sowie viele bedrohte Arten wie dem Orang-Utan und dem Gibbon-Affen. Dem Kohleminen-Betreiber Borneo Prima war klar, dass er eindringt in das Gebiet von geschützten Arten wie dem Langschwanzmakak, dem Nashornvogel (eine Vogelart mit einem grossen Schnabel mit einem wulstigen Aufsatz) und dem Meninting-Eisvogel. Trotzdem wurden keinerlei Massnahmen getroffen, um deren Lebensraum zu erhalten.
Keine gesetzlichen Grenzwerte
Die lokalen Behörden scheinen sich auch nicht um Gesundheitsstatistiken zu kümmern. Laut einem internen Bericht, den Greenpeace einsehen konnte, waren Atemwegserkrankungen im Jahr 2022 die häufigste Ursache für die Konsultation des örtlichen Gesundheitszentrums, das Patientinnen aus fünf Dörfern in der Umgebung der Mine betreut. Seit der Eröffnung der Mine im Jahr 2019 steigen die Fallzahlen stetig, und Atemprobleme machen mittlerweile dreissig Prozent der medizinischen Konsultationen aus.
Auf Anfrage von Public Eye verwiesen die Behörden auf die mangelnde Regulierung und den fehlenden Willen des Staates, Kontrollen durchzuführen. Obwohl die Bergbaukonzessionen zehn Prozent des Landes bedecken, «gibt es immer noch keine gesetzlichen Grenzwerte für Schwermetalle wie Aluminium», so ihr Sprecher Ki Bagus Hadikusumo. «Und die Grenzwerte für den Säuregrad der Flüsse sind zu hoch angesetzt und können die Landwirtschaft und die Fischerei nicht schützen». Doch davon leben diese ländlichen Gemeinschaften.
Verhängnisvolles Freihandelsabkommen
Nach dem Freihandelsabkommen, das die Schweiz 2018 unterzeichnete und das 2021 in einer Volksabstimmung bestätigt wurde, hat die Schweiz kürzlich mit Jakarta ein neues bilaterales Investitionsschutzabkommen abgeschlossen: Schweizer Unternehmen können sich direkt an ein internationales Schiedsgericht wenden, ohne die nationale Gerichtsbarkeit zu bemühen. Damit werden die Interessen von Investoren besser geschützt. Diesen Rechten stehen jedoch keine Pflichten gegenüber. Die Verantwortung der Unternehmen, die international anerkannten Menschenrechte sowie Umweltstandards zu respektieren, sind im Abkommen nicht verbindlich festgeschrieben.
Der Eiertanz der Genfer Mercuria
Der Genfer Rohstoffkonzern Mercuria hatte schon am Ende des Superzyklus der Rohstoffpreise im Jahr 2015 an indonesischer Kohle festgehalten. «Als die Preise fielen, schlossen die lokalen Minen. Aber Mercuria machte weiter», bestätigt ein Verkäufer von Satay-Spiessen, der über das Kommen und Gehen der Bergleute in Südkalimantan im Süden Borneos gut informiert zu sein scheint.
In Südkalimantan im Süden Bornos befindet sich eine von weltweit zwei Kohleminen des Genfer Rohstoffkonzerns Mercuria (die andere liegt in Südafrika). Sie wird seit 2012 von der Tochtergesellschaft Kalimantan Energi Lestari (KEL) betrieben.
Vor den Medien und bei grossen Veranstaltungen hat sich Mercuria beim Thema Kohle immer zurückhaltend gegeben. Auf dem FT Global Commodities Summit im März 2023, dem Rohstoffgipfel in Lausanne, versuchte Mercuria-Chef Marco Dunand den Einfluss von Kohle auf das Jahresergebnis des Unternehmens herunterzuspielen Der Konzern ist eher als Rohstoffhändler denn als Bergbaukonzern bekannt. Auf Anfrage von Public Eye bestätigte der Konzern einen Erlös von 3,48 Milliarden Dollar bei einem Gesamtumsatz von 174 Milliarden aus der Produktion und dem Handel von Kohle im Jahr 2022. Mercuria hat etwa 17 Millionen Tonnen davon verkauft.
Der Genfer Konzern wollte jedoch weder seine Türen für Public Eye öffnen noch ein Interview gewähren. Mercuria fand, das Unternehmen sei durch seine Investitionen in erneuerbare Energien «in der Dekarbonisierung der Wirtschaft engagiert». «In diesem Sinne ist es nicht angebracht, Mercurias begrenzte Präsenz in dieser Produktklasse {A.d.R., Kohle} noch weiter zu betonen», erklärte der Konzern.
Nach dem E-Mail-Austausch mit Public Eye hat Mercuria auf ihrer Webseite die Seite über die Kohleminen gelöscht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Die Informationen stammen von der Menschenrechtsorganisation Public Eye.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ist daran etwas ungewöhnliches?
Alle Unternehmen in diesen und auch allen anderen Bereichen nutzen fehlende Gesetze, halten sich weder an Ethik noch Moral und beuten aus was geht. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen, aber insgesamt wird rücksichtslos ausgebeutet um möglichst viel Geld zu pressen.
Egal ob Nestlè, H&M, Exxon, um nur einige zu nennen, so auch diese Gruppe, eigentlich geht es um das blanke, möglichst billige Raffen von Vermögen zu Lasten der Bevölkerung und Umwelt.
Daran sind natürlich auch Schweizer, wie auch europäische Unternehmungen beteiligt und wahrlich nichts neues daran.
Wieder einmal etwas aufgedeckt und auch hier, wird wieder einmal nichts dagegen unternommen werden. Dazu fehlen weltweit gültige gesetzliche Grundlagen.
Solange vom Witschafts- Baum jeder Wirtschafts-Zweig für seine Rechte und Pflichten selber kämpfen muss, solange
es die Möglichkeit gibt, die Verantwortung hin und her und her und hin zu schieben und zu verschleppen, solange wird es in jedem Wirtschaftszweig (ob Rohstoffe, Textilien oder Nahrungsmittel) Missbrauch geben. Da hilft nur eins: ein Gesetz, das die Sicherheit und die Gesundheit von Mensch, Tier und Natur schützt und für den ganzen Baum gilt. Offenlegen der Produktionkette von A bis Z (auch für die Verbraucher) und strikte Prüfung, ob der Einkaufspreis überhaupt eine «gesetzmäßige» Produktion ermöglicht (1 kg Kohlen für 1 Euro?? ). Ausserdem extrem hohe Strafen bei Missachtung. Es darf sich nicht mehr lohnen, das Gesetz zu missachten, wie ein Kavaliersdelikt. Bei einem Verbrechen helfen oder nur wegschauen ist auch strafbar.