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Kanarienvögel wurden früher zur Warnung von Bergleuten vor Grubengas eingesetzt. Hörte der Vogel auf zu singen, mussten die Bergleute die Beine in die Hand nehmen. © DeWiki

Project Canary: Windige Zertifikate für Fracking-Gas

Daniela Gschweng /  Eine Firma, die US-Erdgas als sauber zertifiziert, versagt bei der Erkennung von Lecks, fanden zwei Umweltorganisationen heraus.

Kann es sauberes Fracking-Gas geben? Oder überhaupt umweltfreundliche Erdgasförderung? «Ja», sagen die USA und bieten zertifiziertes Gas an, das angeblich besonders emissionsarm gefördert wurde.

Doch die Zertifikate seien nichts anderes als Greenwashing, kritisiert ein im April veröffentlichter Report der Organisationen Earthworks und Oil Change International.

Um Erdgas als besonders klimafreundlich auszuweisen, bewerten die Zertifizierer die Emissionen entlang der Lieferkette sowie Verarbeitungsstandards. Sie prüfen auch, wie ein Betrieb mit Lecks umgeht. Eines der Unternehmen, das solche Zertifizierungen anbietet, ist Project Canary.

Teil der Lösung oder Teil des Problems?

Project Canary sieht sich als Teil der Lösung für die Klimakrise. «Wir werden in der Lage sein, den Klimawandel durch Messungen zu lösen», erklärte der CEO Chris Romer im vergangenen Jahr. Das berichtet das Medium «Commondreams».

Das ist sehr vollmundig ausgedrückt. Erdgas besteht zu grossen Teilen aus Methan. Methan ist ein potentes Treibhausgas, das bei der Förderung und dem Transport von Erdgas freigesetzt wird.

Weltweit und besonders in den USA gibt es etliche alte und undichte Bohrlöcher sowie Lecks in Anlagen, aus denen Methan freigesetzt wird. «Infosperber» berichtete regelmässig darüber. Eine sauberere Verarbeitung und bessere Überwachung sind wünschenswert. Methan bleibt dennoch ein klimaschädliches Gas.

22 Lecks und niemand bemerkt es

Für Earthworks und Oil Change International ist Project Canary Teil des Problems. Für ihren im April publizierten Bericht «Certified Disaster» untersuchten die beiden Umweltorganisationen 30 Öl- und Gasförderstätten in Colorado, an denen unter anderem Monitoring-Einrichtungen von Project Canary installiert sind.

Mit einer Spezialkamera zeichneten sie auf, wo Methan aus den Anlagen entwich. Im Untersuchungszeitraum von Mai bis November 2022 fanden sie 22 signifikante Lecks, 14 davon an Anlagen mit Überwachungsgeräten von Project Canary. Keines der mit Optical Gas Imaging (OGI) dokumentierten Ereignisse wurde von den Überwachungsgeräten erkannt. Für das blosse Auge sind Methan-Lecks unsichtbar.

«Wie kann Project Canary Methanemissionen zertifizieren, wenn es Emissionen nicht einmal feststellen kann?», fragen Earthworks und Oil Change International in einem Youtube-Video, in dem sie die Recherche «Certified Disaster» vorstellen. Die Umweltorganisationen bemängeln fehlende Transparenz über Standards und Emissionen. Gerade diese bewirbt Project Canary aber intensiv. Ausserdem fanden sie Interessenkonflikte bei den Unternehmensvorständen. Einige sind finanziell mit den Unternehmen verbunden, die Project Canary zertifiziert.

Auch betroffen: LNG-Exporte nach Europa

Auch für europäische Unternehmen und Regierungen sind die Ergebnisse wichtig. Europa erlebt derzeit einen Flüssiggas-Boom, weil es Pipeline-Importe aus Russland ersetzen muss. Die USA sind deshalb im vergangenen Jahr zum weltgrössten LNG-Exporteur aufgestiegen. Die EU erwägt, LNG-Importe an Emissionskritierien zu knüpfen. Zertifikate wie die von Project Canary kämen da gelegen.

Der Bericht mache aber deutlich, dass den Bemühungen der amerikanischen Gasproduzenten und -exporteure nicht zu trauen sei, sagen Earthworks und Oil Change International.

«Unbewiesener, unregulierter Unsinn»

«Wir haben festgestellt, dass die Überwachungsgeräte, die Project Canary zur Zertifizierung von Gas einsetzt, keine signifikanten Verschmutzungsereignisse im Feld erkennen, also genau die Verschmutzung, die sie angeblich überwachen», sagt Co-Autor Josh Eisenfeld, Kampagnenleiter für Unternehmensverantwortung bei Earthworks. In seinen Augen ist die Erdgas-Zertifizierung «unbewiesener, unregulierter Unsinn» oder reine Geldmacherei. Project Canary sieht das anders.

Eine Zertifizierung, für die es laut dem Bericht keinerlei Grundlage gebe, schaffe ein falsches Narrativ, sagt auch Lorne Stockman, Co-Direktor der Forschungsabteilung von Oil Change International und Mitverfasser des Berichts. Die Autoren der Studie fordern daher eine stärkere Regulierung der Fracking-Industrie und ein Ende der Förderung fossiler Brennstoffe. Sie betonen, dass die Zertifizierung von Unternehmen kein Ersatz für eine wirksame Klimapolitik und den Umstieg auf erneuerbare Energien sein kann.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

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