Kommentar
«Rassismus»: erbarmungsloser Journalismus
Die Schlagzeilen tönten nach Skandal: Der «Tagesanzeiger» titelte: «Ohne Gegenbeweis ist SRF-Reporter Sascha Ruefer kaum zu retten». Watson fand, Ruefer solle die politischen Einmischungen sein lassen oder abtreten. 20 Minuten fragte: Ist er noch tragbar? Die «Aargauer Zeitung» wiederum hielt fest: «Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen: Wie Sascha Ruefer und SRF in Rassismus-Debatte um Granit Xhaka versagen.» Ziemlich irre ist schliesslich der Dreh der «Weltwoche». Sie schrieb: Ruefer spreche «offen aus, was viele Leute denken».
Blicken wir kurz zurück: Die «Schweiz am Wochenende» bekam eine Information zugesteckt, gemäss welcher der SRF-Sportkommentator Sascha Ruefer eine fragwürdige bzw. rassistische Aussage über den Fussballer Granit Xhaka gemacht habe. Geschehen sein soll das bei den Dreharbeiten zum Film «The Pressure Game», einer Serie über die Schweizer Fussballmannschaft. Darüber berichtete die Samstagsausgabe von CH-Media vor einer Woche. Sie warf die Frage auf, ob da unberechtigt zensiert worden bzw. Kritisches geglättet worden sei, denn die fragliche Äusserung ist im Film nicht zu hören. Ruefer hatte interveniert und die Aussage aus dem Film löschen lassen. Die Zeitung zitierte am Schluss des Textes eine «gut informierte Person», die sagte, die Aussage sei im Film aus dem Zusammenhang gerissen worden und habe dadurch einen rassistischen Beiklang erhalten. Als Leser konnte man daraus schliessen: Nichts Besonderes – ein Missverständnis wurde vor der Publikation des Films ausgeräumt.
Doch die Konkurrenz drehte das Thema mit raunenden Schlagzeilen und Subbotschaften weiter. Ein Informant sagte schliesslich der «Wochenzeitung», Ruefer habe folgenden Satz geäussert: «Granit Xhaka ist vieles, aber er ist kein Schweizer.» Das wirft natürlich Fragen auf, doch die «Wochenzeitung» liess die Leserschaft im Dunkeln darüber, in welchem Zusammenhang Ruefer sich in diesem Sinn geäussert hatte. Vielmehr sammelte die Zeitung Indizien für die Vermutung, dass der SRF-Kommentator in Bezug auf den Fussballer ein grundsätzliches Problem habe.
Nun fühlten sich die Sittenwächter im Element, obwohl sie nicht mehr wussten als die «Wochenzeitung». Es kam zu den eingangs zitierten Schlagzeilen. Angesichts dieser medialen Drohkulisse reagierte SRF. Der Sender gab einigen Journalisten die Gelegenheit, das umstrittene Zitat im Zusammenhang mit den damals von Ruefer gemachten Aussagen über den Fussballer zu bewerten. Nach dieser Offenlegung durch SRF erhob kein Journalist mehr einen Rassismus-Vorwurf.
Wie so oft kann man festhalten: Viel Lärm um nichts. Doch da steht mehr auf dem Spiel. Nehmen wir an, Ruefer habe sich tatsächlich rassistisch geäussert: Er erkennt im Nachhinein den Fehler und lässt die entsprechende Filmszene streichen. Hätte er diese im Sinne der «Authentizität» stehen lassen sollen und darauf eine mediale Skandalisierung erdulden sollen? Einen solchen Masochismus kann man keinem vernünftigen Menschen zumuten. Wenn man dies bedenkt, erscheinen die genannten Medienartikel umso gespenstischer. Sie unterstellen ohne harte Fakten einem SRF-Journalisten Rassismus, und sie berufen sich dabei auf eine Aussage, die der skandalisierte Journalist streichen liess und demnach öffentlich gar nicht gemacht hat. Dieser Journalismus ist so erbarmungslos wie unseriös.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Eine interessante Perspektive, jene von Rainer Stadler. Es gibt aber auch eine etwas kantigere, die ein gewisses Mass an «Masochismus» zulassen will, um dem Anspruch an eine – zwangsläufig ungeschönte – Dokumentation gerecht zu werden. https://www.onlinereports.ch/News.117+M52e97d6561a.0.html
Beim Wenigen, das ich mir an Sportberichterstattung zumute, ist der genannte «Ausrufer» nicht dabei, weil ich ihn weder fachlich noch sprachlich aushalte. Meine diesbezügliche Befindlichkeit spielt demnach bei der Einschätzung der von Rainer Stadler beschriebenen Lage keine Rolle. Bedeutender scheint mir zu sein, dass der von Stadler meiner Meinung nach euphemistisch als «Journalismus» bezeichnete Medienbetrieb nicht erbarmunglos ist; er ist nur noch erbärmlich. Aber wie uns die Medienpandemie vorgeführt hat – die übrigens nahtlos zu einem weitab von jeder Front aus den gut gewärmten Redaktionsstuben heraus geführten Kriegsrausch (Berset) mutierte -, ist dies längst schon Alltag. Im medialen Tagesgeschäft – angeführt von den selbst ernannten «Leitmedien» -, ist die intellektuelle Talsohle offenbar noch lange nicht erreicht.
Endlich eine sachliche Einordnung der unsäglichen Fehlleistungen auch von grossen Schweizer Medien in dieser Sache. Der herbeigeschriebene „Ruefer-Skandal“ ist in Wahrheit ein Medienskandal. Ich vermisse die selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Thema in den entsprechenden Medien und eine Entschuldigung für die Vorverurteilung.
Ich kenne weder den angefeindeten Sportjournalisten, noch habe ich einen der erwähnten Kommentare zu seinem «Vergehen» gelesen.
Was ich mich aber bei der Lektüre von Herrn Stadlers Artikel gefragt habe:
Zu welcher «Rasse» gehört eigentlich nach Ansicht der «Rassismus»-Schreier ein kosovarischer Fußballspieler?
Es gibt Menschen im Journalismus und natürlich überall, die fühlen sich wahnsinnig wohl aus dem Schatten heraus zuzuschauen und bei Gelegenheit Oel ins Feuer zu giessen und sich damit eine Geschichte weiter hochschaukelt. Sie verwenden dabei negative Energie und ergötzen sich dabei am angerichteten Augiasstall. Es ist noch wie bei Jeremias Gotthelfs Dramen Ueli der Knecht und Pächter.
Ach es ist so erbarmungslos «schwach» und unseriös wie es hier Rainer Stadler beschreibt.
Die Schweiz bringt den Viehhändler nicht aus dem Schweizer wie es Mike Müller so treffend formulierte. Ich würde sie eher Kakerlaken nennen, aber da tue ich den armen Tieren wieder unrecht.
Oje, Peter Knechtli hat wieder ein neues Modewort aufgeschnappt, das er gleich mehrmals in seinem Kommentar unterbringt: episch… Ob man einem kosovarischen Fussballer, der mit dem Adlerzeichen im Stadion herumrennt, vorhalten darf, dass er kein Schweizer sei?
War doch schön, dieser Ausdruck ehrlicher Freude !
Wurde nur noch durch Sommer’s Abwehr des Mbappé Penalties übertroffen, als auch das ganze Land an der Freude teilhaben konnte.