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Singen können Künstliche Intelligenzen schon länger. Jetzt moderieren sie auch Radiosendungen. © Shutterstock

RadioGPT: Die Moderation macht die KI

Daniela Gschweng /  Ein US-Radiosender überlässt die Moderation einer Künstlichen Intelligenz. Wie hört sich das an?

Über die Sender kommt Musik, grösstenteils Oldies. Bon Jovi ist darunter oder Men at Work und Michael Jackson. Zwischendurch hört man Kurznachrichten, amüsante Social-Media-Fundstücke aus der Stadt Springfield, Anmoderationen für Musikstücke. Ein ganz normaler Radiosender also.

Oder eben nicht. Die DJane und den Moderator gibt es gar nicht. «Jede Stimme, die Sie auf RadioGPT hören, ist 100 Prozent KI», erinnert einen der Sender regelmässig. Die Künstliche Intelligenz spricht Nachrichten ein, liest Verkehrsmeldungen vor, kündigt Musikstücke an und kann sogar Witze machen.

Springfield ist überall

Würde sie mit anderen Aufgaben versehen, könnte die Stimme statt Kurznachrichten auch Kochrezepte vorlesen oder die Tagespredigt, «live, local and powered by AI». Da kann man dann schon mal etwas grossspurig werden. «I know everything about every song and artist» (ich weiss alles über jeden Song und jeden Interpreten), sagt die Sprach-KI.

RadioGPT ist bisher noch kein wirklicher Radiosender, sondern ein Demo-Projekt des Unternehmens Futuri. «Springfield» ist eine fiktive Stadt, deren Name allerdings gut gewählt ist. Mehrere Städte in den Vereinigten Staaten und Kanada heissen so. Auch in Ohio, wo Futuri seinen Sitz hat, gibt es eine Stadt namens Springfield. Ob der Ort Springfield aus der US-Kult-Serie «Die Simpsons» eine Rolle spielte, ist nicht bekannt.

Was ein Chatbot kann, nützt auch einem Moderator

Springfield könnte überall sein, suggeriert der Sender, der seit Ende Februar sendet. Grundlegende technische Komponenten von RadioGPT sind das GPT-3-Sprachmodell von OpenAI, das auch ChatGPT antreibt, und eine Futuri-Software namens TopicPulse. TopicPulse kann unter anderem Social-Media-Kanäle durchkämmen und dabei «Trending Topics» identifizieren.

Futuri hat beide mit einer Sprach-KI verbunden und will das Resultat an Radiostationen verkaufen. Zur Auswahl stehen mehrere weibliche und männliche Moderatoren-Stimmen, auch eine Co-Moderation mit mehreren KI-Persönlichkeiten ist möglich.

Ob die RadioGPT-KI lernen kann, die Stimme eines menschlichen Moderators zu imitieren, wird aus Futuris Werbeversprechen nicht ganz klar. Die Website des Unternehmens kündigt an, Sender könnten die Künstliche Intelligenz «mit den Stimmen ihrer bestehenden Persönlichkeiten» trainieren.

Demo-Radio sendet echte Geschichten

Die Geschichten in den News-Schnipseln seien «im Grossen und Ganzen echt», sagt Futuri laut «PCMag UK», nur Namen würden geändert. Die Künstliche Intelligenz kann auch nicht nur die Musikauswahl übernehmen. Sie soll auch Interviews führen, Anrufe annehmen und Gewinnspiele durchführen können.

RadioGPT könne Teile des Programms übernehmen oder den ganzen Sender betreiben, bietet Futuri an. Die Social-Media-Betreuung mache die KI dabei auch gleich, wenn der Kunde es wünsche. RadioGPT generiere in Echtzeit Beiträge in sozialen Netzwerken, Blogs und andere Inhalte für digitale Plattformen.  

Demnächst gibt es KI-Radio wirklich im Publikumsbetrieb

«Alles, was ein Radio-Mensch kann, kann ich besser», verkündet das Programm. Wenn die Radio-KI Interviews führt, kann sie sich dann mit sich selbst unterhalten? Wie würde sich das wohl anhören? Vermutlich, das ist etwas erschreckend, würden Hörerinnen und Hörer davon gar nichts bemerken.

Hört man genau hin, findet man die Radio-Stimmen streckenweise vielleicht ein wenig unmoduliert, was zum Beispiel beim Autofahren aber kaum auffallen dürfte.

Es gibt bereits mehrere Beta-Tester. GPT-Radio-Software laufe ab Mitte April bei Alpha Media, das mehr als 200 Radiosender in den USA betreibe, und bei Roger Sports & Media in Kanada mit 55 Sendern, berichtet das Medium «Axios». Futuri-CEO Daniel Anstandig rechnet mit hunderten Radiosendern, die die Künstliche Intelligenz einsetzen wollen.

Entgegen den Befürchtungen des Radio-Personals sieht sich Futuri dabei nicht als Job-Killer, sondern als Retter einer Branche. Lokalradio könne sich mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz wieder lohnen. Die Sender könnten beispielsweise Personal in Nachtschichten ersetzen.

Was, wenn nur Bullshit über den Äther kommt?

Eine Herausforderung für die Technologie bestehe jedoch darin, den künstlichen DJ daran zu hindern, on-air Fehler zu begehen und falsche Informationen zu verbreiten, schreibt das «PC Magazine UK», Dasselbe Magazin berichtete Ende Februar auch, die KI-Komponenten bei Alpha Media seien bereits im Live-Betrieb. Ein Irrtum? Das wäre immerhin menschlich.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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2 Meinungen

  • am 29.03.2023 um 13:31 Uhr
    Permalink

    Man stelle sich vor, weltweit spielen alle Radiostationen dieselben Songs, verlesen dieselben Nachrichten (mit lokalem Kolorit, versteht sich), klingen gleich, haben dieselbe Werbung, usw. Nur die Logos auf den Apps sind noch verschieden. Also quasi wie die CH Medien Landschaft heute schon, mit den Dutzenden Websites der TX-Group.

    • am 30.03.2023 um 18:25 Uhr
      Permalink

      Das läuft ja schon sehr lange (mehr als 100 Jahre) so: Die Amerikaner geben vor, was wie funktionieren soll. Das geht von Sprache über «Demokratie» bis zu Verkehrsregeln. Da passt GPT3 optimal.

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