Sperberauge
Tagi-Magi: Bereits 2014 herrschte «Klima der Angst»
Der Fall geht durch alle Medien: Die ehemalige Tagi-Magi-Redaktorin Anushka Roshani machte dem langjährigen Chefredaktor schwere Vorwürfe, die auch durch andere ehemalige KollegInnen bestätigt wurden. In einer Stellungnahme schrieb das Unternehmen, man wisse seit 2021 von Roshanis Vorwürfen. Dass auf der Redaktion einiges im Argen lag, war aber schon länger bekannt. Bereits im Herbst 2014 berichtete das Branchenmagazin «Schweizer Journalist» vom – gemäss einem Beteiligten – «unerträglichen Klima der Angst».
«Anmassende und chaotische Amtsführung» und «Unfähigkeit zur Selbstkritik»
Zitat aus dem Artikel des damals freischaffenden Journalisten Hanspeter Bürgin: «Erkundigt man sich bei früheren oder Noch-Redaktoren nach dem Zustand des ‹Magazins›, fällt auf: Alle haben Angst, sich zu exponieren, und wollen deshalb auch keine Auskunft geben oder namentlich zitiert werden. Schon mehrfach habe man diskutiert, gegen die anmassende und chaotische Amtsführung von Chefredaktor Canonica und seine Unfähigkeit zur Selbstkritik zu protestieren. Entsprechende Initiativen seien aber immer im Sand verlaufen, ‹weil wir wohl zu feige sind›. Gemäss Bürgin waren die Vorwürfe gegen Canonica schon damals «happig, die Konflikte tiefgreifend». Insbesondere die damaligen Redaktoren Mathias Ninck sowie Martin Beglinger sollen in Konflikten mit Canonica gestanden haben. Beide verliessen die Redaktion wenig später. Dies alles geschah allerdings vor einem Hintergrund, den der Tamedia-Konzern zu verantworten hatte.
«Ausgepresst bis zum Letzten»
Zugleich hält der Artikel nämlich auch fest, dass beim Tagi-Magi damals ein grosser Spardruck herrschte, da in den Jahren zuvor ein Drittel der Werbeeinnahmen weggebrochen waren. Verschiedene Quellen sagten Bürgin, dass das Magazin 700’000 Franken einsparen musste. Der Konzern wollte diese Zahl jedoch nicht bestätigen. In jedem Fall kam es zu umstrittenen Kündigungen und Entlassungen (insbesondere diejenige Peter Haffners mit 61) sowie Qualitätseinbussen. Ein frustrierter Redaktor sagte dem «Schweizer Journalisten»: «Es werden vermehrt günstige Texte eingekauft und übersetzt, mit den grossen eigenen Geschichten und umfangreichen Recherchen ist es vorbei.»
Die Titelgeschichte der damaligen Ausgabe trug die beiden Titel «Ausgepresst bis zum Letzten» und «So schlimm war es noch nie». Es war eine grosse Recherche Bürgins zum Journalismus-Abbau bei Tamedia. Darin sagte ein Redaktor: «Jeder kämpft nur noch um sein eigenes Überleben – die Stimmung ist unerträglich.» Verwaltungsratspräsident war bereits damals Pietro Supino. Geschäftsführer war Christoph Tonini. Für den Bereich «Medien Deutschschweiz» und damit auch das «Magi» war Serge Reymond verantwortlich. Er verliess das Unternehmen 2019.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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