Das Spiel: Eine knifflige Angelegenheit
Wenn man Autoren und Verlagsvertretern zuhört, erstaunen die unterschiedlichen Ansätze bei der Themenwahl eines Spiels. Während der Spieleautor beim Entwickeln des Spiels sein Thema mit einbezieht, ändern die Redakteure eines Spieleverlags die Thematik oft deutlich. In vielen Werken bleibt zwar die ursprüngliche Mechanik eines Spiels bestehen, nicht aber das Thema. In einigen Fällen wirkt ein Thema dadurch aufgesetzt, in anderen passt es spielerisch wie die Faust aufs Auge.
Das Legespiel «Fyfe» unternimmt nicht einmal einen Versuch, sich thematisch irgendwo anzubiedern. Zwar entdeckt man auf dem Cover einen wunderschön illustrierten Südseestrand. Auf den hölzernen Spielsteinen gibt es weitere Strandmotive. Wer die Spieleschachtel öffnet wird von einem wohligen Strandgefühl eingenommen, bis man auf die erste Linie der Spielanleitung trifft: «Fyfe» ist ein abstraktes Legespiel!
Die Namensgebung
Bleibt noch die Frage, wie ein abstraktes Legespiel zu seinem Namen kommt. Nun, da gibt es Spielsteine in 5 Farben, mit 5 Motiven und 5 unterschiedlichen Zahlenwerten. Zudem besteht der eigene Spielplan aus 5 Reihen und 5 Spalten mit jeweils 5 leeren Feldern. Die Anzahl der zu spielenden Runden beträgt 5 mal 5. Ich vermute, die Redakteure waren sich bei der Namensgebung schnell einig.
Alle Spielenden erhalten einen eigenen Spielplan mit leeren Legeplätzen, zudem dieselben Wertungstafeln. Das Besondere an «Fyfe»: Alle starten mit einem total leeren Spielplan. Nach und nach füllt man Spielsteine in die leeren Felder und setzt auch seine eigenen Wertungsschwerpunkte. Was ganz leicht klingt, entpuppt sich schon nach wenigen Steinen zu einer wahren Knobelaufgabe.
Der Spielplan füllt sich
Zwei Spielsteine erhält man zu Beginn in seinen Vorrat. In jeder Runde zieht man einen Spielstein nach und legt einen Stein in sein persönliches Feld. Der Legeplatz darf frei gewählt werden. Befindet sich ein neu gelegter Spielstein in einer Reihe oder Spalte ohne Wertungstafel, muss man zwingend eine Wertung an diese Reihe oder Spalte legen. Die Wertungstafeln erschweren das Legen weiterer Steine in späteren Spielrunden, denn Punkte erhält man nur, wenn eine Vorgabe korrekt erfüllt wird.
Bei ungeschickter Platzierung beissen sich gewisse Wertungen natürlich. Da soll in einer Reihe immer die gleiche Farbe liegen, in einer Spalte möchte man Steine mit ungleichen Zahlen, während in der Diagonalen eine absteigende Reihenfolge gefordert ist. Bei «Fyfe» ist man seines eigenen Glückes Schmied, denn man legt schliesslich sämtliche Teile im Laufe der Partie selber auf den Spielplan.
Simples Spiel, knifflige Aufgabe
Runde für Runde setzt man einen neuen Spielstein aufs Feld und kombiniert sich, ähnlich wie bei einem Sudoku, seine Wertungen schön. Mit etwas Glück erscheint ein Muschelplättchen, mit dem man einen Joker auswählen darf. Dadurch kann man Steine verschieben oder austauschen, eine Wertungstafel ersetzen oder einen Spielstein zum Joker machen. Auf die Muscheln verlassen sollte man sich allerdings nicht.
«Fyfe» ist auch ohne Thema ein anspruchsvolles Knobelspiel, bei dem man seinen Anspruch auf Perfektion ein wenig zurückschrauben muss. Je nach Erscheinen der Spielsteine liegen einmal mehr oder weniger Punkte drin. Sämtliche Aufgaben wird man kaum erfüllen. Da alle am Spieltisch über ihren eigenen Plänen brüten, bleibt es spannend bis zum Schluss und eine Partie endet oft mit einem hauchdünnen Vorsprung. Knobel- und Rätselfreunde haben ihre Freude am abstrakten «Fyfe».
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Fyfe
Ein Legespiel von Kosch
Illustrationen: Lukas Siegmon
Für 2 – 5 Personen | Ab 10 Jahren | 30 – 45 Minuten
Verlag: Edition Spielwiese | ca. 43.- Fr. / 40 Euro
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Patrick Jerg betreibt seit 12 Jahren die Webseite brettspielblog.ch und veröffentlicht regelmässig Spielkritiken über Brett- und Kartenspiele.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.