Sperberauge
Die Migros kann nicht rechnen
«Mehr Budget dank M-Budget»: Unter diesem Titel wirbt die Migros im neusten Migros-Magazin für ihre Billiglinie. Da steht: «Würde eine vierköpfige Familie ausschliesslich M-Budget-Produkte kaufen, könnte sie pro Woche gut 100 Franken einsparen.»
Nach zehn Jahren ein Tesla
Dann lässt die Migros ein paar Ideen folgen, «was sich damit alles machen liesse»:
- Nach einer Woche: «Eine Pizza-Party mit Freunden.»
- Nach einem Jahr: «Ein neues Ecksofa.»
- Nach fünf Jahren: «Motorflug-Ausbildung.»
- Und nach zehn Jahren: «Ein Tesla, Model Y.» Falls es dieses Auto dann noch geben sollte.
Wocheneinkauf für 280 Franken
Wie die Migros auf all das kommt? Sie hat einen Wocheneinkauf für eine vierköpfige Familie zusammengestellt – mit «einem Mix von Migros-Eigenmarken und Labelprodukten wie Bio oder IP-Suisse». Der Einkauf kostet laut Migros 280 Franken. Beschränkt sich die Familie auf M-Budget-Produkte, kostet der Einkauf 180 Franken.
Voller Fehler
Der Haken: Der Preisvergleich ist stümperhaft. Er strotzt vor Fehlern:
- Die Warenkörbe sind überhaupt nicht vergleichbar: Im Standard-Warenkorb fehlt der Hinterschinken.
- Im einen Warenkorb hat’s rohe Eier, im anderen gekochte.
- In den einen Warenkorb hat die Migros Diabetiker-Schokolade gelegt, in den anderen ganz normale Milchschokolade.
- Die Preise sind nicht umgerechnet. So vergleicht die Migros den Preis von 1 Kilo Standard-Karotten mit dem Preis von 2,5 Kilo Budget-Karotten. Oder den Preis von 1 Kilo Standard-Äpfeln mit demjenigen von 2,5 Kilo Budget-Äpfeln.
- Aufgrund der Infosperber-Recherchen ist die Migros daran, Korrekturen am Preisvergleich vorzunehmen.
Aber sogar wenn man über diese groben Schnitzer hinwegschaut und die Zahlen addiert, ergibt sich zwischen den beiden Warenkörben nicht eine Differenz von 100 Franken, sondern bloss von 75 Franken. Bis es für den Tesla reicht, dauert es also über 13 Jahre…
Die Migros muss zugeben: «Der Hinterschinken fehlt in der Tat.» Sie räumt auch ein, dass sie auf der Website die Preise unterschiedlicher Mengen miteinander vergleicht. Eine Umrechnung lasse sich «technisch nicht einstellen». Diese Arbeit überlässt sie den Konsumenten. Denn sie erklärt: «Um den Preisunterschied korrekt berechnen zu können, müsste natürlich die Menge entsprechend angeglichen werden. Tut man dies bei allen Produkten, kommt man auf einen Preisunterschied beider Einkaufskörbe von rund 105 Franken.» Ob wenigstens das stimmt, lässt sich nicht überprüfen.
M-Budget-Produkte gibt’s nicht überall
Doch das Problem sind nicht nur die vielen Fehler beim Preisvergleich. Hinzu kommt, dass M-Budget-Produkte schlecht verfügbar sind. Infosperber hat in zehn zufällig ausgewählten Migros-Filialen überprüft, ob die 50 Produkte überhaupt erhältlich sind. Ergebnis: Im Durchschnitt waren die Produkte nur in sechs von zehn Filialen erhältlich. Neun Produkte gab’s nur in einer Filiale, das M-Budget-Hackfleisch in gar keiner.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Warum kann die Migros nicht ALLE Artikel -ausgleichend, im Durchschschnitt- günstiger machen ?
Was soll das eigentlich ? Ich habe das Gefühl, dass durch diese „budget-Artikel“ auf eine bestimmte sozial schlechter gestellte Konsumentenkundschaft gezielt wird.
Selten sind Bio-Produkte dabei, was nicht heisst, dass die Produkte schlechter sind ( Kassensturz hat es gezeigt). Ein Marketinggag ?
Ja klar, Daniela, das ist Marketing: Segmentierung nennt sich das.
Genau deshalb findest nie Bentley, VW und Skoda in derselben Garage, sondern immer jede Marke für sich, immer ein Haus weiter. Stell Dir das Elend vor, der Bentley-Fan findet heraus, dass da vielleicht VW drin steckt, und nur der Preis ist Bentley. Dann sitzt der zu allem Unglück auch noch in einen Skoda, und sagt sich: «Der fährt ja auch, einziges Manko: der brummt nicht so doll, dafür säuft der fast nix». Um der Gefahr auszuweichen, findest auf dem Markt immer alles schön brav separiert.
So findest MBudget halt unten im Regal, und immer schön weit weg vom hübschen Folienbeutel mit der goldenen Schlaufe, der das 3-fache kostet.
… und nach weiteren 20-30 Jahren kann man all das gesparte Geld, sollte man noch welches übrig haben wenns nicht für den Tesla draufging, für Gesundheitskosten ausgeben. In Anbetracht unserer stetig steigenden Gesundheitskosten sehe ich Werbung für Convenience-, billigst- und Fastfood kritisch.
Mal ein iPhone (oder von mir aus ein Tesla) weniger, dafür etwas mehr Geld für gesunde und nachhaltige Ernährung. Es täte der Menschheit nicht schlecht.
Vielleicht kostet der Tesla in 10 Jahren auch etwas weniger. Wie wärs mit einem «Budget»-Tesla ?
Meine Schnupper-Lehrlinge müssen folgendes im Kopf rechnen:
100 + 10% – 10% = ? – Was meint ihr, wie viele lösen das richtig ?
Und spätestens bei dieser Aufgabe kapitulieren sie alle: 5% von 27 = ?
Rette sich wer kann.