NATO-Beitritt: Geheime Massnahmenliste Schwedens aufgetaucht
Die Türkei blockiert den NATO-Beitritt Schwedens weiterhin. Gestern trafen sich die beiden Aussenminister Schwedens und der Türkei zwar zu weiteren Gesprächen. Doch danach sagte der Türke Mevlut Çavuşoğlu gemäss Schwedens öffentlich-rechtlichem TV-Sender SVT, es bleibe noch viel zu tun. Er bezog sich dabei vor allem auf eine Liste mit 42 Namen von Personen, die Schweden nach seiner Ansicht an die Türkei ausliefern sollte.
«Da geschah keine konkrete Entwicklung. Wir sind dankbar, dass eine Person, die nicht auf der Liste ist, ausgewiesen wird. Diese Woche wurde die Auslieferung eines Individuums aber abgelehnt. Das ist eine äusserst negative Entwicklung.» Zudem bezichtigte Çavuşoğlu Schwedens Regierung der Heuchelei.
«Wir wollen mehr konkrete Schritte sehen. Die frühere Regierung war nicht aufrichtig. Wir haben genug davon.» Der schwedische Aussenminister Tobias Billström hingegen sagte, Schweden halte seine Versprechen und habe erste Schritte unternommen, um jeden Punkt der Vereinbarung mit der Türkei zu erfüllen. Die Äusserungen Billströms sind insofern pikant, als die Türkei von Schweden weiterhin verlangt, dass das Land sein eigenes Recht bricht.
«Schweden ist ein Rechtsstaat»
Am vergangenen Montag gab das Höchste Gericht Schwedens bekannt, dass die Auslieferung des Journalisten Bülent Keneş an die Türkei nicht stattfinden kann. Die Türkei wirft Keneş vor als Mitglied der Gülen-Bewegung, am Putschversuch von 2016 beteiligt gewesen zu sein. Keneş war bis dahin Chefredaktor der englischsprachigen Zeitung Today’s Zaman gewesen. Seither lebt er in Schweden. Es gäbe mehrere Gründe gegen eine Auslieferung, sagte ein beteiligter Richter. Einerseits seien die Verbrechen, welche die Türkei Keneş anlaste, in Schweden nicht strafbar. Andererseits drohe ihm in der Türkei politisch motivierte Verfolgung.
Der Präsident des Journalistenverbands «Publicistklubben» zeigte sich nicht überrascht. «In Schweden entscheiden Gerichte und nicht Politiker darüber, ob Leute ausgewiesen werden. Darüber sollten wir glücklich sein.» Der Justizminister Gunnar Strömmer sagte SVT: «Schweden ist ein Rechtsstaat und wir haben einen Ablauf, um solche Geschäfte zu bearbeiten. Nun wird sich die Regierungskanzlei darum kümmern.»
Geheime Massnahmenliste beschreibt Entgegenkommen
Ein Dokument der Regierungskanzlei sorgte ebenfalls diese Woche für Aufsehen, weil es der schwedische Chefunterhändler Oscar Stenström an seine private Emailadresse geschickt hatte. Es ist eine Liste, die 17 Punkte nennt, wie Schweden die Bedingungen der Türkei erfüllen soll. Gemäss SVT beschreibt die Liste Auslieferungen, Personen, denen die Einreise nach Schweden verwehrt werden soll, und eine vertieftere Analyse der Sicherheitspolizei, die konkrete Resultate liefern soll. Ausserdem sollen seit vergangenem Sommer verschiedene Einsätze gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) stattgefunden haben. Stenström bestritt zwar, dass das Dokument geheim sei. Doch die Regierungskanzlei wollte eine frühere Version der Liste bisher nicht freigeben.
Michael Sahlin ist ehemaliger Botschafter Schwedens in der Türkei und heute beim Friedensforschungsinstitut Sipri für die Türkei tätig. Er sagte gegenüber der Zeitung «Dagens Nyheter», welche als erste vom Dokument berichtete: «Ich bin gewissermassen erstaunt, wenn ich das lese. Und zwar darüber, dass wir bereit sind, uns so weit zu strecken. Die Konsequenz ist, dass wir eine spürbar tiefere Sicherheitszusammenarbeit mit der Türkei haben werden als viele andere NATO-Länder.»
Zudem deute das Dokument darauf hin, dass Schweden sich in höchstem Grad an die Wirklichkeitsauffassung der Türkei angepasst habe.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Ausgezeichnet, dass darüber informiert wird.
Ich wünsche den Schwedinnen und Schweden den notwendigen Mut und Durchsetzungskraft, um den NATO-Beitritt zu verhindern!
Das höchste Gericht Schwedens verhinderte die Auslieferung des Journalisten Bülent Keneş an die Türkei . Die Türkei forderte die Auslieferung dieses Mannes und anderer als Bedingung, dass es zum Nato Beitritt Schwedens Ja sagt.
In anderen Fällen war es mit der Rechtsstaatlichkeit Schwedens nicht so weit her wie der Journalist Andrew Feinstein in seinem Buch „Das Globale Geschäft mit dem Tod“ dokumentierte. Feinstein zeigte, wie Kriegsgewinnler ihre Geschäfte «legal» abwickeln, mit dem Segen von Regierungen, auch in Schweden. Als die korrupten Geschäftspraktiken der Rüstungsbranche, ans Tageslicht kamen durften sie nicht sanktioniert werden. Saab war mit der britischen Firma BAE Systems in kriminelle Schmiergeldaffären verwickelt, die Feinstein in seinem Buch dokumentierte. Die schwedische Regierung deckte dabei Saab, wie die britische Regierung unter Margaret Thatcher, John Major und Tony Blair die kriminellen Machenschaften von BAE-Systems deckte und Strafuntersuchungen stoppte.