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Vor lauter Kritik an Katar geht «vergessen», dass westliche Unternehmen vom Gasboom des Landes profitieren. © ARD

Katars Gas-Boom treibt katastrophale Klimaerwärmung an

Markus Mugglin /  Der Golfstaat gefährdet als grosser Exporteur von fossilem Gas Leben. Westliche Ölfirmen und Banken sind stark daran beteiligt.

Katar ist bereits jetzt einer der grössten Exporteure von fossilem Gas, einem Hauptverursacher der Klimakatastrophe. Es plant, seine Position weiter zu verstärken, indem es die Produktion aus einem riesigen Offshore-Gasvorkommen, dem sogenannten «North Field» ausweitet.  

Sollte Katar seine gesamten Öl- und Gasfelder ausbeuten, würde es der Atmosphäre voraussichtlich 50 Gigatonnen zusätzliches Kohlendioxid zuführen und mit diesem Ausstoss an Emissionen die Erderwärmung über den international vereinbarten Grenzwert von 1,5 °C hinaustreiben. Darauf weist die niederländische Nichtregierungsorganisation «BankTrack» in einer neuen Studie hin.  

Die Emissionen aus der Verbrennung aller fossilen Brennstoffreserven Katars würden katastrophale Schäden verursachen. Gemäss der «BankTrack»-Studie würden sich diese Schäden auf 20 Billionen US-Dollar belaufen. Die landwirtschaftliche Produktivität würde zurückgehen, der Anstieg des Meeresspiegels in Küstengebieten hohe Kosten verursachen, die Gesundheit vieler Menschen würde leiden, viele Tote wären zu beklagen.   

Banken, weitere Länder und europäische Unternehmen unterstützen das Vorhaben

BankTrack macht aber nicht nur Katar dafür verantwortlich. Die europäischen und US-amerikanischen Unternehmen Shell, TotalEnergies, ConocoPhillips, ExxonMobil und Eni seien eng verbunden mit dem staatlichen katarischen Unternehmen QatarEnergy als Hauptanteilseigner an den Öl- und Gasprojekten in Katar. Sie haben in den vergangenen Monaten Partnerschaftsabkommen mit QatarEnergy unterzeichnet, um das riesige Offshore-Gasvorkommen «North-Field» in den nächsten Jahren stark zu erweitern. Shell, TotalEnergies und ConocoPhillips schlossen sich den beiden Projekten «North Field South» und «North Field East» an. ExxonMobil und Eni haben Anteile am Projekt «North Field East» erworben. An der Expansion der neu zu erschliessenden Felder beteiligt sind auch Deutschland und China, durch ihre kürzlich abgeschlossenen Abnahmeverträge mit Laufzeiten von 15 bzw. 27 Jahren.

QatarEnergy kann auch auf die finanzielle Unterstützung zahlreicher US-amerikanischer und europäischer Banken zählen. JPMorgan Chase, Citi, HSBC, Deutsche Bank, Goldman Sachs, MUFG, Credit Suisse und Bank of America haben laut BankTrack im Jahr 2021 mindestens eine Anleiheemission von QatarEnergy gezeichnet und dem Unternehmen damit ermöglicht, insgesamt fast zwölf Milliarden US-Dollar aufzunehmen. Die Erlöse aus diesen Anleiheemissionen werden auch für die Erweiterung des «North Field» verwendet, wodurch die Banken, die die Anleihen gezeichnet haben, direkt mit dem Gasboom und der weiteren Erderwärmung verbunden sind.

Gegenüber dem britischen «Guardian» sagt Henrieke Butijn von BankTrack: Es sei schrecklich, was in Katar bei den Gas- und Ölprojekten sowie bei Arbeitsbedingungen passiere, doch es gebe dabei auch «ein gewisses Mass an Heuchelei, weil Katar nicht allein handelt.» 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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9 Meinungen

  • am 18.12.2022 um 11:17 Uhr
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    Es wird mir immer unverständlicher, mit welcher Vehemenz die Menschheit die Klimakrise vorantreibt. Letztenendes sind doch alle davon betroffen, auch die MEGuS (Mächtigen, Egoistischen, Gierigen und Skrupellosen). Da helfen ihnen dann auch ihre Milliarden nichts, denn Geld kann ich weder atmen noch essen noch trinken. Und es kühlt auch nicht. Es verlängert das Leben vielleicht ein bisschen, aber wenn nichts mehr da ist, nutzt es auch nichts mehr. Wieso kommen die Menschen nicht zu der Einsicht, dass vielleicht nur noch ein weltweit gemeinsames Handeln die finale Katastrophe verhindern kann? Der Verstand der Mehrheit ist wohl doch nicht in der Lage, aus der Vergangenheit zu lernen und in die Zukunft zu blicken. Er verharrt lieber in der Gegenwart, mit der wir die Zukunft schon heute vernichten. Billionen werden für sinnlose Kriege und Rüstung vergeudet, deren einziges Ziel es ist, den Untergang der Menschheit im Interesse des Profits zu beschleunigen.

    • am 19.12.2022 um 08:43 Uhr
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      @Jügen
      Da unsere Wissenschaftler weder die Anzahl zukünftiger Vulkanausbrüche kennt, noch Waldbrände und Kriege voraussagen könne, muss man skeptisch bleiben.
      NB: Schauen sie sich Al Gores «Meisterwerk» nochmals an.

  • am 18.12.2022 um 12:22 Uhr
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    Wenn ich Meldungen wie diese lese, kommen mir die gegenwärtigen Aktionen von jugendlichen KlimaaktivistInnen sehr mild vor. Politik allein hilft nicht mehr. Wen soll man in Deutschlan z.B. wählen, wenn selbst die Grünen in der deutschen Regierung in Katar Gas einkaufen?

  • am 18.12.2022 um 17:20 Uhr
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    Sie schreiben: «Westliche Ölfirmen und Banken sind stark daran beteiligt.»
    Meines Wissens sind die deutschen Grünen am meisten daran beteiligt.
    md.de meldet 29.11.2022 — Katar liefert Erdgas: Warum Habeck die Vertragslaufzeit von 15 Jahren „super“ findet.
    tagesschau.de meldet zur Wahl in Niedersachsen: 09.10.2022 — Die Grünen legen stark zu.
    Dabei zitterte man sogar noch um den Deal (den ich umweltverräterisch finde): merkur.de 20.10.2022 — Gas-Krise: Katar-Deal geplatzt! Scheichs lassen Habeck hängen

  • am 18.12.2022 um 19:18 Uhr
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    Nicht der Ort wo das Gas herkommt ist nicht massgebend, zumindest nicht beim Klima.

    • am 19.12.2022 um 11:20 Uhr
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      Die Art des Transportes und der Transportweg spielt sehr wohl eine Rolle.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 18.12.2022 um 20:45 Uhr
    Permalink

    Wollen diese Lsute lieber ihr eigenes Gas verbrennen ?

  • am 18.12.2022 um 21:58 Uhr
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    Natürlich kann man den Katar für manches kritisieren. Aber: Ohne Gaskunden keine Gasförderung. Letzten Endes sind wir Gasverbraucher jene, die das CO2 in die Atmosphäre jagen, nicht der Katar.

  • am 19.12.2022 um 22:28 Uhr
    Permalink

    Katargate: Die EU setzt Katar auf die gleiche Stufe wie Russland. Katar droht mit Gasentzug, wenn sein Lobby-Zugang in Brüssel gesperrt wird. Die EU kann auf das Gas aus Katar verzichten und dafür schmutziges und überteuertes Fracking-Gas aus den USA beziehen.

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