Saudi-Arabien tut alles, damit die Welt vom Öl abhängig bleibt
Geht es nach Saudi-Arabien, bleibt die Weltwirtschaft auch für die nächsten Jahrzehnte fossil betrieben. Zwar bemüht sich das Land intensiv darum, die eigene Wirtschaft unabhängiger zu machen vom Öl, aber nur, damit es mehr davon exportieren kann. Es waren vor allem die Vertreter Saudi-Arabiens, zusammen mit anderen Öl-exportierenden Ländern, die am Klimagipfel in Ägypten dafür sorgten, dass in der Schlusserklärung keine Abkehr vom Erdöl festgeschrieben wurde.
In einer grossen Reportage beleuchtet die New York Times, wie viel für die Saudis bei einer fossilfreien Zukunft auf dem Spiel steht, und wie sie über verschiedenste Kanäle massiven Einfluss nehmen, damit genau das nicht passiert.
Geld für Universitätsstudien und Lobbyisten
Jedes zehnte weltweit geförderte Fass Öl stammt von der staatlichen Ölgesellschaft Saudi Aramco – und der Anteil soll noch steigen. Saudi Aramco ist denn auch die Treibkraft hinter der klima-kritischen Energieforschung und hat in den letzten fünf Jahren etwa 500 Auftragsstudien finanziert. Etwa über die Vorteile von Benzinfahrzeugen, über Zweifel an Elektrofahrzeugen, effizientere Verbrennungsmotoren oder verbesserte Ölrückgewinnung.
Zudem hat Saudi-Arabien im letzten Jahrzehnt über 2,5 Milliarden US-Dollar in amerikanische Universitäten investiert, oft zweckgebunden für Forschung, welche das Narrativ der Öl-Exporteure unterstützt. Rund 140 Millionen Dollar flossen laut dem «Center for Responsive Politics» seit 2016 direkt an Lobbyisten und andere Personen, um die US-Gesetzgebung und die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Allianz mit US-Herstellern von Agrar-Benzin
Saudi-Arabien hat sogar seine Fühler bis zu den amerikanischen Kornkammern ausgestreckt, hat Allianzen mit US-Bundesstaaten geschmiedet, die Ethanol produzieren, das von elektrischen Fahrzeugen ebenfalls verdrängt zu werden droht.
Hinter geschlossenen Türen setzen die Saudis alles daran, ein fossilfreies Zeitalter zu verhindern. Im März etwa, an einem Uno-Meeting mit Klima-Wissenschaftlerinnen, drängte Saudi-Arabien gemeinsam mit Russland darauf, den Begriff «Menschen gemachter Klimawandel» aus den offiziellen Dokumenten zu streichen. Allerdings hielt damals die französische Klimawissenschaftlerin und Sitzungsleiterin Valérie Masson-Delmotte dagegen und setzte sich durch.
Laut New York Times trat schon im Mai 2020 ein Sprecher der Saudischen Botschaft in den USA an einem Radio-Talk in North Dakota auf, mitten im Maisgürtel. Fahad Nazer sprach über identische Interessen beider Länder, vor allem über das Interesse an einem blühenden globalen Ölmarkt.
Dieser Radioauftritt war Teil einer konzertierten Aktion der Iowa-Lobbygruppe LS2, die sich primär für Landwirtschaft und die Produktion von Ethanol einsetzt. 120’000 US-Dollar lässt sich Saudi-Arabien die Arbeit der Lobbygruppe kosten – monatlich. In Dakota, Texas, Iowa und Ohio werden lokale Radiostationen, Wissenschaftler, die Sportindustrie, einzelne Sportstars und Club-Besitzer bearbeitet, wie das Justizministerium herausfand. Gerade in Ethanol-produzierenden Staaten fällt die Kritik an der Elektrifizierung des Verkehrs auf offene Ohren. Schliesslich geht es um einen gigantischen Markt: Zwei Drittel des Erdöls verbraucht der weltweite Transport. Und da soll das Agrar-Benzin eine wichtige Rolle spielen.
Deshalb setzen Saudi-Arabien und Ethanol-Produzenten alles daran, Verbrenner auf der Strasse zu halten. Es entwickelt Geräte, die einen Teil des CO2 direkt vom Auspuff absaugen – einen «ultra sauber verbrennenden» Treibstoff für Hybridfahrzeuge – oder finanziert ganz einfach Forschung, welche die Elektromobilität in Frage stellt. Als die Internationale Energie Agentur bekanntgab, die Welt müsse wegen des Klimawandels sofort neue Öl- und Gasförderprojekte stoppen und Verbrennungsmotoren möglichst schnell auslaufen lassen, meinte der Saudische Energieminister salopp, es handle sich offensichtlich um eine Fortsetzung des Kino-Spielfilms «La La Land».
Trotz viel Sonne erst ein Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen
Aramco-Chef Amin Nasser meint, die grösste Bedrohung für die Wirtschaft seien nicht zu viele, sondern zu wenige Investitionen in Öl und Gas. Und das Saudische Energieministerium erklärt sich überzeugt, dass fossile Brennstoffe noch während Jahrzehnten «ein wesentlicher Bestandteil des globalen Energiemixes» sein werden.
Dennoch tanzt das Land auf beiden Hochzeiten. Die Regierung hat etwa gross im US-Elektromobil- Unternehmen «Lucid» investiert und will offensichtlich auch eine entsprechende eigene Branche aufbauen.
Allerdings ist es ist noch ein weiter Weg für Saudi-Arabien. Das Land produziert bis heute weniger als ein Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Quellen.
Saudi-Arabien nimmt nicht nur auf offizielle Dokumente und internationale Verhandlungen Einfluss, das Land versucht auch Medien mit Informationen, Einladungen und kostenlosen Beiträgen zu beeinflussen, um das Narrativ zu steuern.
Die aktuellen Turbulenzen der weltweiten Energiemärkte spielen dem Königreich in die Karten. Im Juli warnte der Saudische Kronprinz Mohammed bin Salman an einem US-Arabischen Gipfeltreffen in Jeddah: «Unrealistische Emissionsreduktions-Ziele, welche die wichtigsten Energieträger ausschliessen, führen in den kommenden Jahren zu einer nie dagewesenen Inflation, steigenden Energiepreisen, steigender Arbeitslosigkeit und schweren sozialen und Sicherheitsproblemen.»
Der Auftritt Saudi-Arabiens am diesjährigen Klimagipfel ist nur das jüngste Beispiel einer langjährigen Strategie für den Erhalt fossiler Energien:
- Zweifel säen an der Wissenschaft;
- Konsequenzen verharmlosen;
- Kosten der Klimamassnahmen hochspielen;
- Verhandlungen lahmlegen.
Letztes Jahr sorgte das Land erfolgreich dafür, dass ein Satz aus einem Uno-Report gestrichen wurde, der ein rasches Auslaufen von fossilen Energieträgern forderte. Und in Scharm-el-Sheik, am Klimagipfel, propagierte das fossile Königreich die Vision einer weiterhin fossilen Weltwirtschaft, die in grossem Massstab CO2 abscheidet und speichert. Saudi-Arabien wolle mit dem guten Beispiel vorangehen und bis 2027 eine Anlage bauen, die den jährlichen CO2 Ausstoss von zwei Millionen Benzinautos speichern kann.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Jede Form von nationaler Klimapolitik ist ein unnötiger Schlag ins Wasser. So lange Öl die günstigste Form von Energie bietet wird es irgend jemand auf der Welt verbrennen bis es das nicht mehr ist. Wir brauchen gar nichts zu sparen. Es hat schlicht keinen Zweck. Das einzige das funktionieren wird ist eine günstigere Alternative zu erforschen. Und das ganz ohne das Öl künstlich zu verteuern denn das senkt die Wirtschaftsleistung und damit die Forschungsmittel.
«Billiger als Erdöl/Ethanol»? Dürfte schwierig werden und finde ich eh die falsche Strategie.
Blick 24.12.2022): «Donkervoort: 750-Kilogramm-Leichtgewicht mit 500 PS. Die Autobranche wird elektrisch? Nicht nur: Die niederländische Marke Donkervoort huldigt weiterhin fetten Benzinmotoren. Das neueste Modell heisst F22 und ist wilder und schärfer denn je.»:
https://www.blick.ch/auto/news_n_trends/der-neue-donkervoort-f22-wiegt-nur-750-kilogramm-leichtgewicht-mit-500-ps-id18173182.html
https://www.blick.ch/schweiz/graubuenden/19-schnellfahrer-in-mulegns-gr-unterwegs-internationale-rasergruppe-geht-buendner-polizei-ins-netz-id17904127.html
Sie zielen in Ihrem Kommentar am Artikel vorbei. Es geht im Artikel nicht um nationale Klimapolitik, sonder um die Einflussnahme von staatlichen Akteuren in der westlichen Welt zu deren Vorteil.
https://youtu.be/GuoxLggqI_g
DieseLink zeigt einen Dokumentarfilm von Marijn Poels, The Uncertainty has Settled (Full Film) passt sehr gut bei diesem Thema „Fossile“ Brennstoffe und Klimawandel. Der Ganze Film ist sehr sehenswürdig und beleuchtet die herschende Narrative mal Anders.
Sicher schauen ab Min. 1.18,45 bis 1.25,20.
Vielleicht wird Benzin, Diesel und Stromautos sowie Klima mal Faktisch und nicht Politisch diskutiert.
Vor 7 Jahren wurde auch in Zürich die Erzeugung von Solarstrom gebremst. 2015, an einem Besichtigungstag des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich (EWZ) im neuen unterirdischen Unterwerk in Oerlikon, wurde bei einem Beratungsgespräch einem Einfamilienhausbesitzer empfohlen nur so viele Solarpanels auf seinem Dach zu montieren, wie er selber Strom verbrauchen wird. Dieser Mann wollte eigentlich möglichst viele Solarzellen auf seinem Dach platzieren. Das EKZ entschied damals den Bau von Solaranlagen nur noch zu unterstützen, wenn der Strom von den Hausbesitzern selbst gebraucht wird. Siehe: Frau Sonne scheint gratis und Wind kostet nichts – IFOR Schweiz – MIR Suisse (ifor-mir.ch)
Daniele Ganser hat in seinem 2012 erschienen Buch «Europa im Erdölrausch die Folgen einer gefährlichen Abhängigkeit» darauf hingewiesen, dass die Erdölvorräte einmal zu Ende gehen. Der «Peak of Oil» sei schon erreicht. Deshalb sei die Erzeugung von Strom durch Wind- Sonnenkraftwerke usw. sehr wichtig.
Jeder wache Zeutgenosse weiss dass es gerade die Grünen & Linken Politiker sind die die Elektrifizierung gefährden. Die aktuelle Mangellage hier in Mitteleuropa wurde nicht von den Saudis provoziert sondern von von unseren demokratischen Regierungen. Zudem bettelte Biden in Riad dass man den Ölhahnen doch öffnen soll – was diese natürlich nicht taten. Resultat: Benzin bleibt teuer und würde der eMobilität einen Vorteil schaffen – wenn da nicht unsere Politiker wären die diesen Vorteil zu torpedieren.
Tun die Saudis nicht etwa das, was bereits 1982 passierte?
Prof. Dr. Henrik Nordborg (Hochschule für Technik in Rapperswil): https://www.youtube.com/watch?v=WRQAK4zejMU&t=52s
Wie Verkehrselektrifizierung, wenn Konsumenten kaum Interesse, Rohstoffknappheit, Strommangellage?
Ändern wir unser Handeln? Organisieren wir uns (richtig)? Martin Luther King Jr.: «Diejenigen, die den Frieden lieben, müssen lernen, sich ebenso effektiv zu organisieren wie diejenigen, die den Krieg lieben.»
Systemwechsel statt nur Technikwechsel:
https://www.infosperber.ch/umwelt/boden-raum-verkehr/mit-den-elektroautos-gibt-es-ein-riesiges-problem/