Fussball-WM: Unsere Schauspieler (2)
An der Weltmeisterschaft in Katar kommen ausschliesslich erfahrene Schiedsrichter zum Einsatz. Wenn ein Schiedsrichter ein Foul pfeift, dann ist sein Entscheid fast immer richtig. Ganz selten ist er strittig. Und praktisch nie ist er falsch. Erstaunlich ist, dass das viele Fussballer auch nach Hunderten von Spielen noch nicht begreifen wollen. Denn sie tun, nachdem sie ein Foul begangen haben, als wären sie die Unschuld in Person:
Beim Reklamieren zeigen die Spieler oft grosse Solidarität. So auch im Spiel der Schweiz gegen Brasilien. Manuel Akanji hatte eben ein klares Foul an Vinicius Junior begangen. Aber als der Schiedsrichter pfiff, tat Akanji, als fiele er aus allen Wolken. Nico Elvedi unterstützte ihn sogleich. Weitere Teamkollegen eilten hinzu:
Bleibt die Frage: Warum mimt der Übeltäter nach einem Foul den Unschuldigen? Warum reklamieren die Spieler? Warum schimpfen sie? Wollen sie den Schiedsrichter einschüchtern? Wollen sie ihn umstimmen? Haben sie noch nicht gemerkt, dass das nicht funktioniert? Kennen sie die Fairplay-Regel Nummer zwei des Fussball-Verbandes nicht? Sie lautet: «Ich akzeptiere alle Entscheide des Schiedsrichters und des Trainers – auch wenn ich anderer Meinung bin.»
Aber die Fussballer haben es nicht so mit dem Fairplay. Der Kameruner Bryan Mbuemo wollte im Spiel gegen die Schweiz einen Freistoss rasch ausführen und so vom Überraschungsmoment profitieren. Doch Ricardo Rodriguez stellte sich ihm in den Weg. Und auch er bekam rasch Hilfe:
Zuweilen ist Fussball ein regelrechtes Schauspiel. Wenn es für einen Fussballer gilt, sich als Unschuldslamm darzustellen. Oder wenn er dem Schiedsrichter zeigen will, wie hart er angegangen worden ist. Dann ist Schauspielkunst gefragt. Nur: So wie ein Schauspieler mitunter den Text vergisst, kann ein Fussballer auch mal vergessen, wo es eigentlich schmerzen sollte:
Erstaunlich ist auch, wie oft wir Zuschauer einer Blitzheilung beiwohnen können, ja manchmal einem regelrechten medizinischen Wunder. Da wälzt sich ein Spieler am Boden, hält sich das Knie und tut so, als ob er uns demnächst wegstürbe. Dann kommt der Pfleger, drückt einen nassen Schwamm aufs Knie, behandelt es vielleicht auch noch mit etwas Kältespray. Und schon steht der Spieler wieder auf.
Gut, zunächst läuft er vielleicht noch ein bisschen unrund. Denn so viel Simulation muss auch jetzt noch sein. Doch sobald der Ball in seine Nähe kommt, rennt er, als wäre er neu geboren. Der Vorteil, wenn seine Mannschaft in Führung liegt: Der Spieler hat die verbleibende Spielzeit verkürzt. Denn der Schiedsrichter wird nicht alles nachspielen lassen. Auch nicht an dieser WM, wo die Nachspielzeiten auffallend lange dauern.
Auch wenn es aufgrund der obigen Bilder so aussehen mag — besonders schlimm ist das Verhalten der Schweizer an dieser WM nicht. Sie sollen an dieser Stelle nur als Beispiel herhalten. Deshalb zum Schluss auch noch eine hübsche Geste des Brasilianers Antony. Nachdem ihn Ricardo Rodriguez gefoult hatte, forderte er vom Schiedsrichter, dass er den Schweizer verwarne:
Eigentlich hätte Antony für diese Geste selber die Gelbe Karte sehen müssen. Aber der Schiedsrichter war — wie es die Schiedsrichter sehr oft sind — nachsichtig. Vielleicht tanzen ihnen die Spieler deshalb auf der Nase herum.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Ich lach mich weg, was sich die Schirri’s alles bieten lassen (müssen?). Wenigstens werden m.E nach vermehrt Rote Karten gezogen…immerhin. Im Fussball müsste der Anspielkreis schon lange eine Tabuzone für Fussballer sein. Fussballer werden wohl auch gute Schauspieler-Ausbildungen haben.
Sport interessiert mich vom Fussball bis zum Schwingen. Was hier eindrücklich in Bezug Fussball dokumentiert wird und mich zum Schmunzeln veranlasst ist beim Nationalsport Schwingen so ziemlich das krasse Gegenteil. Obwohl die Schiedsrichter im Schwingen ihr Metier sicher auch beherrschen, so haben sie richterweise kein Zugriff auf Videos und sind sicher nicht annähernd so professionell geschult wie im Fussball, werden ihre Entscheide höchsten mit Murren und Kopfschütteln ohne Wenn und Aber akzeptiert. Auch gibt es bei den Fans keine Krawalle und blinde Zerstörungswut wie es beim Fussball halt ab und zu eine Nebenerscheinung zum Sport darstellt. Ja das Schwingen braucht offenbar, bei Männer wie auch Frauen, diese Schaueinlagen nicht, weil es kein Milliardengeschäft ist.
Felix Lang. Altkantonsrat, Grüne Lostorf
Diese Reportage ist super. Leider ist dies nur im Fußball so, wie es ist. Weder im Eishockey, noch im Handball, Unihockey usw wird dermassen gestikuliert, diskutiert und simuliert wie im Fussball. Hier täte eine Neubesinnung gut, z.B direkte Verwarnung, Platzverweise, Busse oder was auch immer. Die Hauptsache die Fussballer widmen sich dem Sport, anstatt der Debatte, der Gymnastik mit den Händen und Armen oder dem Schauspiel auf dem Rasen. Ich freue mich auf die nächsten Fussballspiele.