Sperberauge

Die Migros sagt nur die halbe Wahrheit

Marco Diener © zvg

Marco Diener /  «Mehr Auswahl. Auch beim Preis.» So wirbt die Migros für günstige Produkte. Wie sich wirklich sparen liesse, das verschweigt sie.

In ganzseitigen Zeitungsinseraten wirbt die Migros gegenwärtig unter dem Motto «Mehr Auswahl. Auch beim Preis.» für angeblich günstige Produkte. Abgebildet ist beispielsweise Mozzarella der italienischen Marke Galbani für Fr. 2.20. Und daneben Mozzarella der Migros-Eigenmarke Alfredo für Fr. 1.55. Sparpotential: 30 Prozent.

Migros Inserat Mehr Auswahl Auch beim Preis M-Budget
Die Migros verschweigt in ihren Inseraten den günstigsten Mozzarella: M-Budget.

Der Günstigste fehlt

Doch die Migros präsentiert ihren Kunden nicht die ganze Auswahl. Sie verschweigt, dass das Sparpotential eigentlich noch viel grösser wäre. Denn sie bietet neben den beiden beworbenen Mozzarellas auch noch einen Mozzarella der Billiglinie M-Budget an. Hier beträgt das Sparpotential sogar 62 Prozent.

«Ich kaufe M-Budget»

Die Kunden scheinen die Werbekampagne der Migros durchschaut zu haben. Sie haben offenbar gemerkt, dass die Migros in ihren Inseraten nicht die wirklich günstigen Produkte bewirbt. Auf der Facebook-Seite der Migros schreiben sie: «Ich kaufe M-Budget.» Oder: «M-Budget ist für uns der Beste.»

Migros Facebook Mehr Auswahl Auch beim Preis M-Budget
Migros-Werbung auf Facebook — die Kunden durchschauen die Werbung.

M-Budget fehlt immer

Die Werbekampagne «Mehr Auswahl. Auch beim Preis.» hat System. Die Migros stellt stets ein Produkt einer Eigenmarke einem Markenprodukt gegenüber. Zum Beispiel die M-Classic-Mayonnaise der Thomy-Mayonnaise. Die wirklich günstigen Produkte aus der Billiglinie M-Budget fehlen immer.

Die Migros verheddert sich in ihrer Stellungnahme an Infosperber. Zuerst schreibt sie: «Die Werbung erinnert daran, dass die Mozzarellas von Alfredo und von Galbani zu einem ausgezeichneten Preis-Qualitäts-Verhältnis verkauft werden.» Dann hält sie fest, das Preis-Qualitäts-Verhältnis des M-Budget-Mozzarellas sei «ebenfalls ausgezeichnet». Die Migros bewerbe den M-Budget-Mozzarella aber nicht, weil diese «in einem anderen Segment angesiedelt» sei. Alles klar?

Die Kehrtwende

Zwei Tage später die Kehrtwende: Der Migros war es offenbar unangenehm, dass die Kunden die Werbung mit den teureren Produkten durchschaut hatten und dass Infosperber Fragen zum Thema gestellt hatte. Jedenfalls warb die Migros — zumindest auf Facebook — plötzlich nicht mehr nur für die Mayonnaise der Marke Thomy und der Eigenmarke M-Classic, sondern plötzlich auch für die Billigmarke M-Budget.

Migros Inserat Mehr Auswahl Auch beim Preis M-Budget
Nach der Anfrage von Infosperber: Plötzlich wirbt die Migros auch für die M-Budget-Mayonnaise.

«Défi anti-inflation»

Während die Migros nur dafür wirbt, dass sie auch bei den Preisen eine Auswahl biete, kämpfen andere Detailhändler in Europa ausdrücklich gegen die Teuerung. Der französische Discounter Carrefour beispielsweise stellt sich gegenwärtig dem «Défi anti-inflation». Auf deutsch: «Herausforderung Anti-Inflation». Carrefour verkauft Pakete mit 30 Gütern des täglichen Bedarfs für 30 Euro. Er verspricht, 100 Produkte während 100 Tagen nicht zu verteuern. Und er verkauft Früchte und Gemüse, die nicht der Norm entsprechen, 20 Prozent günstiger.

Carrefour Défi Anti-Inflation Teuerung
Carrefour in Frankreich: Der Knopf «Trouver moins cher» führt nicht zu den günstigsten Produkten.

Die Günstigsten fehlen

Wer bei Carrefour im Internet einkauft, findet zudem unter vielen Produkten einen Knopf «Günstigere Alternative finden» (siehe Bild oben). Beispiel Aprikosen-Konfitüre: Ein Klick führt zu bis zu zehn günstigeren Produkten. Doch die bei weitem günstigste Alternative — die Konfitüre der Billiglinie Simpl — fehlt. Genau wie bei anderen Produkten: Simpl fehlt immer. Carrefour macht es also genau gleich wie die Migros in ihren Inseraten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

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3 Meinungen

  • am 29.11.2022 um 07:06 Uhr
    Permalink

    Wer nicht Dutzende Kilos von Mayonnaise pro Monat konsumiert, der kann auch mal 2.95 statt 1 Franken ausgeben bei einer Tube pro Monat liegt das drin.
    Kleiner Tipp: Sparen lässt sich meist nicht groß bei Lebensmitteln, sondern bei optionalen Ausgaben. Angefangen bei Telekom, Unterhaltung sowie bei täglichen ‹kleinen› Ausgaben, die sich aber schnell summieren (z.B. der tägliche Kaffee zu 4.50, Auswärts essen und Take Away). Wer wirklich sparen will/muss, der schaut sich seine non-Food Ausgaben mal genauer an.

    Übrigens haben Markenartikel meist einen Aufpreis gegenüber no Name Produkten – trotz fehlen eines qualitativen oder geschmacklichen Unterschiedes. Und abgesehen von den Marketing Beispielen, sind Coop und Migros Brands des öfteren auch nicht wesentlich günstiger, als die entsprechenden Brands. Wer hier sparen will/muss geht zu Aldi oder Lidl.

    • Portrait Marco Diener.1 Kopie
      am 29.11.2022 um 14:23 Uhr
      Permalink

      Stimmt, das Sparpotential bei Lebensmitteln ist beschränkt. Das grösste Sparpotential besteht wohl bei der Wahl der Krankenkasse. Dennoch ist es nicht in Ordnung, was die Migros tut. Sie gibt vor, denen, die es nötig haben, beim Sparen zu helfen. Aber sie verheimlicht die wirklich günstigen Produkte.
      Und: Preisvergleiche haben immer wieder gezeigt, dass die Billiglinien von Coop (Prix Garantie) und Migros (M-Budget) den Produkten von Aldi und Lidl preislich ebenbürtig sind.

  • am 30.11.2022 um 00:24 Uhr
    Permalink

    Ich versteh den Sinn dieser Reklame der Migros nicht. Wenn der günstigste Artikel nicht erwähnt wird, schiesst sich die Migros ins eigene Bein und der Konsument, der wirklich auf den Preis achtet, geht zu Aldi oder Lidl.

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