Altschotter Vigier Mitholz

Die Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn BLS liess jahrelang teilweise giftigen Altschotter in den Steinbruch der Firma Vigier in Mitholz transportieren. © zvg

Trotz unbewältigtem Skandal: Neat-Ausbau soll fortschreiten

Christa Dettwiler /  Was hinter einer acht Kilo schweren Beschwerde gegen das Bundesamt für Verkehr steckt. Eine Recherche über die «Causa Blausee».

Das Dossier ist gewichtig – in jeder Hinsicht: 89 Seiten, inklusive Beilagen 8,3 Kilogramm schwer. Das Bundesverwaltungsgericht wird sich damit befassen müssen. Es geht darum, was rund um den Bau der Neat alles in den Boden und ins Wasser gelangt ist. Bevor weiter gebaut wird, sollen die Umweltvergehen der Vergangenheit aufgearbeitet werden. Das verlangen die Beschwerdeführer. 

In einer gross angelegten Recherche hat ein Team des «unabhängigen Magazins für erzählte Gegenwart» – Reportagen – in der aktuellen Ausgabe den Dreck, der im Berner Oberland unter den Teppich gekehrt wurde, ans Licht gebracht. Grosse Medien haben bisher kaum darüber berichtet. Alle Zitatblöcke stammen aus dem Dossier der Reportagen.

Der Blausee verfärbt sich grau

«Am 22. Mai 2020 färbt sich der Blausee grau. Das weltberühmte Juwel im Kandertal, das aufgrund seiner spektakulären Farben inmitten schroffer Gipfel und umgeben von hohen Tannen jedes Jahr Zehntausende Touristen aus der ganzen Welt besuchen, hat gerade sein wichtigstes Merkmal verloren.»

Damit beginnt die Saga um Verschmutzung und Vertuschung, die ihresgleichen sucht in der Schweiz. 

Stefan Linder
Stefan Linder

Stefan Linder ist Miteigentümer und Verwaltungsratspräsident der Blausee AG, die auch die Fischzucht betreibt. Die Zuchtforellen beginnen zu sterben. Der Tierarzt vermutet eine Vergiftung. Linder will den Dingen auf den Grund gehen und stösst dabei auf einen Umweltskandal epischen Ausmasses. 

Auf Anraten eines Geologen sucht er die Ursache für die toten Fische am Oberstrom der Kander und findet im 1,2 km oberhalb des Blausees gelegenen Steinbruch einen offenen Grundwassersee und einen auffälligen Schuttkegel. Der Verdacht: Gleisschotter. Linder will Proben nehmen, aber tagsüber gibt’s dort keine Aktivitäten, obwohl der Hügel merklich höher ist als am Vortag.

In der Dunkelheit der Nacht

Nachts tauchen jedoch Baufahrzeuge der Berner Baufirma Marti AG auf, Züge fahren ein, der Schotter wird bis morgens um halb fünf in den Steinbruch gekippt. 

«Die Betreiberin des Steinbruchs und Hartschotterwerks Blausee-Mitholz (SHB), die Firma Vigier, bearbeitet und lagert hochtoxischen Altschotter unmittelbar neben einem offenen Grundwassersee, Abfall von der laufenden Sanierung des Lötschberg-Scheiteltunnels.» 

Hochtoxisch deshalb, weil er Abrieb von Fahrwerk und Bremsen, Asbest und Schwermetalle, Chemierückstände und Teersubstanzen enthält.

Vigiers CEO hat keine Zeit für ein Gespräch mit Linder. Deshalb holt sich dieser Proben von Material und Wasser und schickt sie zur Analyse ans Labor Bachema in Zürich.

«Wenige Tage später ist der Laborleiter am Telefon: Gehen Sie sofort zur Polizei, Herr Linder, die Grenzwerte von Schwermetallen, giftigen Teerstoffen und Arsen sind massiv überschritten.»

Beim Tunnelbau fällt Ausbruchmaterial an. Das versteht jeder. Das Tunnelsystem des Lötschberg-Basistunnels umfasst 88 Kilometer, es fielen über 16,5 Mio. Tonnen Material an. 

«Ein riesiger Teil des mit Sprengstoffrückständen kontaminierten Tunnelausbruchs wurde zusammen mit hochproblematischen Schlämmen und toxischem Baustellenabfall im Kandertal verscharrt. Am Fusse von Eiger, Mönch und Jungfrau liegen seit über 15 Jahren Millionen Tonnen verschmutztes Material, welches dem Volumen der Cheops-Pyramide entspricht.»

SVP-Regierungsrat Neuhaus und «übergeordnete Interessen»

Stefan Linder kann und will das nicht hinnehmen, obwohl ihn Peter Füglistaler, Vorsteher des Bundesamts für Verkehr (BAV) bei einem Treffen warnt, er lege sich mit der Abfallmafia der Schweiz an, deren Verbindungen bis «ganz oben hinauf» führten. Immerhin drohen dem Kanton Bern, dem Bund und den beteiligten Firmen gigantische Kosten für Aufräumarbeiten. Dazu steht der Ruf von Ingenieuren, Bundesbeamten und hohen Politikern auf dem Spiel. 

«Am 2. Juni 2020 um 17.30 Uhr informiert Linder den Berner SVP-Regierungsrat und Vorsteher des Baudepartements Christoph Neuhaus. Der verweist ihn an den Generalstaatsanwalt. Dessen Stellvertreter rät Linder, auf einem Polizeiposten Anzeige zu erstatten.»

Statt ernst genommen zu werden, wird Linder bedroht und zwar vom Herrn Regierungsrat Neuhaus höchst selbst. Es seien schon andere in einem Steinbruch verschwunden… Heute bezeichnet Neuhaus die Drohung als «infame Unterstellung».

200916 Vertreter Firma Steinbruch
Marcel Rychen, Vertreter des Betonkonzerns Vigier, weist am 16. September 2020 jeden Zusammenhang mit der Blausee-Vergiftung zurück.

Linder präsentiert seine Ermittlungsergebnisse der Berner Polizei – und wird von allen Seiten abgeblockt. Dennoch gelingt es ihm, einen Polizisten für eine Observierung des Steinbruchs zu gewinnen. «Doch dann, um 11.37, klingelt (Polizist) Bürgis Telefon: ‹Übungsabbruch, Befehl von oben›, sagt er zu Linder.» Übergeordnete Interessen und nicht genügender Anfangsverdacht lautet die Begründung. Die Polizei geht der Sache nicht auf den Grund. Statt dessen wird Linder wegen Hausfriedensbruchs, Drohnenflügen in einem militärischen Sperrgebiet und illegaler Foto- und Video-Aufnahmen angeklagt.

Stefan Linder lässt sich nicht ins Bockshorn jagen. Er dokumentiert die illegale Müllentsorgung weiter und übermittelt Berichte an die Polizei. 

«Seit Linders erster Meldung an die Polizei, ans AWA (Amt für Wasser und Abfall) und an Regierungsrat Neuhaus sollte es noch 111 Tage dauern, bis am 20. September diese Art des Umgangs mit Abfall gestoppt wurde.»

Bundesamt für Verkehr stellt sich taub

Am 1. Juli 2020 informiert Linder die Geschäftsleitung der BLS. Diese streitet sich mit der Baufirma Marti über die Kosten der Sanierung des Lötschberg-Scheiteltunnels, die fast doppelt so hoch ausfallen wie veranschlagt. Auch trifft er sich mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga sowie Roman Lanz, den für den Blausee zuständigen Präsidenten der Gemeinde Kandergrund und informiert sie über seine Recherchen. 

«Lanz gibt sich unwissend. Später erfährt Linder, dass Gemeindevertreter zusammen mit dem AWA bereits vor dem Treffen eine Begehung des Geländes durchgeführt haben. Linder ist stinksauer, Lanz gibt kleinlaut zu, dass ihm das AWA verboten habe, Linder darüber zu informieren.»

Wie fahrlässig mit Abfallprodukten umgegangen wurde, zeigt sich auch beim Tunnelwasser – je nach Bauphase seit 2000 mit Betonschlämmen und giftigen Rückständen versetzt. In separaten Becken gesammelt, setzt sich der belastete Schlamm ab, wird gepresst und sollte in einer lizenzierten Deponie entsorgt werden. Sollte notabene. Ein Mitarbeiter erklärte dem Rechercheteam: «Wenn man sich immer an alle Vorschriften gehalten hätte, wäre der Bau des Neat-Tunnels gar nicht möglich gewesen.» Offenbar reichte die Kapazität der Auffangbecken hinten und vorne nicht. Floss das Schmutzwasser via Kander in den Thunersee?

Kurz nach dem Jahrtausendwechsel erkrankten die Felchen im See aufgrund von Schadstoffen im pflanzlichen Plankton. 

«Hans Stucki, Umweltchemiker, damals Mitarbeiter der Armasuisse im VBS und zuständig für Munitionschemie, hat eine von keinen Zweifeln getrübte Meinung zu den Erkrankungen der Felchen: «Die ersten Gonaden-Veränderungen traten ungefähr zwei Jahre nach Sprengbeginn bei der Neat und dem Tunnelausbau mit Beton auf. Ich gehe davon aus, dass sich in den Betonchemikalien jener Stoff befindet, der die Felchen im Thunersee schädigte.»

Steinbruch und Blausee
Vom Steinbruch mit der Abfalldeponie führt das Grundwasser in den Blausee

Ganz anders tönt es aus dem für sämtliche Bewilligungen für die Neat-Bauarbeiten zuständigen Bundesamt für Verkehr. Die BAV-Medienstelle schreibt: «Es konnten bis heute weder aus dem abgelagerten Ausbruchmaterial noch aus ‹Neat-Schlämmen› umweltgefährdende Auswirkungen festgestellt werden.» 

Alles bestens also? 

«Knapp 20 Jahre später (!) erstellen die Geologie-Firmen Geotest und Jäckli Gutachten. Geotest hatte Wasser aus Sondierbohrungen im Bereich des abgelagerten Neat-Ausbruchmaterials analysiert, das am Rand und teilweise innerhalb des Abbauperimeters der SHB liegt: ‹Es zeichnet sich mit 0.29 mg/l Ammonium eine deutliche anthropogene [vom Menschen verursachte, Anm. d. Red.] Beeinflussung des Grundwassers ab, welche den für Trinkwasser definierten Wert von 0.1 mg/l überschreitet (…). Eine Beeinflussung durch Sprengmittelrückstände kann dort nicht ausgeschlossen werden.›»

Das teuerste Bauwerk der Schweizer Geschichte

1992 bewilligten die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit 63 Prozent das teuerste Bauwerk der Schweizer Geschichte. Es musste schnell gehen, denn die bilateralen Verträge mit der EU koppelte die Erhöhung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) an die Fertigstellung des Neat-Lötschberg-Basistunnels. Damit die Millionen fliessen konnten, musste der Tunnel 2007 betriebsbereit sein. Diesem Ziel werde laut Peter Teuscher, Direktor der BLS Alptransit AG, «alles untergeordnet».

Kanton Bern läuft ins Leere

Sicherheitsabstände zum Grundwasser wurden massiv unterschritten, Abwasser aus dem «Neat-Hügel» war mit Schwermetallen belastet, Standorte wurden nicht untersucht. Selbst alte Baumaschinen und Autos sollen im Hügel entsorgt worden sein. Ab 2000 wurde verschmutztes Ausbruchmaterial, einschliesslich 110’000 Tonnen toxische Filterkuchen im Mitholz-Strassentunnel verbaut. Nach vier Jahren musste der Tunnel wegen massiven Schäden gesperrt werden. Der Tunnel-Besitzer, der Kanton Bern, beginnt zu ermitteln und geht wegen Verletzung von kantonalen Umweltgesetzen vor Gericht. 

Das Gemauschel geht weiter. 

«Das kantonale Amt forderte die Tunnelbauer schriftlich auf, das Material in eine andere, geeignete Deponie mit Kammer-Filterpresse abzuführen […] oder bei der zuständigen Bundesbehörde eine Ausnahmebewilligung für Ablagerung der Schlämme in Mitholz zu erwirken. So steht es in den Gerichtsakten. Im Klartext schlägt der Kanton also dies vor: Der Bund könne ja das vom Kanton verbotene Vorgehen zur Ablagerung der Schlämme in Mitholz [nachträglich] bewilligen. Als ob die mögliche Gefährdung durch Giftstoffe damit verändert würde. Einzig die Verantwortung verlagert sich, weg vom Kanton, hin zum Bund. Der Kanton nahm die mögliche Gefährdung des Grundwassers in Kauf. 

Dann urteilte das Gericht: Freispruch. Die Urteilsbegründung: Der Kanton sei nicht zuständig für die Erteilung oder die Verweigerung einer Bewilligung. Der Bund, das Bundesamt für Verkehr, habe gestützt auf das Eisenbahngesetz den Segen für das Vorgehen erteilt, und das schliesse die Materialbewirtschaftung mit ein. Das bedeutet konkret, dass in der SHB toxische Schlämme verarbeitet und anderes schmutziges Material vergraben werden dürfen – der Steinbruch war für die Zeit des Neat-Baus offiziell zu einer Deponie in einem Gewässerschutzgebiet geworden.»

Ab Juni 2003 begannen die Tunnelbauer ihre toxischen Pressschlämme ins Freiburgische zu karren. Die Deponie La Tuffière bei Hauterive gehört ebenfalls dem Vigier-Konzern. 72’000 Tonnen füllten die Grube, die für diesen Giftmüll nicht lizenziert ist. Besorgte Anwohner nahmen Proben und alarmierten die Polizei, als hohe Konzentrationen von krebserregendem Chrom VI und anderen Schadstoffen festgestellt wurden. Anders als der Kanton Bern handelte Freiburg zügig: Im März 2005 verbot das zuständige Amt weiteres Deponieren von Neat-Abfällen. 

Mittlerweile klagte der Kanton Bern gegen die Grubenbetreiber wegen des Mitholz-Tunnel-Pfuschs auf 25 Millionen Schadenersatz. 2012 sprach das Handelsgericht dem Kanton 16 Millionen zu. Eine öffentliche Hauptverhandlung gab es nicht, es wurde Stillschweigen vereinbart, Akteneinsicht verweigert. 

210120 Blausee.20Minuten
Schlagzeile vom 20. Januar 2021 in «20Minuten»

PR-Kampagne mit Hilfe der Agentur Hirzel.Neef.Schmid

Anstatt die angerichtete Sauerei zu beseitigen, gehen die Grubenbetreiber zum Gegenangriff über. Sie laden Medien auf ein aufgeräumtes Gelände und zu einem Container voller Altschotter ein. Vertreter des BAV, des Bafu und des AWA bestätigen: keinerlei Gefährdung.

 «Es erscheinen Untersuchungen von Ämtern, die auf eine möglicherweise unsachgemässe Handhabung der Blausee-Forellenzucht hinweisen. Regierungsrat Christoph Neuhaus erzählt in der Folge auf seiner Wahlkampf-Tour am Rande jeder Veranstaltung, dass die Blausee-Betreiber ihre Fische nicht sachgemäss gehalten hätten und jetzt einen Schuldigen suchten.

Seit die Zürcher Kommunikationsagentur Hirzel. Neef. Schmid mit einem Mandat von Vigier ausgestattet ist, erscheinen in Ringier-Publikationen Artikel, die von Verfehlungen in der Fischzucht reden und die Besitzer verunglimpfen.»

Es sind mächtige Gegner, mit denen sich die Blausee-Besitzer angelegt haben: Vigier ist eine Tochtergesellschaft des französischen Familienkonzerns Vicat, das Baustoffe herstellt. Nach Berechnungen des Investigativ-Mediums Mediapart gehört Vicat zu den zehn grössten Umweltverschmutzern Frankreichs. Anfragen werden abgeblockt, Krisen ausgesessen. Die Marti AG ist das zweitgrösste Bauunternehmen der Schweiz. 

«Im aktuellen Blausee-Verfahren wird gegen fünf Marti-Mitarbeiter wegen Vergehen gegen Umwelt- und Grundwassergesetze im Zusammenhang mit Altschotter-Lieferungen ermittelt. Eine Anhörung Ende August 2022 verkam zu einer absurden Veranstaltung: Die Marti-Mitarbeiter antworten auf sämtliche Fragen des Staatsanwalts drei Stunden lang mit dem immer gleichen Satz: «Auf Empfehlung meiner Verteidigung mache ich zu der gestellten Frage im Moment keine Aussagen.» Marti schweigt, und Vigier bestreitet jeden Zusammenhang zwischen Fischsterben und den Vorgängen im Steinbruch. Doch woher stammen Arsen, Blei, Kadmium, Kupfer, Mangan, Quecksilber, Zink, Nickel, Chrom und Aluminium und die hohe Konzentration an PAK in den Forellen, die das Interlabor in Belp festgestellt hat?»

Als die Corona-Pandemie 2020 auch die Tunnel-Baustelle und den Abtransport von kontaminiertem Material in die SHB lahmlegte, hielt sich das Fischsterben in der Blausee-Zucht kurz darauf wieder in normalen Grenzen. Sobald die Tunnelsanierung wieder ins Rollen kam, verdoppelte es sich wieder.

«Besonders in Biofisch-Zuchtanlagen sterben regelmässig grössere Fischbestände, so auch in der Blausee AG. Die Mortalität in den Jahren 2018 bis 2020 überstieg das Übliche bei weitem. In dieser Zeitspanne wurde verschmutzter Gleisschotter, toxisch imprägnierte Eisenbahnschwellen und anderes aus dem Lötschberg-Scheiteltunnel in der flussaufwärts gelegenen SHB teilweise entsorgt, zwischengelagert und sogar weiterverarbeitet. Das wahrscheinlichste Szenario: Grundwasser und Regen spülten Feinpartikel und Toxine in die Fischzucht. Die Sterberaten normalisierten sich ab 2021, als in der SHB kein Tunnel-Abfall mehr verarbeitet wurde.»

Die Berner Zeitung und die Rundschau des Schweizer Fernsehens griffen die Vergehen im Steinbruch SHB zwischen 2012 und 2020 auf. Dort heisst es offensichtlich: weiter wie bisher, so als wäre sie immer noch eine bewilligte Deponie wie in der Neat-Zeit. Auch die Behörden machen weiter wie bisher: abwiegeln, verharmlosen, ausweichen. Der Staatsanwalt spricht von «angeblich» gestorbenen Fischen, die Umweltpolizei stellt fest, es gebe «keinen Sachbeschädigungstatbestand bezüglich der Blausee AG». Doch die Recherche des Reportage-Teams stellt fest:

«Der Polizeibericht vom 15. November 2021 zuhanden der Staatsanwaltschaft spricht Klartext: ‹Die Ermittlungen ergaben, dass die Firma Steinbruch und Hartschotterwerk Blausee-Mitholz (SHB) widerrechtlich Abfälle angenommen hatte, diese verarbeitet und die daraus entstandenen Abfälle in ihrer Materialentnahmestelle eingebaut hatte.›»

Stefan Linders Vertrauen in die Bewilligungsbehörden und die beteiligten Betriebe ist beschädigt: 

«Mir geht es schon lange nicht mehr um die toten Fische. Bei der laufenden Tunnelsanierung wurde, wie die Polizei bewies, jede Abfallsorte illegal gehandhabt, wie auch schon andere Abfälle in den Jahren zuvor. In Zukunft, beim Neat-Ausbau und bei der Räumung des Mitholz-Munitionsdepots, soll plötzlich alles korrekt laufen? Dafür wollen wir Garantien.»

Aus diesen Gründen liegen die 8,3 kg Beschwerden auf dem Tisch des Bundesverwaltungsgerichts. Denn das Bundesamt für Verkehr hat die Planungsgenehmigung für den Neat-Ausbau erteilt – obwohl der Dreck der Vergangenheit noch immer unter dem Teppich im Kandertal liegt. 

Was noch kommen wird

Die meisten Verfahren in der «Causa Blausee» sind nicht abgeschlossen, es geht um Strafanzeigen von mehreren Akteuren in der Geschichte gegeneinander, aber auch um Strafanzeigen der Staatsanwaltschaft. Diese befragt derzeit dutzende Beteiligte, sowohl Auskunftspersonen als auch Beschuldigte. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Beschwerde der Blausee AG gegen die Plangenehmigung für den Neat-Ausbau auf knapp vollständige, also nicht ganz durchgehende Doppelspurigkeit, steht noch aus. Das Urteil kann ans Bundesgericht weitergezogen werden. Das Schweizer Parlament wird voraussichtlich im Frühjahr 2023 entscheiden, ob nicht doch ein Ausbau zur durchgehenden Doppelspurigkeit sinnvoller wäre. Insgesamt ist die Lage – planerisch, juristisch und unternehmerisch – ungewiss.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

Gift_Symbol

Gifte und Schadstoffe in der Umwelt

Sie machen wenig Schlagzeilen, weil keine «akute» Gefahr droht. Doch die schleichende Belastung rächt sich.

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