Migros behauptet kühn, an Bio verdiene sie weniger
Das Migros-Magazin warf die Frage gleich selber auf: «Verdient die Migros zu viel an Bio?» Die Antwort von Migros-Marketing-Chef Matthias Wunderlin lautete – wenig überraschend: «Nein.» Und weiter: «Prozentual liegen die Margen bei unseren Bio-Produkten sogar leicht tiefer als bei konventionell hergestellten.»
Wichtig ist das Wort «prozentual»
Entscheidend ist die Einschränkung «prozentual». Dazu eine kleine Rechnung:
- Angenommen, die Migros kaufe ein Kilo konventioneller Karotten beim Grosshändler für Fr. 1.20 pro Kilo ein. Weiter angenommen, sie schlage anschliessend eine Marge von 50 Prozent drauf. Dann resultiert ein Verkaufspreis von 1.80 pro Kilo. Die Marge beträgt demnach Fr. –.60.
- Für die Karotten in Bio-Qualität zahlt die Migros dem Grosshändler Fr. 2.20. Sie schlägt «nur» eine Marge von 45 Prozent drauf. Dann kosten sie im Laden Fr. 3.20. Die Marge beträgt Fr. 1.–. Prozentual ist sie in der Tat «leicht tiefer», in absoluten Zahlen aber deutlich höher. Weil der Preis bei Bio-Produkten höher ist.
Die Migros sagt nichts
Infosperber hätte die Behauptung der Migros gerne überprüft. Er hätte wissen wollen, ob die prozentuale Marge wirklich niedriger ist. Und wie hoch die absolute Marge ist. Deshalb bat Infosperber die Migros um Zahlen. Doch die Migros teilte mit: «Margen zu einzelnen Artikeln geben wir nicht bekannt.»
Margen von 70 Prozent
Deshalb stützt sich Infosperber auf Fakten. Und diese zeigen, dass sich die Detailhändler an den Bio-Produkten gesundstossen. Schon 2008 wies die Konsumenten-Zeitschrift K-Tipp nach, dass die Marge bei Bio-Karotten sogar prozentual höher war als bei konventionellen. Konkret heisst das: Für Bio-Karotten lagen die Margen bei 50 bis 70 Prozent, für konventionelle bloss bei 25 bis 30 Prozent. Migros und Coop wollten sich damals nicht zu den Zahlen äussern.
Bundesamt bestätigt
Sechs Jahre später kam das Bundesamt für Landwirtschaft zum gleichen Schluss. Es stellte fest, dass die Detailhändler an einem Kilo biologischer Kartoffeln Fr. –.79 verdienten. An einem Kilo konventioneller Kartoffeln hingegen Fr. –.59.
Schon 2010 hatte die Fernsehsendung Kassensturz vorgerechnet, dass Migros und Coop eine deutlich höhere Marge auf Bio-Produkte schlugen als die Discounter Aldi und Lidl.
Die ganze Wahrheit?
Trotzdem steht im Gefälligkeits-Interview in der Migros-Zeitung: «Höhere Verkaufspreise für Bio-Produkte zeugen nicht von höheren Margen, sondern von höheren Herstellungskosten in der Landwirtschaft und damit auch von höheren Preisen, die wir den Bauern bezahlen.» In Prozenten gerechnet, stimmt das vielleicht. In Franken und Rappen gerechnet, wahrscheinlich nicht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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seit langen glaube ich der Migros Geschäftsleitung kein Wort mehr. in div angelegenheiten habe ich Die Migros schon auf gewisse Unstimmigkeiten aufmerksam gemacht. Ab und zu habe ich wenigstens eine nichtssagende Antwort erhalten. Ebenfalls der Verdienst an den BIO Produkten wurde vor Jahren schon beanstandet. Ich finde dies übrigens gegenüber dem Konsumenten und dem Produzenten sehr feige. PS. Auch bei Denner sind wir schon abgezockt worden und haben ebenfalls keine Auskunft erhalten bezüglich BIO Kartoffeln
Diese Preispolitik und die Undurchsichtigkeit ist bei allen Grossverteilern usus.
Deshalb kaufe ich vor allem auf Märkten und bei Fachgeschäften ein.
Da erhalte ich die frischeren und qualitativ hochstehenderen Produkte und trage zum Erhalt von kleinen, eigenständigen Existenzen bei.
Zwei Pfefferminz- oder Basilikumzwigli im Bereich von unter 10g kosten 2.20 Franken. Im Migros, Coop oder Denner. Das haut mir regelmässig den Nuggi raus.
@Alexander Maier Das muss wohl so sein. Denn wie sollten Sie sich denn mit Nuggi die Pfefferminz- oder Basilikumzwigli reinziehen?
Auch bei den kassenpflichtigen Medikamenten gibt es diese Diskussion seit Jahren.
Generika haben zwar höhere Prozentmargen, aber deutlich kleinere CHF-Margen. Verkäufer sind also finanziell daran interessiert, teurere Originaloräparate abzugeben. Da hier der Selbstbehalt etwas erhöht wurde, bezahlt häufig der Konsument diese Zusatzkosten.
Richtig wäre wohl die Margen in CHF festzulegen. Dann würde aber wohl niemand mehr die teureren Originalpräparate kaufen.
PS: gemäss BAG gilt als Originalpräparat, was als Originalpräparat in die SL aufgenommen wurde, selbst wenn das Patent schon seit Jahren abgelaufen ist. Der «Generikapreisabstand», gesetzlich geregelt, zementiert diesen ökonomischen Unsinn aus der Zeit des Pharmakartells …
Vor einigen Tagen fragte ich die Migros per Mail, was der Aufkleber auf Früchten «NL-Bio-01» bedeutet (ich hatte es auf migros.ch nicht gefunden). Die Antwort habe ich immer noch nicht. Ist das so schwierig? PS: Der Kleber ist auf Grapefruits «aus Südafrika» laut Ladenschild.
Die Konsumenten sollten sich wehren oder auch nur ihr Informationsrecht nutzen. Viele Migros-Bio-Waren kommen aus dem Ausland (insbesondere verarbeitete Lebensmittel wie Eier in Backwaren), wo offenbar tiefere Anforderungen an Bio gelten, die Konsumenten aber die hohen Schweizer Preise dafür zahlen.
Zitat: «Konsumentinnen und Konsumenten haben das Recht, im Offenverkauf die gleichen Informationen zu erhalten wie bei vorverpackten Lebensmitteln»: https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/lebensmittel-und-ernaehrung/lebensmittelsicherheit/naehrwertinformationen-und-kennzeichnung/offenverkauf.html
Leserbrief im Ktipp 18/2012: https://www.bildhochladen.de/images/2022/10/08/Ktipp18.2012Leserbrief.jpg
Es geht noch perfider, wie die Aussage dass der % Gewinn kleiner sei.
Habe schon oftmals auch bei Migros gesehen, dass auf Sichthöhe ein bestimmtes Biogemüse mit Preis aufgestellt war, und darunter das gleiche Gemüse nicht Bio Gemüse mit jeweiligen dem Preis.
Wenn man allerdings das Kleingedruckte las, bezog sich der Preis des Biogemüse per 500gr und der des normalen Gemüse für 1kg. Wenn man nicht mehr gut sieht und einfach das scheinbar günstigere Gemüse nimmt fühlt man sich betrogen. Solche Tricks sollten zum Schutz der Konsumenten verboten werden.