Das Spiel: Brückenbau im mittelalterlichen London
«Old London Bridge» ist ein Spiel mit einem geschichtlichen Hintergrund. Die Spielanleitung hebt das explizit hervor. Feuersbrünste waren im Mittelalter gefürchtet, die Holzbauten anfällig. Das betraf auch die Old London Bridge. Nach dem Feuer 1136 wurde Peter de Colechurch mit dem Wiederaufbau der Brücke beauftragt. Zum Schutz vor dem Feuer plante er eine Brücke aus Stein, auf der ein neues Quartier entstehen sollte. Genau an dieser Stelle setzen wir spielerisch an.
Das Spielmaterial erregt Aufsehen. Sämtliche Spielenden besitzen zwei Brückenabschnitte, auf denen Runde für Runde ein neues Gebäude entsteht. Stolze 33 Jahre benötigte der Brückenbau damals in Echtzeit, da wirken die 12 Spielrunden doch eher bescheiden. Bei «Old London Bridge» wirken verschiedene spielerische Elemente in den Wiederaufbau ein. Wer seine Schritte optimal plant, sammelt die nötigen Münzen für den Sieg.
Verzahnte Spielelemente
Der Rundenablauf beim Brückenbau bleibt stets gleich und ist nicht komplex. Die einzelnen Elemente fügen sich zu einem schönen Ganzen zusammen. Darin den Zusammenhang zu erkennen und spielerisch zu reagieren, das macht den Reiz von «Old London Bridge» aus. In jeder Spielrunde dreht man erst an einer Scheibe, die den Wert der einzelnen Gebäude neu festlegt. Da die Gebäudewahl später in ihrer Art begrenzt ist, erhält die Zugreihenfolge viel Gewicht. Mit einer verdeckt ausgespielten Personenkarte bestimmt man die Reihenfolge. Je höher der Wert, desto eher ist man beim Bau an der Reihe.
Nun wählt man eines von sechs ausliegenden Gebäuden für seinen Brückenabschnitt. Jedes Gebäude löst später eine bestimmte Aktion aus. Zudem muss die Hausnummer stetig kleiner werden. Diese kleine Knobelaufgabe ist nicht ganz einfach, Häuser dürfen dabei ersetzt werden. Ein Park neutralisiert zur Not die Zahlenreihenfolge auf der Brücke, ermöglicht aber keine Aktion. Für die Stärke der einzelnen Aktionen sind die Wappen der Zünfte zuständig, die ebenfalls auf den Gebäuden zu finden sind. Mit Gebäudeart, Hausnummern und Wappen puzzelt man gleichzeitig an drei Stellen beim Brückenbau.
Langsam schreitet der Bau voran
Mit jedem neuen Gebäude holt man sich kleine Spielvorteile für den weiteren Verlauf: Bonusaktionen, eine Bevorzugung bei der Spielerreihenfolge, Münzen oder neue Personenkarten zur Bestimmung der Zugreihenfolge. Gildenhäuser sorgen für zusätzliche Aktionsstärke, und Pärke setzen die Hausnummernfolge auf null. Kurz: Es gibt viele gute Gründe, um gewisse Gebäude unbedingt als Nächstes auf den Brückenabschnitt zu stellen.
Die Brücken mit ihren Steckplätzen füllen sich langsam mit den unterschiedlichen Gebäuden. Die Old London Bridge wird wieder mit Stadtleben gefüllt, ein Quartier entsteht. Nach 12 Runden findet eine Schlusswertung statt. Wer optimal gebaut und die drei Zielvorgaben des Spiels am besten umgesetzt hat, erhält noch ein letztes Mal Münzen. Reicht es zum Sieg? Die Zielvorgaben lassen sich übrigens auswechseln, so entsteht eine gewisse Varianz in der Spielausrichtung. Die Münzen in der Schlusswertung sind nicht zu unterschätzen.
Das nächste Feuer kommt bestimmt
Die Verzahnung der einzelnen Elemente macht den Spielreiz bei «Old London Bridge» aus. Manchmal muss man Prioritäten setzen und stellt sich auch einmal hinten an, wenn man bei der Gebäudewahl flexibel unterwegs ist. Das Kombinieren der passenden Gebäude auf der Brücke fordert die Spielenden in drei Bereichen heraus. Die Freude ist gross, wenn am Ende tatsächlich alle 12 Gebäudeplätze auf der Old London Bridge gefüllt sind, kein einfaches Unterfangen.
Architekt Peter de Colechurch hat die Fertigstellung «seiner» Brücke nicht mehr erlebt. Das neue Quartier fand in London Anklang. Und trotzdem war es nicht die letzte Feuersbrunst für die Old London Bridge. Das könnte man spielerisch dann in einer Fortsetzung abhandeln.
____________________
Old London Bridge
Ein Optimier-Spiel von Gabriele Bubola, Leo Colovini
Illustrationen: Patricia Limberger, Markus Erdt
Für 2-4 Personen | Ab 10 Jahren | 45 – 60 Minuten
Verlag: Queen Games | ca. 59.- Fr. / 50 Euro
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Patrick Jerg betreibt seit über 10 Jahren die Webseite brettspielblog.ch und veröffentlicht regelmässig Spielkritiken über Brett- und Kartenspiele.
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.