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Auf MDMA, besser bekannt als Ecstasy, ruht eine grosse Hoffnung bei der Behandlung von Traumafolgen. © Depositphotos

USA erwägen, psychedelische Drogen zur Therapie zuzulassen

Daniela Gschweng /  Ecstasy und Magic Mushrooms – was jetzt die Drogenfahndung alarmiert, könnte in den USA bald als Therapeutikum zugelassen sein.

Psychedelische Drogen wie Ecstasy könnten in den USA bald als Therapeutika zugelassen werden. Vorschläge dafür kommen aus beiden Parteien und haben gute Chancen Gesetz zu werden. Am 13. Juli nahm das US-Repräsentantenhaus zwei Änderungsanträge an, die den Zugang verbessern und therapeutische Studien auf den Weg bringen sollen. Wie die Änderung im US-Senat aufgenommen werde, stehe aus, schätzt der «Intercept», der über die Anträge berichtete.

Verhandelt wird der Vorschlag mit dem Verteidigungsetat – weil viele Soldaten und Veteranen betroffen sind, die unter Traumafolgen leiden. Die Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung PTBS (englisch: PTSD) ist für das Land eine dringende Notwendigkeit. Mehr als 11 Prozent aller US-Veteranen entwickeln nach Statistiken des Amts für Veteranenangelegenheiten eine solche Störung; abhängig vom Einsatzort können es auch mehr sein. In der Durchschnittsbevölkerung seien es rund sechs Prozent.  

Dabei geht es vor allem um die Wirkstoffe MDMA und Psilocybin, bekannt als Ecstasy und als Wirkstoff halluzinogener Pilze oder Magic Mushrooms. Weniger bekannte Substanzen wie Ibogain und 5-MeO-DMT sollen erforscht werden. Vorgesehen ist die Zulassung im Rahmen einer von geschulten Fachpersonen begleiteten Therapie. Bisherige Studien mit solchen geführten Sitzungen, die in den Therapieverlauf eingebettet werden, verliefen vielversprechend.

Was ist PTBS überhaupt?

Um beides, Krankheit und Therapie, nachvollziehen zu können, muss man wissen, wie ein Trauma entsteht. Durch eine drastische oder erschütternde Erfahrung entsteht dabei sehr grob gesagt ein Kurzschluss im Erinnerungssystem. Das kann ein Unfall sein, eine Erfahrung sexueller Gewalt oder eben eine Kriegssituation. Erinnerungen werden dann nicht richtig aufgezeichnet und abgespeichert, gelöscht oder «falsch verdrahtet».

Bei vielen Betroffenen heilt ein Trauma, bei manchen nicht. Die Folgen schränken Betroffene oft erheblich ein. Sie haben unerklärliche Schmerzen, Schlafstörungen und Albträume, die auch erst Jahre später auftreten können. Traumatisierte können in Alltagssituationen auf unerklärliche und unkontrollierbare Weise reagieren. Einige isolieren sich und sind nicht in der Lage, ein erfüllendes oder produktives Leben zu führen. Manche werden depressiv oder suizidal.

Welche Therapieoptionen gibt es sonst?

Behandelt werden Traumata oder PTBS meist mit verhaltenstherapeutischen Ansätzen, ergänzt von Antidepressiva. Ein langwieriger Prozess, der Betroffene in die Lage versetzen soll, Muster zu erkennen, ihr Verhalten zu ändern und wieder ein zufriedenstellendes Leben zu führen. Auch ein relativ neuer Ansatz namens EMDR, bei dem die Therapieperson die Finger bewegt und der Patient mit schnellen Augenbewegungen folgt, zeigt gute Erfolge. Warum EMDR wirkt, ist bisher nicht eindeutig geklärt.

Und wie wirken da Drogen?

Auch bei psychedelischen Hilfsmitteln ist nicht ganz klar, warum sie helfen. Fachleute halten MDMA und Co. in der Therapie für eine Art Katalysator, der es ermöglicht, auf bestimmte Erinnerungen wieder zuzugehen und schwer zugängliche Emotionen zu aktivieren.

Der Psychiater und Veteran der kanadischen Armee Rakesh Jetly hält es unter Hinweis auf Studien mit bildgebenden Verfahren sogar für möglich, dass Substanzen wie Psilocybin das Gehirn bei der Therapie in bestimmten Bereichen verändern.

Jüngste Studien jedenfalls zeigen Erfolge in erstaunlich kurzer Zeit: Bei der Behandlung von Depressionen mit Psilocybin erlebten beispielsweise in einer Studie mit 20 Personen 13 Teilnehmer nach nur wenigen Sitzungen eine über mehrere Monate anhaltende Besserung ihrer Beschwerden.

Auch andere, weiter zurückliegende Untersuchungen zeigten positive Ergebnisse nach kurzer Anwendung. Nach einem Versuch mit 65 Veteranen, von denen 51 einen Fragebogen ausfüllten, berichteten diese über die Verbesserung von Symptomen. Belastende Traumafolgen wie Angstgefühle, kognitive Einschränkungen oder Suizidgedanken waren weniger geworden. Es gibt einige weitere Untersuchungen wie diese, meist mit kleiner Teilnehmerzahl.

Die Regulierungsbehörde FDA wurde bereits 2017 auf MDMA und Psilocybin in der therapeutischen Anwendung bei PTBS und schweren Depressionen aufmerksam. Seit 2020 sind diese Stoffe deshalb für Versuche leichter zugänglich, obwohl sie illegal sind.

Die Art der Anwendung ist wichtiger als die verwendete Substanz

Die Regulierung von «Drogen-Therapien» sei aber voraussichtlich anspruchsvoll, sagt Joshua Woolley, Psychiater an der University of California, dem «Smithsonian Magazine», das sich mit den Drogen-Therapien befasst hat. Wie die Therapiesitzung verlaufe, sei viel entscheidender als die Substanzen selbst.

Patentinnen und Patienten, die die psychoaktiven Substanzen einnehmen, seien sehr verletzlich und empfänglich für Suggestion. Ein Therapeut könnte sie dazu bringen, Dinge zu tun, die sie bei klarem Bewusstsein nicht täten. Gegen eine kalifornische Therapeutin beispielsweise wurde ermittelt, weil sie einen Holocaust-Überlebenden dazu gebracht haben soll, ihr vier Millionen Dollar zu überschreiben.

In der Schweiz waren LSD und seine Verwandten lange stillgelegt

Die unterstützte Therapie, legen bisherige Studien nahe, wirkt schnell und effektiv, Therapierte berichten von einer Verbesserung ihres Zustandes in nur wenigen Sitzungen. Weil die Drogen nur kurze Zeit zum Einsatz kommen, schätzen Fachleute das Suchtpotential als gering ein, anders als bei Antidepressiva gibt es so auch nur geringe Nebenwirkungen.

Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Schweiz dürfte all das keine grosse Überraschung sein. Seit Albert Hoffmanns berühmter LSD-Velotour in Basel 1943 wurde in der Schweiz mit LSD für therapeutische Zwecke experimentiert.

Ende der 1960er-Jahre wurden LSD und andere psychoaktive Substanzen dann verboten, was die Forschung grösstenteils zum Erliegen brachte. Ein Verbot von MDMA, die derzeit grösste Hoffnung bei der Behandlung von PTBS und Produkt eines deutschen Pharmaunternehmens, folgte Mitte der 1980er-Jahre.

Die Stigmatisierung psychedelischer Substanzen schwindet

In den letzten Jahren wurde weltweit aber wieder geforscht. Ein LSD-Trip dauert einige Stunden länger als eine Behandlung mit MDMA oder Psilocybin, was in der Anwendung ein Nachteil ist.

Die Widerstände gegen diese Wirkstoffe in der Therapie waren in Europa nie so gross wie in den USA im Zuge des «War on Drugs». Aber auch dort ändern sich die Massstäbe. Nicht nur der Gesetzgeber und die Regulierungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) öffnen sich.

Auch allgemein deutet sich in den Vereinigten Staaten die Tendenz an, psychedelische Drogen zu entkriminalisieren. Die Städte Denver und Detroit beispielsweise haben die Strafverfolgung von Psilocybin-Konsumentinnen eingestellt, der Bundesstaat Oregon hat den Wirkstoff aus halluzinogenen Pilzen für therapeutische Zwecke freigegeben

Anleger euphorisch, Fachleute skeptisch

Die Entwicklung wird nicht zuletzt an den Finanzmärkten aufmerksam verfolgt. «Der nächste Rausch für Anleger?» titelte n-tv schon 2019 und wies auf prominente Investoren wie Peter Thiel hin, die die psychedelischen Anlagen schätzten. «Business Insider» sah im Mai einen «Psychedelika-Boom» anrollen. Manche Beobachter erwarten eine Entwicklung wie bei Cannabis, das in den USA auf Bundesebene noch immer illegal, in einigen Staaten aber frei verkäuflich ist.

Ein Trend, bei dem Fachleuten nicht so ganz wohl ist, auch wenn sie die Entwicklung unterstützen. «Millionen Menschen nehmen Psilocybin oder Magic Mushrooms und es geht ihnen dadurch nicht besser», sagt der kalifornische Psychiater Woolley, der begeistert ist von den neuen Therapiemöglichkeiten. «Manche Leute sollten besser gar keine psychedelischen Drogen nehmen», findet auch der Psychotherapeut Bruce Tobin, den «Bloomberg» gefragt hat.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Drogen

Drogen verbieten oder legalisieren?

Der Drogenkrieg ist ein Fiasko, sagen die einen, keine weiteren Drogen neben Alkohol und Tabak die andern.

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2 Meinungen

  • NikRamseyer011
    am 18.08.2022 um 11:22 Uhr
    Permalink

    Bald schon «Psycho-Drogen für Therapien in den USA» und die «Bank fo America wünscht sich mehr Arbeitslose in den USA»? Who the fuck cares around here? Hallo! Wir haben hierzulande ganz andere Sorgen und Probleme. Und sollten endlich aufhören die ebenso übergriffige wie dekadente und absurd militarisierte Weltmacht hinter dem Atlantik als Nabel der Welt zu begreifen und intensiv einseitig zu rapportieren! Das tun die NZZ der Tagi und alle anderen Mainstreamer eh schon bis zum Überdruss. Andere Teile der weiten Welt sind gewiss interessanter und zusehends relevanter.

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