Krim, russische Soldaten bei Gefangennahme

Sowjetische Soldaten werden 1942 auf der Krim gefangen genommen. Über drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene starben an Hunger, Entkräftung und Seuchen. © Wikimedia Commons

«Der russische Magen ist dehnbar, darum kein falsches Mitleid»

Leo Ensel /  Vor 81 Jahren überfiel die Wehrmacht die Sowjetunion. Der geplante Vernichtungskrieg kalkulierte Millionen von Hungertoten mit ein.

In den letzten beiden Monaten wurde immer wieder in Kiew erklärt – und von verschiedenen Leitmedien begierig aufgegriffen –, Russland führe gerade einen ‚Vernichtungskrieg‘ gegen die Ukraine. Wenn aber jemals ein Krieg die Bezeichnung «Vernichtungskrieg» verdient hat, dann der, den die Wehrmacht zwischen 1941 und 1944 auf dem Territorium der Sowjetunion führte.

«Armut, Hunger und Genügsamkeit erträgt der russische Mensch schon seit Jahrhunderten. Sein Magen ist dehnbar, daher kein falsches Mitleid.»

Dies schrieben nicht etwa Hitler, Himmler oder Goebbels. Der Satz stammt von Herbert Backe, Staatssekretär im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Er findet sich in einem als «Gelbe Mappe» bezeichneten Papier, das Görings Ernährungsbeauftragter genau drei Wochen vor dem Überfall auf die Sowjetunion unter dem Rubrum «Geheime Kommandosache» über 10’000 Landwirtschaftsführern im ‚Reich‘ zukommen liess. Die gesamte künftige Besatzungspolitik des riesigen zu erobernden Raums im Osten solle unter dem obersten Prinzip «Was nützt es Deutschland?» stehen. Bereits einen Monat zuvor, am 2. Mai 1941, hatte es in einer Sitzung von Staatssekretären und führenden Offizieren der Wehrmacht geheissen: «Der Krieg ist nur zu führen, wenn die gesamte Wehrmacht im 3. Kriegsjahr aus Russland ernährt wird. Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn das für uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird.»

Der Überfall als «Kriegsnotwendigkeit»

Im zweiten Jahr des von ihnen entfesselten Krieges hatten die deutschen Aggressoren sich in eine Sackgasse manövriert. Trotz erfolgreicher Blitzkriege gegen Polen, Dänemark, Norwegen, die Niederlande, Belgien und Frankreich war es Hitlers Wehrmacht nicht gelungen, England in die Knie zu zwingen. Der kriegsentscheidende Sieg an der Westfront war damit in weite Ferne gerückt. Nach wie vor konnte die britische Schlachtflotte mittels Seeblockade Deutschland in existenzielle Bedrohung bringen.

Schon zu Friedenszeiten war das Deutsche Reich nicht in der Lage gewesen, sich aus den Erträgen der eigenen Landwirtschaft ausreichend zu ernähren. Wie der Historiker Götz Aly in seinem vielbeachteten Band «Hitlers Volksstaat» herausgearbeitet hat, «gelang es der NS-Führung auch mit äusserstem Kräfteaufwand allenfalls, 83 Prozent der eigenen notwendigen Lebensmittel im Inland produzieren zu lassen. In jedem Fall blieben Einfuhren – insbesondere von Pflanzenfett und Futtergetreide – notwendig, um die Bevölkerung ausreichend zu versorgen. Die Mobilisierung der Streitkräfte führte zwangsläufig zum Mangel an Kunstdünger, für den derselbe Stickstoff gebraucht wurde wie für die Pulverproduktion; ferner fehlte es bald an Männern, Pferden, Traktoren, neuen Maschinen und Treibstoff.» All diese Importgüter, und nicht zuletzt das kriegsnotwendige Erdöl, waren unter den Bedingungen der britischen Seeblockade zu schwer erreichbarer Mangelware geworden.

Was Hitler in «Mein Kampf» unter dem Stichwort «Lebensraum im Osten» noch eher vage als ideologisches Fernziel angedeutet hatte – die Eroberung der Sowjetunion bis zum Ural sowie die Vertreibung, Versklavung und Ermordung der dortigen Bevölkerung – und was er noch am 11. August 1939 gegenüber dem Schweizer Völkerbundkommissar Carl Jacob Burckhardt so formuliert hatte: «Alles was ich unternehme, ist gegen Russland gerichtet; wenn der Westen zu dumm und zu blind ist, um dies zu begreifen, werde ich gezwungen sein, mich mit den Russen zu verständigen, den Westen zu schlagen, und dann nach seiner Niederlage mich mit meinen versammelten Kräften gegen die Sowjetunion zu wenden. Ich brauche die Ukraine, damit man uns nicht wieder wie im letzten Krieg aushungern kann.» – dies wurde nun im Frühjahr 1941 aus der Perspektive der Täter zur dringenden «Kriegsnotwendigkeit».

«Dezimierung der sowjetischen Bevölkerung um 30 Millionen Menschen»

Hitlers letzter Satz bringt das Trauma der Nazis auf den Punkt: Eine aus Hunger, Mangelernährung und Kriegsmüdigkeit geborene Revolution der eigenen Bevölkerung gegen das Regime wie im November 1918 sollte um jeden Preis – sprich: auf Kosten der sowjetischen Bevölkerung – verhindert werden. Oder mit den späteren Worten Görings vom 24. August 1942: «Bevor das deutsche Volk in eine Hungerkatastrophe kommt, sind die besetzten Gebiete und ihre Bevölkerung dem Hunger auszuliefern.» Am 8. November des Vorjahres hatte er vom «grössten Sterben seit dem Dreissigjährigen Kriege» gesprochen. Sein Kollege, der Reichsführer SS Heinrich Himmler gab bereits Mitte Juni 1941, eine Woche vor dem Überfall, bei einem Treffen mit hohen SS-Führern auf der Wewelsburg als Planziel eine «Dezimierung der sowjetischen Bevölkerung um 30 Millionen Menschen» vor.

Am 22. Juni 1941 fiel die Wehrmacht mit rund drei Millionen Soldaten und 625’000 Pferden in die Sowjetunion ein, wo sie anfangs gegen eine sich zäh verteidigende, aber schlecht organisierte Rote Armee – Stalin hatte sie zuvor der meisten ihrer führenden Köpfe beraubt – weite Geländegewinne verzeichnen konnte und bei den grossen Kesselschlachten Hunderttausende sowjetische Soldaten in Gefangenschaft nahm. Um die Bevölkerung im ‚Reich‘ zu entlasten, hatte die Wehrmacht die Devise, sich «aus dem Lande» zu ernähren. Hitlers allgemeine Anweisung «Es kommt darauf an, den riesenhaften Kuchen handgerecht zu zerlegen, damit wir ihn erstens beherrschen, zweitens verwalten, drittens ausbeuten können. Der Riesenraum im Osten muss zunächst schnellstmöglichst befriedet werden, am besten dadurch, dass man Jeden, der nur schief schaut, totschiesst», war von Verwaltung und Wehrmacht bereits in konkrete Pläne für die Besatzungspolitik operationalisiert worden.

Die Bevölkerungs- und Ernährungsspezialisten aus der Verwaltung teilten den sowjetischen Raum westlich des Urals in sogenannte «Überschuss-» und «Zuschussgebiete» ein. Geplant war, die fruchtbaren «Überschussgebiete», die sie im Schwarzerdegebiet der Ukraine und im Kaukasus ausmachten, von den nördlich gelegenen «Zuschussgebieten» hermetisch abzuriegeln und die Bevölkerung dem Hungertod preiszugeben. In den «Wirtschaftspolitischen Richtlinien für Wirtschaftsorganisation Ost, Gruppe Landwirtschaft» vom 23. Mai 1941 las sich das so: «Die Bevölkerung dieser Gebiete, insbesondere die Bevölkerung der Städte, wird grösster Hungersnot entgegensehen müssen. Viele 10 Millionen von Menschen werden in diesem Gebiet überflüssig und werden sterben oder nach Sibirien auswandern [ein Euphemismus für brutale Vertreibung; L.E.] müssen.»

In der Realität erwies sich dieser Plan jedoch über weite Strecken als schwer praktikabel, da die deutsche Besatzungsmacht sich ausserstande sah, die hungerbedingten Wanderungsbewegungen zu unterbinden. Punktuell konnte er allerdings durchaus – und im Sinne der deutschen Aggressoren infernalisch erfolgreich – umgesetzt werden: Dies gilt insbesondere, ein klarer Verstoss gegen das damals geltende Kriegsvölkerrecht, für die sowjetischen Kriegsgefangenen, von denen 3,3 Millionen (d.h. 57,9 %) in deutschem Gewahrsam an Hunger, Entkräftung und Seuchen elendig verreckten. (Dass die auf diese Weise ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen – ihr Tod war von vorneherein «als Kriegsnotwendigkeit» einkalkuliert – nach den europäischen Juden die zweitgrösste Opfergruppe der Nationalsozialisten darstellen, ist nach wie vor im deutschen Bewusstsein nicht angemessen präsent.)

Durchsetzen liess sich der Plan ebenfalls bei der um die 500 Tage dauernden systematischen Einschliessung von Leningrad – das später wie Moskau und die anderen grossen Städte «dem Erdboden gleichgemacht» werden sollte –, die 900.000 bis eine Million Opfer forderte. Andere Städte, wie Charkow glichen aufgrund der rigiden Requirierungen durch die Besatzer und der Abriegelung der Stadt zeitweise einem Hungerghetto. In der Ukraine und auf der Krim wurden ganze Regionen zu «Kahlfrasszonen», in denen keinerlei Lebensmittel oder andere verwertbare Güter mehr vorhanden waren.

Kurz: Das zynische Epitaph des «Völkischen Beobachters» vom 4. Februar 1942 für die gefallenen deutschen Stalingradkämpfer «Sie starben, damit Deutschland lebe» trifft zu hundert Prozent zu, wenn man es auf die Millionen Sowjetbürger bezieht, die zugunsten der Deutschen in Wehrmacht und ‚Reich‘ Hungers sterben mussten.

Verbrecherische Befehle und Massenmord

Aber auch Hitlers Anweisung, jeden totzuschiessen, «der nur schief schaue», war von der Wehrmacht bereits ‚proaktiv‘ in verbrecherische Befehle gegossen worden.

Mit dem am 13. Mai 1941 vom Oberkommando der Wehrmacht (OKH) verfügten «Kriegsgerichtsbarkeitserlass» wurde u.a. der Verfolgungszwang für «Handlungen, die Angehörige der Wehrmacht gegen feindliche Zivilpersonen begehen», aufgehoben. Dies sollte auch dann gelten, «wenn die Tat ein militärisches Verbrechen oder Vergehen ist». Damit wurde den deutschen Soldaten de facto ein Freibrief erteilt und die sowjetische Zivilbevölkerung schutzlos der Willkür lokaler Befehlshaber ausgeliefert. Nur wenige Wochen später, am 6. Juni 1941, erliess das OKH den «Kommissarbefehl». Die politischen Kommissare galten als die ideologischen Funktionäre innerhalb der Roten Armee und wurden nicht als Soldaten anerkannt. Sie sollten im Kampf oder sofort «nach durchgeführter Absonderung» getötet werden.

Mit beiden Befehlen setzte die Wehrmachtsführung – in voller Kenntnis der verbrecherischen Folgen ihrer Anordnungen – wesentliche Bestandteile des damals geltenden Kriegsvölkerrechts ausser Kraft, das eine Reihe von international anerkannten Grundsätzen, vor allem zum Schutze der Zivilbevölkerung und Kriegsgefangenen, enthielt. Damit schuf die Führung der Wehrmacht die wesentlichen Voraussetzungen für einen bis dahin präzedenzlosen Rassen- und Vernichtungskrieg, vor allem gegen die jüdische Bevölkerung.

Der systematische Massenmord an den europäischen Juden begann auf dem Gebiet der Sowjetunion. Anfängliche punktuelle brutalste antijüdische Pogrome der lokalen Bevölkerung, vor allem in Litauen, Lettland und der Westukraine – von der SS «Selbstreinigungsaktionen» genannt –, denen die als Besatzungsmacht verantwortliche Wehrmacht tatenlos zusah, wurden rasch abgelöst von systematischen Erschiessungen durch die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes des Reichführers SS (SD). Beschränkte man sich anfangs ‚nur‘ auf jüdische Männer im wehrfähigen Alter, so wurden spätestens ab August 1941 ganze jüdische Gemeinden durch Massenerschiessungen ausgerottet. In jedem kleineren weissrussischen oder ukrainischen Ort war die Opferzahl mindestens vierstellig. Schätzungen zufolge ermordeten die deutschen Besatzer zwischen 2,5 und 2,6 Millionen sowjetische Juden. Die Wehrmacht leistete nicht selten logistische Unterstützung.

Ähnlich gestaltete sich die mörderische Zusammenarbeit zwischen Wehrmacht, SS und Ordnungspolizei im Rahmen des Anti-Partisanenkampfes, wo zwischen 1942 und 1943, vor allem auf dem Gebiet Weissrusslands, ganze Landstriche in «Wüstenzonen» verwandelt wurden. Tausende von Dörfern wurden niedergebrannt, Hunderte von ihnen samt der Bevölkerung, die man zuvor in die Dorfscheune oder Kirche gesperrt hatte. Allein für Belarus belaufen sich die Schätzungen auf 300.000 bis 350.000 getötete Menschen. (Wer sich von den Gräueltaten einen Eindruck verschaffen will, sollte die weissrussische Gedenkstätte Chatyn, den «Friedhof der Dörfer» besuchen oder, wenn er es ertragen kann, sich den Film «Komm und sieh/ Иди и смотри» von Elen Klimow aus dem Jahre 1985 ansehen.)

Bei ihrem erzwungenen Rückzug hinterliessen die deutschen Truppen eine Spur der Verwüstung. Ziel der deutschen Führung war es nun, nur «verbrannte Erde» zurückzulassen. Alles, was irgendwie lebenswichtig war, sollte zerstört werden: Industrieanlagen, Bergwerke, Wasser- und Elektrizitätswerke, Brücken, Dämme, Schleusen, das Schienennetz, Landmaschinen, Mühlen, Molkereien, die Ernte auf den Feldern, ebenso Transportmittel und Vorräte aller Art, soweit man sie nicht abtransportieren konnte. Die arbeitsfähige Zivilbevölkerung wurde zwangsevakuiert, oft unter grauenhaften Bedingungen. Der schnelle sowjetische Vormarsch verhinderte, dass dies überall im angestrebten Umfang geschah.

Zieht man eine Bianz dieses barbarischsten aller Kriege und stellt man die Zahl der toten Sowjetbürger, fast 27 Millionen, den ursprünglich anvisierten 30 Millionen gegenüber, so muss man zynisch konstatieren, dass die Besatzer ihr national-sozialistisches Planziel annähernd erreicht haben.

Umso grösser das Wunder – jeder, der dort hinreist, wird das bestätigen –, dass in den Bevölkerungen der am schlimmsten betroffenen Länder, Belarus, der Ukraine und Russland keinerlei Hass auf die Deutschen herrscht. Dies ist eine zivilisatorische Vorleistung ohne gleichen, die in Deutschland immer noch nicht angemessen gewürdigt, geschweige denn zur Kenntnis genommen wird.

Verdrängung in der Nachkriegszeit

Auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik verhinderte der aufkommende Kalte Krieg mit dem erneuerten Feindbild «Sowjetunion» jahrzehntelang die Beschäftigung mit den beispiellosen Verbrechen, die die deutschen Besatzer dort verübt hatten. Direkte menschliche Kontakte zwischen den Bevölkerungen beider Länder verhinderte auf Seiten des Westens der Eiserne Vorhang. Manche Kriegsgefangene brachten immerhin den Satz «Der Russe an sich ist gut!» mit nach Hause. Die verantwortlichen Massenmörder, sofern sie überlebt hatten, zogen sich meist unauffällig in ein bürgerliches Leben zurück, die wenigsten von ihnen wurden juristisch belangt. In den Fünfzigerjahren erschien eine ganze Rechtfertigungsliteratur ehemaliger Wehrmachtsgeneräle unter dem Motto: «Ohne Hitlers idiotische Kriegsführung hätten wir den Krieg doch noch gewonnen!» Als die Verbrechen der SS-Einsatzgruppen nicht mehr zu leugnen waren, hielt man umso hartnäckiger am Bild der «sauberen Wehrmacht» fest. Dies war psychohygienisch umso erforderlicher, als die 18 Millionen Wehrmachtssoldaten ja einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Bevölkerung darstellten. Grundsätzlich ins Wanken gebracht wurde diese Legende erst durch die beiden Wanderausstellungen des Hamburger Instituts für Sozialforschung «Verbrechen der Wehrmacht» (1995-1999 sowie in überarbeiteter Form 2001-2004), die über einen langen Zeitraum massiven – nicht nur publizistischen – Gegenwind ernteten.

Selbst dass es sich beim Krieg gegen die Sowjetunion um keinen Krieg im herkömmlichen Sinne handelte, sondern um einen Vernichtungskrieg, in dem die Regeln des damals geltenden Kriegsvölkerrechts von Beginn an willkürlich ausser Kraft gesetzt worden waren, war jahrzehntelang überhaupt nicht und ist heute bestenfalls rudimentär im Bewusstsein der Deutschen verankert. Entsprechend gering ausgeprägt ist nach wie vor die Empathie für das Leiden der Menschen in Russland, Belarus und der Ukraine während der deutschen Besatzung.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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14 Meinungen

  • am 17.06.2022 um 12:05 Uhr
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    Die aktuelle Aggression der russischen Armee und Führung erinnert doch sehr stark an den erwähnten Vernichtungskrieg. Wenn auch in viel kleinerem Rahmen. Doch das Verhalten ist doch ähnlich irreal und ohne Rücksicht auf die Menschen. Das Pendel scheint jetzt von Ost nach West zu schlagen. Natürlich ist und bleibt das Verhalten der Nazis ungeheuerlich und unverzeihbar – doch das ist ja kein Grund für ähnliche Schandtaten des ehemaligen Opfers. Immer wieder haben wir aber diese Traumafolgen – das Opfer kann zum Täter werden, mit der entsprechenden Verdrängung der erlebten Schrecken, respektive fehlender Empathie für die neuen Opfer.

    • am 17.06.2022 um 23:20 Uhr
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      Hinzuspüren, was die Nazis und insbesondere die SS gemacht haben damals, fällt schwer. Es scheint zu gross.

      • am 18.06.2022 um 13:47 Uhr
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        Ja, ungeheuerlich. Doch nicht vergessen die Ungeheuerlichkeiten (wie teilweise im Artikel erwähnt) des Stalinismus und des Maoismus, oder Pol Pot in Kambodscha, oder Ruanda. Wir Menschen scheinen ungeheuerlich zu sein – deshalb so wichtig, dass wir Menschen uns im sozialen Rahmen mit entsprechenden (Menschen-)Rechten bewegen. Und dass die Rechtsprechung gehegt wird, respektive die Trennung der Gewalten im politischen System. Wir können uns nicht leisten, hinzuspüren zu den dunklen Themen, den Schatten.

  • am 17.06.2022 um 12:10 Uhr
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    Dieser Artikel wäre ein wertvoller Bestandteil in den Schulbüchern meiner Enkel für Geschichte.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 17.06.2022 um 12:21 Uhr
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    Besten Dank für diesen historischen Kontextbericht. Die Politorder des 1000-jährigen Reiches sind auch aus historischer Perspektive immer noch kaum glaubbar .. als Ausdruck eines zivilisierten … umso bedrückender.

    Die Parallelen zum aktuellen «offiziellen» Narrativ sind unübersehbar.

    Im Gegensatz zum deutschen Krieg im Osten darf man immerhin festhalten, dass Herr Selensky die Herren Draghi, Macron und Scholz im gut gepflegten Garten seiner Amtsstelle in Kiew empfangen konnte. Was hätte der Westen gesagt, wenn die Russen die Siegessäule in Kiew bombardiert hätten ?

  • am 17.06.2022 um 12:22 Uhr
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    Im Unterbewusstsein der Deutschen ist der Vernichtungskrieg durchaus noch vorhanden, allerdings als Projektion. Seit jeher wurde und wird dem «Iwan», i.e. erst der Sowjetunion, dann Russland, unterstellt, genau solche Vernichtungskriege anzustreben und zu führen. Dass es Menschen gibt, die zu solchen Verbrechen fähig sind, lernt jeder Deutsche in der Schule. «Damals» waren es «die Nazis», und nicht etwa «Deutschland», dann übergangslos die Kommunisten, jetzt Putin. In unsrer durchemotionalisierten Medienwelt spielt nur dieser Reflex eine Rolle, nicht historische Fakten.

    • am 18.06.2022 um 13:53 Uhr
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      Natürlich ist der Vernichtungskrieg der Nazis ein Fakt, natürlich ist der Holocaust eine Tatsache, natürlich ist der Holodomor in den 30-er Jahren durch Stalin initiiert eine Tatsache. Etc. Vielleicht kennen Sie zu wenige «historische Fakten»? Und es geht ja nicht «nur» um politische Gräueltaten – es geht um grundsätzliche menschliches Fehlverhalten, hüben wie drüben.

  • am 17.06.2022 um 14:54 Uhr
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    Danke für die Geschichtslektion. Konnte man ja alles bisher nicht wissen. Und rechtfertigt das, den ‹Vernichtungskrieg› Putins gegen die Ukraine in Anführungszeichen zu setzen ?

  • am 17.06.2022 um 15:02 Uhr
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    Interessanter historischer Kontext. Besten Dank.
    Es gibt so viel, dass nicht im Kontext bekannt ist bei uns. Gleichzeitig macht die russische Propaganda es uns auch leicht zu vergessen oder zu verdrängen. Dabei sind die Menschen hier und dort eigentlich «gut». Sie werden nur immer wieder missbraucht von Mächten ausserhalb des Humanismus.

  • am 17.06.2022 um 15:23 Uhr
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    Dieser Artikel wäre ohne den ersten Satz besser. So entsteht der Verdacht auf «Whataboutism», welcher Aggressionskrieg und Gräueltaten relativieren, oder gar als eine Art «verspätete, aber verdiente Rache» einordnen soll. Damit resoniert dann auch die absurde Putinsche «Denazifizierungs»-Rhetorik.

    Der Artikel ist leider auch einseitig. So wird verschwiegen, dass da die sowjetische Schreckensherrschaft unter Stalin schon 7 – 11 Millionen Todesopfer gefordert hatte, unter anderem 3 – 4 Millionen Ukrainer im Holodomor 1932-33 (siehe Wikipedia).

    Dann der Hitler-Stalin Pakt 1939-41, wo die sich bei Gräueltaten gegen Polen, die baltischen Staaten und Rumänien überboten. Die Darstellung, die Sowjets seien nur als heldenhafte, aufopfernde Selbstverteidiger gegen deutsche Aggression in Erscheinung getreten, ist unzulässig. Besser passt das Bild von Teufel und Beelzebub.

  • am 17.06.2022 um 15:36 Uhr
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    Der Artikel macht mich schwer betroffen. Was für ein mörderisches Kalkül!? Auch im Wissen um Stalins Greueltaten in der Ukraine davor, wo er Tausende Ukrainer umbringen liess. Deutschland liefert Waffen, ist das der gemässe Beitrag für den Frieden?

  • am 17.06.2022 um 20:16 Uhr
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    Ein Detail: nach meiner Erinnerung gab es in Nazi-Deutschland ein „Oberkommando der Wehrmacht“ (OKW) und ein „Oberkommando des Heeres“ (OKH) als verschiedene Instanzen, die z.T. von Hitler und den anderen Nazi-Oberen auch gegen einander ausgespielt wurden. Täuscht mich meine Erinnerung? Wie war das genau?

    • am 18.06.2022 um 11:23 Uhr
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      Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) war den anderen Oberkommandos der Teilstreitkräfte übergeordnet, Heer (OKH), Marine (OKM) und Luftwaffe (OKL) und waren Stabsorganisationen.
      Dass es zwischen über- u. untergeordneten Stufen konstruktiven und destruktiven Streit gab ist kein Ausnahmefall und kommt auch im aussermilitärischen Bereich vor.

      Die devoten Speichellecker in den Stäben haben zu vielen Fehlern geführt.
      Überhaupt war die Vernichtung der Juden ein wichtiges Kriegsziel.
      Bis in die letzten Tage des Krieges hatten die Transporte in die Vernichtungslager logistische Priorität, vor der Versorgung der Frontsoldaten.

  • am 19.06.2022 um 13:23 Uhr
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    Ein guter historischer Beitrag – wenn nur der erste Satz nicht wäre.

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