Kommentar
US-Höchstrichter und Taliban: Beide entmündigen die Frauen
In den USA wollen Höchstrichter Frauen das Recht absprechen, eine ungewollte Schwangerschaft abzubrechen. Auch die Taliban in Afghanistan sorgten für Schlagzeilen, weil sie Frauen unter die Burka zwingen und damit unsichtbar machen. Doch auch die meisten europäischen Länder verweigern Frauen das Menschenrecht, frei über den eigenen Körper zu bestimmen. Das sorgt jedoch nur in Extremfällen wie Polen für Schlagzeilen.
Tod und Gefängnis
In Polen sind Abtreibungen seit zwei Jahren praktisch verboten. Bereits sind Frauen deshalb gestorben. Aktivistin Justyna Wydrzyńska, die einer Frau die Abtreibungspille zuschickte, steht zurzeit wegen Beihilfe vor Gericht. Ihr drohen drei Jahre Gefängnis. Sie habe helfen müssen, sagt sie. Die Betroffene sei Opfer häuslicher Gewalt gewesen.
Fundamentalisten gegen Frauenrechte
Das faktische Abtreibungsverbot in Polen ist ein Erfolg für religiöse Fundamentalisten, die im Verbund mit reaktionären Konservativen weltweit Schwangerschaftsabbrüche verbieten und damit Frauen entmündigen wollen. Dieser Kampf gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frauen wird von der Politik meist immer noch unterschätzt. Doch er hat längst auch deutschsprachige Länder erreicht. So haben in der Schweiz kürzlich Politikerinnen zwei Volksinitiativen lanciert, die weitere Einschränkungen für ungewollt Schwangere vorsehen. Denn auch hierzulande können ungewollt Schwangere nur während einer bestimmten Frist frei über ihren Körper bestimmen.
Der Schwangerschaftsabbruch gehört nicht ins Strafrecht
Diese Fristenregelung ist im Strafrecht geregelt. Das ist auch in anderen Ländern wie Deutschland und Österreich der Fall. Dies führt zu wenig Protesten, weil in diesen Ländern kaum Frauen wegen einer Abtreibung bestraft werden. Doch es ist ein Unterschied, ob der Schwangerschaftsabbruch im Strafrecht oder im Gesundheitsrecht geregelt ist. Regelungen im Strafrecht kriminalisieren Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen wollen. Wenn der Gesetzgeber Abtreibungen unter bestimmten Bedingungen für straffrei erklärt, wie das bei der Fristenregelung der Fall ist, ändert dies nichts daran, dass sie grundsätzlich unter Strafe stehen. Erst wenige Länder haben den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch gestrichen und im Gesundheitsrecht geregelt. In Neuseeland beispielsweise gilt er nun wie andere körperliche Eingriffe als medizinische Behandlung.
Frauen endlich ernst nehmen
Höchste Zeit, den Schwangerschaftsabbruch auch in den deutschsprachigen Ländern aus dem Strafrecht zu streichen. Das Recht, über den eigenen Körper zu bestimmen, ist ein Menschenrecht. Dass dies für Frauen auch in westlichen Ländern bis heute nicht gilt und dies kaum jemanden empört, zeigt, dass die Rechte von Frauen auch in der Politik nach wie vor zu wenig ernst genommen werden. Was dies für Folgen habe kann, zeigt sich gerade in den USA. Einen Lichtblick gibt es in der Schweiz: Nationalrätin Léonore Porchet (Grüne) hat angekündigt, dass sie mit einer parlamentarischen Initiative verlangen will, den Schwangerschaftsabbruch zu entkriminalisieren.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.