Sperberauge
Hildebrand, BlackRock, die Atomwaffen und das Zürcher Kunsthaus
Red. – Dieser Gastbeitrag von Heinrich Frei ist in längerer Form auf der Website der friedenspolitischen Organisation IFOR Schweiz erschienen. Heinrich Frei ist Mitglied der «Gruppe für eine Schweiz ohne Armee» GSoA und setzt sich für eine nachhaltige Friedenspolitik ein. Er ist ausserdem Vorstandsmitglied des Vereins «Swisso Kalmo». Dieser finanziert mit Spenden ein Ambulatorium in der somalischen Stadt Merka.
Das Zürcher Kunsthaus ist seit Monaten wegen der «Sammlung Emil Bührle» in den Schlagzeilen. Diese Sammlung des Waffenfabrikanten umfasst Werke von Vincent van Gogh, Paul Cézanne, Edgar Degas, Paul Gauguin, Edouard Manet …
Trägerverein des Kunsthauses ist die Zürcher Kunstgesellschaft. Sie betreibt das Museum seit 1787 und ist auch Eigentümerin der Kunstsammlung. Ende Mai wird nun entschieden, ob Philipp Hildebrand, der frühere Nationalbank-Präsident, der neue Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft wird. Er ist bisher der einzige Kandidat für das Amt.
Hildebrand ist Vice Chairman von BlackRock, dem weltweit grössten Vermögensverwalter. Laut ICAN, der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, ist BlackRock auch der viertgrösste Investor in Unternehmen, die nukleare Massenvernichtungswaffen produzieren.
Im Jahr 2020 soll BlackRock 44’792 Millionen US-Dollar in die Atomwaffenindustrie investiert haben, 2021 seien es 40’711 Millionen US-Dollar gewesen, meldet ICAN.
Auch Schweizer Grossbanken, Versicherungen und Pensionskassen (zum Beispiel die Pensionskasse der SBB AG) investieren profitbewusst in Firmen, die an der Produktion von Atombomben beteiligt sind – insgesamt 4’883 Millionen US-Dollar im Jahr 2021. Infosperber berichtete darüber.
Mit der Wahl Philipp Hildebrands solle die Tradition des Finanzplatz-Präsidiums nach dem Willen der Kunstgesellschaft fortgesetzt werden, schrieb Res Strehle in «Das Magazin»: «Seit über hundert Jahren leitet die Finanzelite das Epizentrum der arrivierten Kunst in Zürich.»
Seit fast fünf Jahrzehnten stellten ganz überwiegend führende Personen aus der Finanzwelt den Präsidenten der Zürcher Kunstgesellschaft, darunter Vertreter der Zürcher Rentenanstalt, der früheren Schweizerischen Kreditanstalt, der Schweizerischen Bankgesellschaft, der Bank Leu, der Banca del Gottardo und der Swiss Re. Ende dieses Monats könnte sich in diese Reihe der Vize-Vorsitzende des viertgrössten Investors in Massenvernichtungswaffen hinzugesellen.
Abrüstung: Länder mit Atomwaffen machen nicht mit
Die meisten Länder dieser Welt versuchen ein rechtlich bindendes Abkommen zur Abrüstung des Atomwaffenarsenals zu erreichen und haben den Vertrag über das Verbot von Kernwaffen (TPNW) unterschrieben. Diese internationale Vereinbarung verbietet laut Wikipedia «Entwicklung, Produktion, Test, Erwerb, Lagerung, Transport, Stationierung und Einsatz von Kernwaffen», außerdem die Drohung damit. Als 60. Staat hat die Elfenbeinküste am 23. März 2022 den Vertrag über das Verbot von Kernwaffen ratifiziert, der seit 22. Januar 2021 in Kraft ist. Alle neun Staaten, die Atomwaffen besitzen, haben den Vertrag jedoch nicht unterschrieben, auch Deutschland und alle Nato-Mitglieder nicht. Eine klare Mehrheit der Parteien in der Schweiz fordert vom Bundesrat den Uno-Atomwaffenverbotsvertrag endlich zu ratifizieren. Es sind jedoch handfeste wirtschaftliche Interessen, die eine Unterzeichnung dieses Vertrages «behindern».
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ich war vielleicht allzulange nahe beim Paradeplatz, aber nie im Paradeplatz.
Immerhin hat mich die Währungspolitik des Herrn Hildebrands lange Zeit überzeugt und ich denke immer noch, dass seine Aktionsprinzipien überdenkenswert sind.
Die Diskussion um «political correctness» ist nicht zielführend. Macchiavelli hat uns gelehrt, wohin solche Diskussionen führen können und Dante hat das Inferno mit solchen Leuten angereichert.
Bei meinen eigenen Investitionsentscheiden stellt sich auch immer die Frage nach der Finalität der finanzierten Firmen. In vielen Fällen ist die Antwort «less than evident». Ich habe zwar US- und Pharmawerte formell aus meinen Bankaufträgen ausgeschlossen, finde aber immer wieder solche Firmen in den Fondsanlagen, welche mir die Banker vorschlagen.
Leider können nur solche breit gestreuten Anlagen vor einem Krisen-induzierten Kollaps schützen. Ich muss aber den realen Wert meiner Pensionsersparnisse schützen, wenn ich nicht …