Leihmütter Ukraine

Leihmütter, Auftragseltern, Babys und Angestellte im Bunker, den «BioTexCom» in einem Video als «sicher» anpries. © BTC

Leihmütter gefangen im Krieg

Barbara Marti /  Schwangere Leihmütter müssen bis zur Geburt in der Ukraine ausharren. Wenn sie im Ausland gebären, werden sie rechtlich zur Mutter.

Davor warnte die grösste ukrainische Reproduktionsklinik «BioTexCom» nach Kriegsbeginn in einer Facebook-Botschaft, die sich an die Auftragseltern im Ausland richtete. Eine Geburt ausserhalb der Ukraine habe rechtliche Konsequenzen, weil Leihmutterschaft in den meisten Ländern illegal ist: «Die Leihmutter wird als Mutter gelten und der Versuch der Übergabe des Kindes wird als Kinderhandel bezeichnet. Die Auftragseltern werden nie als Eltern des Kindes anerkannt.» 

Leihmütter und Babys im Luftschutzbunker
Kurz vor Kriegsbeginn hatte «BioTexCom» auf Youtube ein Video veröffentlicht, das die Auftragseltern beruhigen sollte. Zu sehen ist ein Luftschutzbunker, in dem laut «BioTexCom» Auftragseltern, schwangere Leihmütter und Babys untergebracht werden können. «Sollte es zu Kriegshandlungen in Kiew kommen, können wir unseren Kunden garantieren, dass sie und ihre Kinder bei uns sicher sind.» Der Luftschutzbunker könne 200 Menschen einen komfortablen Aufenthalt gewähren. Es gebe unter anderem Medikamente für erste Hilfe, Gasmasken und ausreichend Lebensmittel. Für die Babys sei bestens gesorgt. 


Die Reproduktionsklinik «BioTexCom» stellte kurz vor Kriegsbeginn ihren grossen Bunker in diesem Video vor, um Auftragseltern zu beruhigen.


Krieg oder rechtliche Mutterschaft

Das Dilemma der Leihmütter war weder in der Facebook-Botschaft noch im Video ein Thema. Sie müssen jetzt entscheiden, ob sie getrennt von ihren Familien entweder bis zur Geburt im Bunker ausharren oder das Kind im Ausland gebären wollen. In diesem Fall gelten sie in den meisten Ländern rechtlich als Mutter des Kindes, mit dem sie genetisch keine Gemeinsamkeit haben. 

Geschäft auf dem Buckel von Frauen
Das Elend der ukrainischen Leihmütter passt zu einer Branche, die auf Kosten dieser Frauen ein lukratives Geschäft mit den Babys macht. «Die Leihmütter in der Ukraine erhalten in der Regel nur einen Bruchteil des Geldes, welches westliche oder chinesische Kunden bezahlen», sagte Carolin Schurr, Sozial- und Kulturgeografin an der Universität Bern, gegenüber «20 Minuten». Sobald sie das Kind geboren haben, interessiere sich niemand mehr für sie. Folgeschäden einer Leihmutterschaft seien keine Seltenheit: «Das reicht von körperlichen Problemen wie eigener Unfruchtbarkeit bis hin zu Traumata, weil das Neugeborene den Leihmüttern kurz nach der Geburt weggenommen wird.»

«Ausbeutung von Frauen und Kinderhandel»
In der Ukraine ist Leihmutterschaft legal, im Unterschied zu den meisten anderen Ländern. «BioTexCom» vermittelt Leihmütter an Paare und Einzelpersonen aus der ganzen Welt. Das Adoptionsverfahren nach der Geburt muss in der Ukraine erfolgen, was angesichts der mittlerweile geschlossenen Botschaften praktisch unmöglich geworden ist. Das Geschäft der Leihmutterschaft ist seit Jahren in der Kritik, weil es auf dem Buckel von verarmten Frauen stattfindet. Die österreichische Plattform «Stoppt Leihmutterschaft» fordert ein weltweites Verbot, berichtete die Zeitung «heute.at»: «Leihmutterschaft bedeutet Kinderhandel und in den meisten Fällen Ausbeutung von Frauen in prekären Lebenssituationen und widerspricht somit der UN-Menschenrechts- sowie der Kinderrechtskonvention.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Die Autorin ist Redaktorin und Herausgeberin der Online-Zeitschrift «FrauenSicht».
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

IVF

Befruchtung im Reagenzglas

Die In-vitro-Fertilisation IVF ist medizinisch einfach – bei bescheidenem Erfolg und Risiken für die Frauen

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.