Mädchen und Frauen auf der Flucht sind besonders gefährdet
Mehr als eine Million Menschen sind bereits vor dem Krieg in der Ukraine in die Nachbarländer geflohen. Es sind vor allem Frauen und Kinder, Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren dürfen die Ukraine nicht verlassen.
Die Flüchtenden waren meist tagelang in vollbesetzten Autos unterwegs, viele mussten Partner und Angehörige zurücklassen. Sie sind hungrig und durchgefroren und mussten an der Grenze stundenlang warten.
Trotz der Strapazen seien die Geflohenen in der Regel in guter körperlicher Verfassung, sagt UNHCR-Pressesprecher Chris Melzer in einem Pressegespräch des «Mediendiensts Integration». Psychisch geht es ihnen weniger gut.
Viele Fliehende haben bereits ein Ziel
Melzer lobt die Selbstorganisation und Solidarität auf beiden Seiten der Grenze. In den Autos bleibe beispielsweise kein Platz leer. Wer könne, nehme andere mit. Seit der Invasion kamen Hunderte Privatleute im eigenen Fahrzeug von der anderen Seite an die Grenzen, um Geflohenen gratis Transport anzubieten.
Viele Ukrainerinnen wissen bereits, wohin sie wollen. Sie haben im nahen Ausland Bekannte oder Verwandte, bei denen sie unterschlüpfen können. Die grossen Menschenmengen verteilen sich deshalb schnell, Polen habe die Situation trotz der bisher nie dagewesenen Zahl der Fliehenden derzeit gut im Griff, sagt Melzer.
Für Frauen und Mädchen fängt der gefährliche Teil der Reise an der Grenze oft erst an
Die Situation macht es leider auch Menschen mit üblen Absichten leicht. Ukrainische Bürger, die vor dem Konflikt in ihrem Land fliehen, seien einem akuten Risiko der Ausbeutung durch Menschenhändler ausgesetzt, warnen Aktivisten und Hilfsorganisationen.
Für diejenigen, die sich damit beschäftigen, ist das nichts Neues. Lauren Agnew, Expertin für Menschenhandel bei der Wohltätigkeitsorganisation CARE, bezeichnet den Konflikt in der Ukraine gegenüber dem «Independent» als «äusserst besorgniserregend für diejenigen, die sich für die Bekämpfung des Menschenhandels einsetzen».
«Die Geschichte hat wiederholt gezeigt, dass Frauen und Mädchen bei Ausbruch von Konflikten und Kriegen verstärkt Kriegsverbrechen ausgesetzt sind, insbesondere allen Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt, willkürlichen Tötungen, Vergewaltigungen und Menschenhandel», sagten Menschenrechtsexperten in einer Publikation des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte Anfang März.
«Wir sehen, wie die Käufer von Frauen in der Prostitution den Krieg in der Ukraine feiern, weil er mehr Frauen und Mädchen in dieses gewalttätige System treiben wird», schreibt das «European Network of Migrant Women» in einem Statement.
Internetnutzer suchen «ukrainische Frauen»
Am Tag der Invasion sind die Google-Suchen nach «Ukrainian Girls», «Ukrainian Women» und ähnlichen Begriffen steil angestiegen, hat «Infosperber» mittels Google Trends überprüft. Das gelte auch für Pornoseiten, sagt Irene Hirzel von der Organisation «ACT212», auf Anfrage von «20min.ch».
Erste Fälle von Erpressung gab es bereits. «Uns liegen Berichte vor, wonach an den Grenzübergängen einige üble Typen, Zuhälter und Leute, die billige Arbeitskräfte suchen, tätig sind», sagt Joanna Garnier, Sprecherin der Nationalen Beratungs- und Interventionsstelle für Opfer des Menschenhandels mit Sitz in Warschau.
«Sie forderten Geld, wir haben auch von sexuellen Übergriffen und anderem gefährlichen Verhalten gehört», berichtete sie der britischen «Daily Mail». Kriminelle Banden, die in den Nachbarländern der Ukraine operierten, sähen den Krieg als extrem profitable Gelegenheit.
Erste Fälle von Erpressung
Ein Mitarbeiter eines Aufnahmezentrums in der polnischen Stadt Przemysl an der ukrainischen Grenze berichtete von Geflohenen, die statt zum erwarteten Ziel zu einem abgelegenen Ort gebracht worden seien. Dort habe man sie aufgefordert, entweder eine höhere Summe zu bezahlen oder aus dem Auto auszusteigen.
Ein geläufiges Vorgehen, erklären Hirzel und Garnier. Zuerst forderten die Schlepper einen konstruierten oder tatsächlich geschuldeten Geldbetrag. Dann machen sie einen Vorschlag, wie er zu bezahlen wäre. Am Ende steht eine Zwangs- und Ausbeutungssituation. Garnier erwartet, dass diese Form von Gewalt in Zukunft zunehmen wird. Die Flüchtlingswelle könne sich, so Chris Melzer, auch nochmals verstärken, wenn der Krieg andauere.
Massnahmen zum Schutz der Frauen
Hilfsorganisationen in den Nachbarländern der Ukraine bereiten sich vor und beginnen, Kontaktmöglichkeiten und Notfallkanäle in den Sozialen Medien aufzubauen. Frauen bekommen an der Grenze Flugblätter, die sie vor den Gefahren warnen. Grundsätzlich trifft die Warnung aber immer und auf alle Frauen auf der Flucht zu, damit sie nicht im Netz von Menschenhändlern und Kidnappern landen.
Expertinnen wie Agnew oder auch das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR fordern die europäischen Regierungen auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, um Menschenhandel vorzubeugen, ihn zu erkennen und zu verhindern. Unbeteiligte, die Verdächtiges beobachten, sollen sich an Polizei oder einschlägige Organisationen wenden.
Zu begrüssen ist die Bereitschaft von Bahnen und Busbetrieben, Geflohene aus der Ukraine kostenlos zu transportieren.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Guten Morgen!
Wie ich diesem Artikel entnehme, bestätigen sich meine Vorahnungen. Sind Menschen in Not, dann finden sich auch Kriminelle ein. Diese wollen «ihren Schnitt machen.» (Bertolt Brecht)
Hier aus meinen Aufzeichnungen:
Die Folge des Krieges 2022 in Europa kann sein: durch die verhängten Sanktionen kommt es vor allen in Europa zur Zerstörung der Infrastruktur und zur Einschränkung aller Lebensqualitäten und Lebensquantitäten.
Die weiteren Folgen können/werden sein, eine rasch anwachsende Kriminalisierung Europas (Diebstähle Brutalisierung der Menschen, massenhaft Zerstörungen); besonders in den EU-Staaten, bis hin zu Körperverletzungen und Tötungsverbrechen. Die Mobilität und die Energieversorgung werden sehr stark zurückgehen.
Wenn der Mensch so weiter mach, bekommt die Erde die Menschheitsphobie.
Kanzler Scholz soll die Feuerprobe bestanden haben. Aber besteht er auch die Wasserprobe?
Mit Gruß
Kurt Wolfgang Ringel
Abscheulich und unvorstellbar – und doch: die Bosheit ist noch bodenloser, als man sich das hier hinter dem warmen Ofen vorstellen mag. Hoffentlich gibt es an den Grenzen Hilfsorganisationen, die als erstes die Ankömmlinge über solche heimtückischen Gefahren informieren. Die Spenden sollten zuerst in solche Aufklärungsmassnahmen fliessen, so lange die Flüchtlinge noch in den Sammelstellen sind, denn nachher ist der Schaden angerichtet und wird viel mehr kosten. Von Leid und Elend nicht zu sprechen…