Sperberauge

Covid-Hospitalisierungen: «BAG unterschlägt willentlich Daten»

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  Mehr als ein Jahr nach Infosperber informierte jetzt die NZZ und nennt es den «wohl grössten Fehler der letzten Jahre».

NZZ-Redaktor Barnaby Skinner, seit 2020 als Ressortleiter zuständig für die Visualisierung von Daten, informiert die NZZ-Leserschaft erst jetzt darüber, dass seine veröffentlichten Statistiken über die Zahl der hospitalisierten Covid-Patienten ungenau waren und falsch verstanden werden konnten. Denn unter diesen vom BAG gemeldeten «Hospitalisierten» wurden und werden nicht alle wegen den Folgen einer Covid-Erkrankung in ein Spital eingeliefert. Vielmehr zählten auch alle Spitalpatienten mit einem positiven Testresultat dazu – selbst wenn der Covid-Test routinemässig erst im Spital durchgeführt wurde, auch bei Patienten, die wegen eines Beinbruchs, eines Blinddarms oder einer Krebserkrankung ins Spital gekommen waren. Deshalb hiess es offiziell stets «wegen oder mit» Corona im Spital. Doch das wurde oft überlesen oder weggelassen.

«Covid-Patienten» in Spitälern müssen nicht einmal Krankheitssymptome von Covid-19 aufweisen. Es kann zwar vorkommen, dass erst im Spital positiv Getestete doch noch an Covid-19 erkranken und die vorgesehene Behandlung dadurch komplizierter wird. Doch wie häufig das vorkommt, darüber gibt es keine belastbaren Daten. Zum Vorbeugen gegen nosokomiale Ansteckungen halten Spitäler die Hygieneregeln ohnehin gut ein.

Bereits am 20. November 2020 hatte Infosperber darüber informiert: «10 bis 20 Prozent aller Covid-19-Patienten in Spitälern sind nicht wegen Corona im Spital.» Mehr als dreizehn Monate später, am 13. Januar 2022, verbreitete die NZZ als seitengrosse News: «Das Hauptleiden vieler Infizierter in den Spitälern ist gar nicht Covid-19».

Einige Länder informieren die Öffentlichkeit korrekter und differenzierter. Die NZZ nannte am 12. Januar das Beispiel Grossbritanniens, wo der Nationale Gesundheitsdienst (NHS) «äusserst vorbildlich» sei: «Er listet minutiös auf, wie die Hospitalisationen zustande gekommen sind … Auf der NHS-Webseite ist alle sieben Tage im Detail einsehbar, wie die Zahl der Personen kontinuierlich sinkt, die wegen Covid-19 eingeliefert werden, während der Anteil mit Covid steigt.»

NZZ empört sich, schreibt aber weiter von «Spitaleintritten»

Infosperber informierte schon lange darüber – wie jetzt auch die NZZ –, dass die Schweizer Spitäler im Meldeformular ans BAG angeben müssen, ob der Grund des Spitalaufenthalts «Covid-19» oder ein «anderer» sei. Doch das BAG wertet diese Daten nicht aus. Deshalb erhebt die NZZ jetzt den Vorwurf, dass das BAG «Daten willentlich unterschlägt, die uns zurzeit den besten Eindruck vermitteln könnten, wie wir uns in der epidemiologischen Lage verhalten sollten.». Das Verhalten des BAG sei «unbegreiflich». Seinen Kommentar titelte Barnaby Skinner am 11. Januar 2021 in der gedruckten Ausgabe: «Der wohl grösste Fehler der letzten Jahre.»

Doch in der Online-Ausgabe und auch bei den NZZ-Grafiken zu Corona titelt die NZZ weiterhin unbedarft: «Seit bald vier Wochen sinken die (Corona-)Spitaleintritte wieder». Dabei sollte jetzt auch für die NZZ klar sein, dass es sich bei diesen angeblichen «Spitaleintritten» nicht nur um Patientinnen und Patienten handelt, die wegen Folgen von Covid-19 in ein Spital eingeliefert wurden, sondern eben auch um solche, die aus ganz anderen Gründen hospitalisiert und erst im Spital routinemässig auf Sars-CoV-2 getestet wurden. Oder auch um solche, die erst fünf oder noch mehr Tage nach ihrem Spitaleintritt im Spital mit Covid angesteckt wurden. Es handelt sich also nicht um eine Statistik der Spitaleintritte.

Der von BAG und der Task-Force verwendete Begriff «Hospitalisierungen» war von Anfang an unpräzis und missverständlich. Der Unterschied: Der Begriff «Hospitalisierungen» wirkt dramatischer als «positiv Getestete in Spitälern». Viel sinnvoller und transparenter wäre es allerdings, wenn das BAG bei den bekanntgegebenen Zahlen klar unterscheiden würde, ob es sich um Patienten handelt, die an Covd-19 schwer erkrankten, oder um Patienten, die wegen einer anderen schweren Krankheit oder wegen eines Unfalls im Spital behandelt werden und dort bei einer Routinetestung ein positives Resultat erhielten.

Auf ähnliche Weise sprachen und sprechen Behörden und Task Force von «Infizierten» statt verständlicher und korrekter von «positiv Getesteten». Viele Leute verstehen unter «infiziert» fälschlicherweise krank und ansteckend. Doch längst nicht alle «Infizierten» sind krank oder ansteckend – dies gilt vor allem für viele der getesteten Kontaktpersonen.

Die Dramatisierung war offensichtlich das Mittel, um möglichst viele Menschen zum Impfen und zum Einhalten der Bewegungseinschränkungen und der Maskenpflicht zu bringen. Ob jedoch «der Zweck heiligt die Mittel» eine sinnvolle Methode ist, bleibt fraglich. Denn wenn das Vertrauen in die Corona-Daten und Corona-Angaben der Behörden und der Regierung zerstört wird, «dann», meinte Skinner in der NZZ, «übernehmen Populisten und Verschwörungstheoretiker» das Wort.

Die korrekte und sachliche Wortwahl ist auch eines der Kriterien, um die Seriosität von Quellen zu beurteilen.

Für die Auslastung der Spitäler spielt es keine Rolle, wenn der Anteil der Covid-19-Patienten in Spitälern zu hoch ausgewiesen wird. Doch die Statistik weist dann zu viele schwere Covid-Verläufe aus. Denn alle Hospitalisierten «Covid-Patienten» (= auch positiv Getestete im Spital mit wenig oder ohne Symptomen) gelten heute statistisch als schwer erkrankt, weil sie eben im Spital liegen. Damit wird die «Hospitalisationsrate» zu hoch ausgewiesen – ob gemessen an den positiv Getesteten oder an den an Covid-19 Erkrankten. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Coronavirus_1

Coronavirus: Information statt Panik

Covid-19 fordert Behörden und Medien heraus. Infosperber filtert Wichtiges heraus.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

9 Meinungen

  • am 13.01.2022 um 10:31 Uhr
    Permalink

    «Denn wenn das Vertrauen in die Corona-Daten und Corona-Angaben der Behörden und der Regierung zerstört wird, «dann», meinte Skinner in der NZZ, «übernehmen Populisten und Verschwörungstheoretiker» das Wort.» Wer hat ihnen das Feld bereitet? BAG, Taskforce, Bundesrat und die meisten Medienschaffenden! Danke Infosperber, dass Sie hier eine der wenigen Ausnahmen sind!

    • am 16.01.2022 um 22:04 Uhr
      Permalink

      Verschwörungstheoretiker übernehmen nicht das Wort, sie reden einfach mit. Sie sind vermutlich nur ein kleinster Anteil aller mittlerweilen kritischen Denker und Stimmen in der Weltbevölkerung. Lasst uns nicht vergessen, dass alleine in Europa 150 Millionen Menschen NICHT geimpft sind (Quelle: Rede von Ursula v.d. Leyen). Die allermeisten von ihnen haben mit Aluhüten nichts am Hut.

  • am 13.01.2022 um 11:03 Uhr
    Permalink

    Jeder der es wissen wollte oder will weiss, dass systematisch nicht unterschieden wird zwischen ‹wegen Covid› hospitalisiert/gestorben oder ‹mit Covid› hospitalisiert/gestorben. Damit sind die Zahlen systematisch zu hoch. Ebenso ist es für Massnahmen ausserhalb der Spitäler durchaus relevant ob man sich vor dem Eintritt infiziert oder erst im Spital. Auch dies wird nicht unterschieden. Nur schon diese zwei Beispiele zeigen dass systematisch, d.h. mit Absicht einseitig erfasst und rapportiert wird. Zum Grund will ich mich hier nicht äussern, das kann sich jeder selber überlegen.

  • am 13.01.2022 um 14:02 Uhr
    Permalink

    «Das Verhalten des BAG sei «unbegreiflich»» – nein, es ist ein Skandal.

    Die im Volk geschürte Angst und Panik ist für mich derzeit der grösste Skandal: «Die Dramatisierung war offensichtlich das Mittel, um möglichst viele Menschen zum Impfen … zu bringen».

  • am 13.01.2022 um 14:19 Uhr
    Permalink

    Sehr geehrter Herr Gasche
    Ich erinnere mich noch an die Kommentare, als Infosperber bereits am 20. November 2020 auf diese Ungereimtheiten bezüglich der Zahlen- und Datenlage hinwies. Hoffentlich entschuldigen sich einige bei Ihnen.
    Gerne hoffe ich, dass dieses eigentlich skandalöse wenn nicht sogar bewusst irreführende Verhalten des BAG, dazu führt, dass viele sich bisher in kognitiver Dissonanz befindende Schweizer Bürger und Bürgerinnen aufwachen.

  • am 13.01.2022 um 22:00 Uhr
    Permalink

    «…dann übernehmen Populisten und Verschwörungstheoretiker das Wort.» Nein, auch viele Ärzte und andere Fachleute haben sich kritisch geäussert und wurden oft mundtot gemacht. Ein Trauerspiel sondergleichen!
    Wir können nur froh sein, dass endlich Dinge aufgedeckt werden (Danke, Infosperber!) und damit hoffentlich dieser sogenannten Pandemie ein Ende gesetzt wird.

  • am 14.01.2022 um 09:43 Uhr
    Permalink

    Kleine Anmerkung: Für eine korrekte, zügige Meldung der Hospitalisationen brauchte es wohl entsprechend Personal. Es wäre jedoch kein ausgebildetes Pflegepersonal nötig. Man könnte die Leute, die jetzt im Contact Tracing ihre Zeit vergeuden, dafür einsetzen.

  • am 16.01.2022 um 22:51 Uhr
    Permalink

    Ob’s in diesem (Trauer)Spiel weitere Schwarzpeter als das BAG gibt, werden Ermittlungen eines Tages aufzeigen – Ermittlungen laufen in UK, in den USA und vermutlich weiteren Ländern. So genannte Criminal Complaints wurden verfasst und u.a. am Criminal Court in Den Haag angenommen (Correctiv wird selbstverständlich auch das zu widerlegen versuchen). So wird es hoffentlich nur eine Frage der Zeit sein, bis sich auch die CH Justiz um die hiesigen Schwarzpeter kümmern wird. Aber zurück zum BAG: Es dürfte auf der Hand liegen, dass das BAG noch weitere Rollen innehat als die reine Datenverarbeitung und -verbreitung und dass es weitere Mitspieler gibt. Betrachten wir die Rolle der Spitäler und der Regierung am Beispiel des Kts Zürich (siehe Protokoll des RR des Kt ZH vom 12.01.2022):
    Zur «Entschädigung der Zusatzkosten» erhalten die Zürcher Spitäler für jeden «Covidpatienten» so genannte «leistungsbezogene Beträge pro Behandlungstag» in der Höhe von

    – CHF 2113.- auf IPS in einem Covid-A Spital
    – CHF 718.- auf IPS in einem Covid-B Spital
    – CHF 18.- auf der Normalstation

    Wäre das eine mögliche Erklärung für die viel zu hohen Zahlen von Covid Hospitalisationen? Ich würden den Faden dann auch weiterspinnen zur Intensivbehandlung. Ist die Lungenembolie nun Covid bedingt oder nicht? Lässt sich das eindeutig feststellen? Im Zweifelsfall hilft der PCR und generiert folgendes:

    Patient mit Lungenembolie (z.B.) + pos. PCR Ergebnis = Covidpatient

    …und das gibt gutes Geld!

  • am 17.01.2022 um 15:55 Uhr
    Permalink

    Bei uns in Deutschland sieht es leider genauso aus. Das RKI listet alle Hospitalisierungen mit positiven Test auch als Corona Patienten auf, auch wenn sie wegen einem Unfall oder Geburt dort sind. Das Gleiche gilt für Verstorbene, wer seinem Krebsleiden Unfallfolgen, Herzinfarkt erliegt und positiv getestet wurde, ist ein Corona Toter. Wer in zeitlichem Zusammenhang mit einer Corona Infektion stirbt, z.B. fünf Wochen nach Genesung einen Unfall hat, ist auch ein Corona Toter.
    So geht jegliches Vertrauen in die Regierung und deren Institutionen (RKI) verloren.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...