Notenbanken machen Reiche zu Superreichen und enteignen Sparer
Sparen bringt seit Jahren keinen Zins mehr. Mit Negativzinsen und Gebühren wird das Gesparte kleiner Leute häppchenweise enteignet.
Gleichzeitig sind die Preise von Immobilien und Aktien in masslose Höhen geschossen. Die Besitzenden werden ohne eigene Leistung zu Multimillionären und Milliardären, während unzählige Mieter und Mieterinnen keine bezahlbaren Wohnungen mehr finden.
Diese Umverteilung von Vermögen wurde nicht demokratisch beschlossen. Sie ist das Resultat einer eigenmächtigen Politik der Notenbanken, namentlich der Europäischen Zentralbank EZB, der Bank of England, der US-Notenbank FED und der Schweizerischen Nationalbank SNB.
Umverteilung auch mit steigenden Preisen
Die gewaltige Umverteilung als Folge der Politik der Notenbanken ist noch nicht alles: In den USA und in EU-Staaten führen stark steigende Preise zu einer sinkenden Kaufkraft der Bevölkerung. Die Inflation enteignet Rentner, Lohnabhängige und Menschen, die von Erspartem leben. Infosperber geht in einem zweiten Teil auf die Folgen der Inflation ein.
Eigentlich wäre es Aufgabe der Notenbanken, den Wert und die Kaufkraft des Geldes dauerhaft zu sichern. Stattdessen finanzieren sie seit Jahren zusätzliche Schulden von eigentlich bereits zahlungsunfähigen Staaten. Und sie helfen schwachen Unternehmen und Banken, weiterhin Gewinne zu machen. Mit dieser abgestimmten Geldpolitik hebeln die Notenbanken den effizienten Wettbewerb aus, manipulieren selbstherrlich die Marktwirtschaft und nehmen das unwägbare Risiko eines gewaltigen Crashs in Kauf.
Die Marktwirtschaft werde «teilweise ausgehebelt», stellte NZZ-Wirtschaftsredaktor Michael Ferber am 7. Oktober 2021 fest.
Die von den Notenbanken verursachte Geldschwemme ist seit längerem so gross, dass Banken das viele Geld ihrer Kunden nicht mehr verzinsen. Noch schlimmer: Banken lehnen Bareinlagen auf ihren Konten sogar ab oder verlangen Strafzinsen und Zusatzgebühren.
Was die Notenbanken auf den Finanzmärkten anstellten und anstellen, ist auch wissenschaftlich in keiner Weise abgestützt:
- Kein Standard-Lehrbuch der Wirtschafts- und Finanzwissenschaften geht davon aus, dass Notenbanken die Zinssätze auf null oder unter null drücken.
- Kein Standard-Lehrbuch geht davon aus, dass Notenbanken die Zinssätze derart manipulieren, dass die Zinsen ihre Preisfunktion auf den Kapitalmärkten nicht mehr erfüllen.
- Kein Standard-Lehrbuch geht davon aus, dass sich insolvente Staaten und Grossbanken mit Hilfe der Notenbanken fast beliebig weiter verschulden können.
- Kein Standard-Lehrbuch beschreibt die enormen Risiken von spekulativen Derivat-Geschäften, welche 2008 zur Finanzkrise geführt haben.
Die Geprellten zeigen sich wenig alarmiert
Die Interventionen der Notenbanken sind so gigantisch, dass die Zahlen emotional nicht mehr erfassbar sind und die Öffentlichkeit deshalb nicht aufrütteln. Der weltweite Schuldenberg von Staaten, Unternehmen und Privaten erreichte Mitte 2021 den Wert von 296 Billionen Dollar. Zählt man noch die Verschuldung des Finanzsektors (Banken, Blackrock, Vanguard, Hedge Funds etc.) dazu, erreichte der Schuldenberg Mitte 2021 rund 365 Prozent sämtlicher geldwerten Güter und Dienstleistungen, die auf unserem Planeten innerhalb eines Jahres hergestellt werden (Quelle: Institute of International Finance IIF).
Allein die EZB kaufte an den Börsen Euro-Obligationen im Wert von fast 5 Billionen Euro. Darunter haufenweise Staatsanleihen überschuldeter Länder. Ohne die EZB-Käufe hätten diese Staatsobligationen risiko- und marktgerecht mit 5 bis 10 Prozent verzinst werden müssen. Doch solche Zinsen hätten überschuldete Staaten nicht zahlen können. Mit ihren Käufen von Staatsanleihen finanziert die EZB Staatsdefizite, was ihr eigentlich verboten ist.
Nur dank der EZB konnte beispielsweise Italien – obwohl bereits bis über den Hals verschuldet – dieses Jahr Staatsanleihen mit einer langen zehnjährigen Laufzeit zu einem lächerlichen Zins von jährlich 1 Prozent aufnehmen. Mit solchem Billiggeld ersetzte Italien nicht nur auslaufende Staatsobligationen, die zurückzuzahlen waren, sondern erhöhte die Staatsverschuldung auf rund 160 Prozent des jährlichen Bruttoinlandprodukts.
Wer sichere Staatsanleihen der wenig verschuldeten Schweiz im Depot hat, bekommt am Ende der Laufzeiten weniger Geld zurück, als er für sie bezahlte – Negativzins nennt sich das. Die Verschuldung wird für den Staat sogar zum Geschäft.
Von der waghalsigen Tiefzins-Politik der eigenmächtigen Notenbanken profitieren kurzfristig die ausgabefreudigen Regierenden sowie alle Unternehmen, Banken, Vermögensverwaltungskonzerne und Privaten, die sich verschuldet haben. Die Notenbanken retten diese Überschuldeten, anstatt den Fokus auf den Werterhalt des Geldes zu legen. Allerdings gehen sie damit gewaltige Systemrisiken ein, ohne dafür demokratisch legitimiert zu sein.
Geprellt werden bereits seit Jahren
- alle, die für ihre Wohnungen und Büros ständig steigende Mietzinsen zahlen müssen;
- alle Sparer, die Geld auf Konten liegen haben;
- alle Besitzlosen, die über keine Immobilien, keine Aktien und keine Edelmetalle verfügen.
Dem Vermögenszuwachs mit verschränkten Armen zusehen
Weil Geldanlagen keine Erträge mehr bringen, fliessen Milliarden in Materielles wie Immobilien und Aktien von Unternehmen, deren Werte steil gestiegen sind.
Konkret: Die Kosten von Wohneigentum und anderen Immobilien verdoppelten sich in den USA und in der Schweiz innerhalb von nur zwanzig Jahren. In grossen Städten stiegen ihre Preise sogar um 130 bis 200 Prozent. Die Besitzenden konnten mit verschränkten Armen zusehen, wie ihre Vermögen anschwollen.
Das Gleiche gilt für Besitzende von Aktienpaketen: Deren Preise – gemessen am Dow-Jones- und DAX-Index – haben sich seit dem Tief der Finanzkrise von 2009 sogar mehr als verdreifacht – ganz abgehoben von der realen wirtschaftlichen Entwicklung.
Zudem investierten viele Unternehmen das bei Banken erhältliche Gratisgeld sowie Gewinne nur zum kleineren Teil in die reale Wirtschaft. Vielmehr spekulierten sie damit an den Börsen. Sie kauften sogar Milliardenpakete eigener Aktien auf. Allein Konzerne, die an deutschen Börsen kotiert sind, kauften seit 2009 für weit über 50 Milliarden Euro eigene Aktien. Damit entzogen sie eigene Aktien dem Markt, was die Kurse der restlichen Aktien ihres Unternehmens zusätzlich in die Höhe trieb. Solche Aktienrückkäufe seien «zuweilen nichts anderes als legaler Betrug, weil sie den Aktienkurs pushen, die Vergütung des Managements treiben und keinen messbaren Beitrag zur Zukunft der Firma leisten», kommentierte Finanzjournalist Gabor Steingart in seinem «Morning Briefing».
Wenn die Menschen das Bank- und Geldsystem verstehen würden, gäbe es vermutlich eine Revolution noch vor morgen früh.
Das Zitat wird Henry Ford zugeschrieben
Wettgeschäfte in Höhe mehrerer Millionen Milliarden
Selbst Zinssätze, die nur mässig steigen, könnten noch eine andere, oft übersehene Spekulations- und Schuldenblase zum Platzen bringen: Bei der Spekulation mit Derivaten, die häufig auf Kredit erfolgt, geht es in der Schweiz um Kontraktwerte von mehreren Millionen Milliarden (Millionen Milliarden) Franken. Das meiste sind Wetten auf Schwankungen der Aktienkurse. Wenn eine Gegenpartei ihren Verpflichtungen nicht nachkommen kann, könnte «diese riesige Menge an Derivaten eine unkontrollierbare Kettenreaktion erzeugen», warnte Finanzprofessor Marc Chesney von der Universität Zürich.
Wettrisiken sind Systemrisiken
In der Schweiz wird wie andernorts mit Finanzprodukten gewettet. Nach Angaben von Finanzprofessor Marc Chesney erreichen diese sogenannten Derivate einen Nominalwert, der im Oktober 2020 nach Angaben der SIX-Gruppe dem rund 27’000-Fachen des Schweizer Bruttoinlandprodukts entsprach. Die Fluktuation ist enorm, aber der Nominalwert der Derivate lag kürzlich immer noch beim 4’000-Fachen des Schweizer BIP. Einem CS-Jahresbericht war zu entnehmen, dass bei dieser Bank nur 0,1 Prozent der Derivate nützliche Absicherungsgeschäfte sind. Bei den restlichen 99,9 Prozent der Derivate handelt es sich um reine Wettgeschäfte, bei denen auf Ausfälle und den Bankrott von Firmen und Staaten gewettet wird.
Die mit diesen Wetten eingegangenen Risiken umschreibt Chesney wie folgt: «Wenn wir heute eine Wette von 100 Franken darüber abschliessen, wie das Wetter morgen sein wird, besteht kein Systemrisiko. Wenn aber auf Ausfälle von Finanzinstituten gewettet wird, können Millionen Menschen ihre Arbeit und ihre Wohnung verlieren, wie der Bankrott von Lehman Brothers gezeigt hat.»
Billion um Billion
Das Resultat der Billigzins- und Geldschwemme-Politik der Notenbanken ist eine gigantische Umverteilung von Vermögen von unten nach oben. Gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Forbes» nahm das Vermögen der rund 2600 Milliardäre auf dieser Erde im Jahr 2020 um 1,9 Billionen Dollar zu und im laufenden Jahr um weitere 1,6 Billionen Dollar. Auch Millionäre mit Immobilien- und Aktienbesitz konnten einer wundersamen Vermehrung ihrer Werte nur zusehen. In Deutschland stieg die Zahl der Millionäre allein im Jahr 2020 um 70’000 auf 1’535’000. Steuern zahlen viele am steuergünstigen oder pauschalbesteuerten Zweit- oder Drittwohnsitz. Im Todesfall geht das ganze Vermögen an die Erben. In der Schweiz gibt es für direkte Erben keine Erbschaftssteuer. Das allerdings hat das Volk in einer Abstimmung demokratisch so entschieden.
Politiker namentlich der Rechtsparteien, welche die soziale Umverteilung des Staates mittels Steuern und Sozialleistungen gerne kritisieren, müssten eigentlich die viel grössere Umverteilung anprangern, welche die Geldpolitik der Notenbanken verursacht. Doch Umverteilung ist nicht gleich Umverteilung. Von dieser Umverteilung profitieren diejenigen, die schon reich sind und die bevorzugt Parteien des rechten Spektrums wählen.
Im Falle eines Crashs kommen Reiche und Superreiche am besten weg
Ohne eine Umkehr der heutigen Finanz- und Wirtschaftspolitik wird das unberechenbare Risiko eingegangen, dass die gigantische Finanzblase eines Tages fürchterlich platzt. Den Crash werden Reiche und Superreiche am besten überleben, weil sie mit einem genügenden Puffer und genügend Besitz vorgesorgt haben. Das Elend wird die anderen treffen, die von Erwerbsarbeit und Renten abhängig sind.
Deshalb sind es diese sozial und wirtschaftlich Schwachen, die an einem zwar unbequemen, aber geordneten Ausstieg aus dem laufenden Hochrisikopoker, den die Notenbanken veranstalten, am meisten interessiert sein müssten.
Die Notenbanken, Regierungen und alle Profiteure der gegenwärtigen Umverteilung versuchen derweil, Warner als Pessimisten hinzustellen. Sie verweisen auf «moderne» Ökonomen, nach denen das Schuldenmachen dank dem fast zinslosen Geld noch lange problemlos möglich sei. Ein Vertreter dieser «Modern Monetary Theory» ist der zum extremen Keynesianer mutierten Professor und «New York Times»-Kolumnist Paul Krugman: Staaten müssten sich nicht gross um die Schulden kümmern, solange eine grössere Inflation nur kurze Zeit anhalte. Dies werde in den USA der Fall sein, weil kurzfristige Faktoren wie höhere Erdöl- und Erdgaspreise sowie Lieferengpässe an der Inflation schuld seien. Am 23. Dezember räumte Krugman erstmals ein, dass er vielleicht falsch liege: «Jeder Tag bringt Überraschungen», schrieb er in der «New York Times».
Für die neue Theorie sind Gewerkschaften und Linke anfällig, weil ein Ausstieg aus der Hochrisiko-Politik auch Arbeitsplätze gefährden würde. Nur mit dieser Angst ist es zu erklären, dass weder Gewerkschaften noch Sozialdemokraten gegen die schon seit Jahren anhaltende Umverteilung gewaltiger Vermögen von unten nach oben Sturm laufen.
Viele Ökonomen befürchten, dass die Wirtschaft desto stärker zusammenbricht, je länger die Notenbanken mit der Politik des billigen Geldes, der Finanzierung von Staatsdefiziten und der Rettung von beinahe bankrotten, hoch verschuldeten Banken und Unternehmen fortfahren.
Die Wirtschaftsgeschichte gibt diesen Warnern bisher recht: Extreme Geldentwertungen und megahohe Schuldenberge endeten stets mit verheerenden Wirtschafts- und Sozialkrisen.
Lauter Altlasten für kommende Generationen
Die heutige Generation in den hochentwickelten Ländern hat sich nicht etwa derart riskant verschuldet, um kommenden Generationen eine tolle Infrastruktur und einen aufgeräumten Planeten zu hinterlassen, auf dem es ausser den Schulden keine weiteren Altlasten gibt. Im Gegenteil: Es wird heisser auf der Erde, es gibt immer weniger Tier- und Pflanzenarten, die Weltmeere werden noch stärker geplündert und verschmutzt. Unersetzbare Urwälder werden weiter dezimiert. Den liegengelassenen hochradioaktiven Atommüll müssen künftige Generationen noch für Hundertausende von Jahren sicher lagern.
Traum vom ewigen Wirtschaftswachstum
Wie oben dargestellt, wären die Volkswirtschaften praktisch aller Industriestaaten der OECD bereits seit über zwanzig Jahren nicht mehr gewachsen, wenn sie sich nicht in ähnlichem Mass zusätzlich hätten verschulden können.
Bereits vor zehn Jahren stellte Hanspeter Guggenbühl fest: «Eine wachsende Wirtschaft, so würde man meinen, nutzt ihr Wachstum, um die Schulden zu senken. Doch die Realität ist umgekehrt. Die Staaten nehmen zunehmende Verschuldung in Kauf, um das Wachstum der Wirtschaft zu fördern … In den meisten Industriestaaten wuchsen die Staatsschulden prozentual – zum Teil sogar absolut – stärker als das Bruttoinlandprodukt. Mit anderen Worten: Das Wachstum basiert auf Pump, auf Verschuldung. Ohne die massive Staatsverschuldung würde die Wirtschaft in vielen Industriestaaten schon seit langem nicht mehr wachsen.»
Diese Entwicklung setzt sich bis heute fort: Ohne neue Schulden gab und gibt es kein flächendeckendes Wirtschaftswachstum mehr. Eine neue Wirtschaftspolitik, die nicht mehr darauf angewiesen ist, dass das Bruttoinlandprodukt BIP weiterwächst, wurde trotz aller Krisen nicht eingeleitet. Allerdings werden Wege dazu an Universitäten auch nicht gelehrt.
Mit Defiziten und Schulden Krisen überwinden, aber …
Notenbanken und Regierungen haben mit bemerkenswertem kurzfristigem Erfolg versucht, die Krisen der jüngsten Jahrzehnte – von der Finanz-, Internetblasen- und Euro- bis zur Coronaviruskrise – mit gewaltigen Finanzspritzen zu überwinden. Die verursachten Defizite waren auch gemäss traditioneller Wirtschafts- und Finanztheorie zweckmässig.
Doch jetzt folgt das grosse Aber: Der Notfall wurde zum Dauerzustand. Notenbanken und Regierungen unterliessen es, die aufgetürmten Schulden jeweils wieder abzubauen. Ein neuer Schuldenberg vergrösserte jeweils den bereits angehäuften. Regierungen und Parlamente reden sich ein, dass nichts passieren könne.
Das hat seinen Grund: Ein Abbau von Schulden würde unpopuläre Massnahmen erfordern. Um sich vor solchen zu drücken, behaupten Notenbanken und Regierungen, dass die Verschuldungsquote automatisch wieder abnehmen werde, sobald die Wirtschaft wieder schneller wachse als die Schulden.
Was sie dabei stets unter den Tisch kehren: Seit über zwanzig Jahren ist das Bruttoinlandprodukt in keinem grossen Industriestaat mehr schneller gewachsen als der prozentuale Anstieg des staatlichen und privaten Schuldenberges.
Es drohen Arbeitslosigkeit und Elend
Auf dem Kapitalmarkt galt die Regel: Je höher die Schulden und je höher das Ausfallrisiko, desto höher sind die jährlichen Zinsen für diese Schulden. Doch mit ihrer Niedrigzinspolitik haben die Notenbanken diese Regel ausgehebelt: In den vergangenen Jahren konnte mit Milliarden in grosse unmessbare Risiken investiert werden, ohne als Risikoprämie höhere Zinsen dafür zahlen zu müssen. Besonders deutlich wird dies bei der EU, weil Krisenländer nicht den adäquaten Risikozins für ihre Schuldenlast tragen müssen.
Sobald die Nationalbanken die Zinsen erhöhen, drohen Zahlungsausfälle und eine allgemeine Währungs-, Euro- und Wirtschaftskrise. Ein Crash würde zwar auch Reiche und Superreiche treffen. Aber den sozial und wirtschaftlich Schwächsten erginge es mit Abstand am schlechtesten: Es würde sie hohe Arbeitslosigkeit und Elend erwarten. Es käme zu unwägbaren sozialen und politischen Verwerfungen.
Aus diesen Gründen versuchen die Notenbanken, ihre Leitzinsen nur in homöopathischen Schritten zu erhöhen. Ob dies jedoch reicht, um den riskanten Schuldenberg ohne hohe Inflation abzubauen, ist äusserst zweifelhaft.
Ein Ausweg aus der Sackgasse wären geordnete und gestaffelte Schuldenschnitte und eine geordnete Abkehr von einer Wirtschaftspolitik, welche die Probleme der reichen Industriestaaten mit noch mehr Wirtschaftswachstum, also noch mehr Energie, Rohstoffen, Erwerbsarbeit, Konsum und Abfall zu lösen sucht – und auch mit noch mehr Schulden, falls es nötig ist.
Ein möglichst starkes BIP-Wachstum als oberstes Ziel der Wirtschaftspolitik gehört in die Mottenkiste des vergangenen Jahrhunderts.
Warnende Stimmen bleiben ungehört
Das Festhalten am Prinzip Hoffnung, also unbeirrtes Warten und Vertrösten auf ein Wachstum, das nicht mit Schulden zustandekommt, sowie ein weiteres Durchwursteln mit Billiggeld untergraben das Vertrauen in den Wert des Geldes und erhöhen das Systemrisiko. «Kommende Weltwirtschaftskrise wird schlimmer als die von 1929», prophezeit Finanzexperte und Buchautor Marc Friedrich. Das «reinigende Gewitter» erwartet er «spätestens 2023».
«Nur ein Narr kann glauben, dass die superexpansive Geldpolitik [der Notenbanken] endlos weitergeführt werden kann», schrieb Ernst Baltensperger, emeritierter Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Bern, in der NZZ vom 1. Dezember 2021. Der Ökonom warnt davor, das Inflationsrisiko auf die leichte Schulter zu nehmen: «Fundamental ist die Situation heute sogar viel explosiver als damals [hohe Inflation nach dem Ölpreisschock von 1973]. Ein Ausstieg aus der superexpansiven Geldpolitik wird bei der enormen Verschuldung von Staat und Privatsektor politisch noch weit schwieriger sein.»
Davut Cöl, Autor des Buches «Verstehen Sie Geld? – Zusammenhänge verständlich erklärt», kam 2017 zum Schluss, das Wirtschaften auf Pump könne «die Stunde der Wahrheit nur hinauszögern». Die anhaltende Politik der Geldschwemme «übertüncht und vergrössert die Gefahr einer neuen grossen Finanzkrise».
Die EZB muss handeln, um einen Crash zu verhindern
Titel in der NZZ vom 19.11.2021
Schlagzeilen wie jene der NZZ vom 19. November 2021 können auch Politikerinnen und Politiker nicht mehr übersehen: «Die EZB muss handeln, um einen Crash zu verhindern.» Zehn Tage vorher las man in der NZZ: «Die US-Zentralbank FED warnt vor enormen Risiken an den Finanzmärkten.» Die NZZ ergänzte: «Das Feuer hat sie aber selber gelegt.» Mit dem Feuer war die herbeigeführte Geldschwemme gemeint. Deshalb würden heute in den USA «viele lieber auf steigende Vermögenspreise spekulieren statt einer normalen Arbeit nachgehen».
Welches der Auslöser des drohenden Kollapses sein wird, kann niemand voraussagen. Aber ohne einen geordneten Ausstieg aus der Geld- und Überschuldungskrise scheint ein Crash unvermeidlich.
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Zum zweiten Teil:
Zusätzliche Umverteilung und Enteignung durch Inflation
Zum dritten Teil:
Wie wir aus der Krise herauskommen
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ein äusserst wichtiger Beitrag. Vielleicht deutlicher gemacht werden müsste die Konstellation, die es für einmal verbietet, eine klare Unterscheidung von Tätern und Opfern vorzunehmen. Wer Aktien besitzt, steht auf dieser Rolltreppe, die seit langer Zeit unweigerlich in die Höhe führt. Und wer besitzt denn schon keine Aktien! Schon längst hat beispielsweise die Alternative Bank ABS eine gut dotierte Vermögensverwaltung für ihre Klientel, die meisten wohl links, grün und mit gutem Einkommen (und Erbschaft) zu Vermögen gekommen. Da pflegt man dann halt die Mär von den nachhaltigen Aktien. Oder mindestens ist man über die Pensionskasse Aktionär. Die wohl einzige Pensionskasse, die genau aus den in diesem Artikel dargestellten Gründen konsequent auf börsenkotierte Aktien verzichtet, ist die CoOpera Sammelstiftung PUK.
Der Autor erwähnt nicht, dass alle institutionellen Anleger wie z.B. die Pensionskassen und derAHV-Fonds auch zu den sog. Reichen bzw. Superreichen d.h. zu den Profiteuren zu zählen sind.
Unerwähnt bleibt auch, dass der Staat der grösste Profiteur der Interventionen bzw. parastaatlichen Zinsmanipulationen ist. Einmal durch künstlich tiefgehaltene Zinsen und dann über die Inflation, welche einerseits die Schuldendienste reduziert und zu einer sog. kalte Progression führt, mit welcher die Bürger nochmals zur Kasse gebeten werden.
Fazit: es ist primär der Staatsinterventionismus, der für Ungleicheit sorgt und dafür verantwortlich ist.
Es ist richtig, dass steigende Aktienkurse (und auch Immobilienpreise) den Pensionskassen helfen. Doch einerseits haben diese einen Teil der Vermögen auch in kaum mehr rentierenden Obligationen angelegt. Und andererseits nützt dies den heutige Rentnerinnen und Rentnern mit ihren meist gleichbleibenden Renten wenig, wenn sie steigende Mietzinsen zahlen müssen.
Bei der AHV profitiert nur der Ausgleichsfonds von steigenden Aktienkursen (und Immobilienpreisen). Die Renten zahlt die AHV hauptsächlich im Umlageverfahren von den jährlichen Einnahmen aus.
Zu deinem hervorragenden Artikel und deiner Klarstellung. Ich verstehe leider – oder zum Glück? – fast nichts von diesen fast undurchschaubaren Manipulationen; ich muss zugeben: Auch ich besitze einige Aktien, deren Wert genauso gestiegen ist wie der der Superreichen. Und als guter Durchschnittsschweizer müsste ich mir doch sagen: «Wunderbar, du stehst auch auf Seiten der Gewinner. Diese lästigen Sozis sollten endlich aufhören, schon wieder eine so extreme Initiative vorzubereiten, welche eine gerechte Besteuerung der Reichen erzwingen will: keine Chance in der Schweiz während der nächsten 100 Jahre.» Soll ich mich jetzt damit brüsten, dass ich etwas schlauer bin?!
Immerhin dürfte dies helfen, den Umwandlungssatz auf 6.8% zu belassen. Die Renten werdeo zumindest nicht gekürzt.
Auszug aus Wikipedia:
– Das Federal Reserve System weist sowohl privatrechtliche [Privatbanken] als auch öffentlich-rechtliche Elemente auf
– Der Federal Reserve Act ermöglicht es der Federal Reserve bis heute, Geld ohne intrinsischen [inneren] Wert als Kreditgeld zu schaffen und es beispielsweise der amerikanischen Regierung gegen Zinsen zu leihen.
Die (dogmatische?) Aussage von Herrn Wüstiner, der Saatsinterventionismus sei Ursache der Umverteilung von unten nach oben, ist somit nicht nachvollziehbar, denn auch in der Schweiz ist die Notenbank von der Politik unabhängig!
Leider sieht Urs P. Gasche die Situation realistisch. Er sagt vier Mal «Kein Standard-Lehrbuch …». Wer schreibt die Standard-Lehrbücher der Wirtschaftswissenschaften? Sicher nicht Paul Krugman und seine Kolleginnen und Kollegen, die die «Modern Monetary Theory» herunterbeten. Sie sind in der Wissenschaft die Schuldigen für das kommende Chaos, das mit der herrschenden Geldpolitik angerichtet wird. Wenigstens müsste man Paul Krugman den Wirtschaftsnobelpreis wegnehmen.
Vielen Dank für diesen breit und fundiert argumentierten Artikel von Herr Gasche. Ich unterschreibe die geldpolitische Analyse voll und ganz.
Die Zentralbanken scheren sich keinen Deut um ihre offiziell vorgegebenen Ziele Geldwertstabiliät und Systemstabilität. Die EZB schert sich auch keinen Deut um ihr Verbot der Finanzierung der Staatsdefizite.
Der ‹egoistische› Erklärungsansatz lautet: die Zentralbanker wollen einfach noch mehr Geld und persönliche Macht. Ein zweiter Erklärungsansatz lautet, dass die Situation des ganzen Systems noch viel schlimmer ist, als wir in der interessierten Öffentlichkeit annehmen und die Zentralbanker noch weiter in der Sackgasse drin sind und nicht mehr umkehren können.
Beide Varianten finde ich persönlich deprimierend. Gibt es weiter Ideen?
Ein ungeniessbares Konvolut! Bei dem so ziemlich wahl-, und teils geradezu hilflos Begriffe und Zahlen zum Hochkochen in einen Topf geschmissen wurden.
Zitat: «Zudem investierten viele Unternehmen das … Gratisgeld sowie Gewinne nur zum kleineren Teil in die reale Wirtschaft.»
Würde man etwas Zu-Interessierendes schreiben wollen, begänne man seinen Artikel hier. Mit der Beantwortung von Fragen wie:
– Warum investieren die Unternehmen nicht (mehr)? Investieren sie mehr oder weniger, wenn sie höhere Zinsen für ihre Kredite zu bezahlen haben? Investieren sie mehr oder weniger, wenn sie – da den Staaten der Geldhahn zugedreht wird – mit weniger Staatsaufträgen, tieferen Lohnsummen und Arbeitslosigkeit bei den Staatsangestellten (u.a. Lehrer, Polizisten, Pflege, usw.) zu rechnen haben?
– Welche Auswirkungen hat Gasches «Zinserhöhung-/Geldhahn-zu-dreh-Politik» auf die Arbeitslosigkeitsrate? Welche auf die Einkommen (Löhne, AL-Geld, Sozialhilfe)? Woher kommen das Geld für die Entlassenen (wenn der Staat sich nicht weiter verschuldet)?
– Glaubt Herr Gasche im Ernst, dass er es der Bevölkerung mit ‹seiner Politik› etwas Gutes (an)tut, ihr zu mehr Einkommen/Wohlstand verhilft?
Fazit: Sich nicht – hüpfend – mit unzusammenhängenden Aussagen begnügen. Sich klar werden, dass wir es nicht mit einem Krämerladen (Betriebs-, Einzelwirtschaft), sondern einer Volks-, d.h. Kreislaufwirtschaft zu tun haben. Bei der u.a. mein «Verlust» (Ausgabe) das Einkommen («Gewinn») des anderen ist.
Geld ist ein komplexes Instrument. Der Unterschied zw. «Inside-» und «Outside-Money» ist aber immer noch wesentlich und kann einige Inkongruitäten der gelebten Welt erklären.
Draghi’s Geldspritzen in die EU-Wirtschaft waren alles Geld aus der Druckerpressse, d.h. «ex-nihilo».
Bei den SNB Investitionen ab Anfang 80er Jahre handelte es sich um effektiv erwirtschaftetes «Out-side»-Geld, d.h. Geld, welches einer echten Dienstleistung entsprechen sollte. Auf dieser Basis einen «souveränen Fund» nach Norweger Art aufzubauen, darf ehrlich auf seine Meriten überprüft werden. Solche Investitionen aber auf der Basis internationaler Reserven, welche durch wechselkursbedingte Stützkäufe erworben wurden, ist eine komplet andere Politik und grundsätzlich im Widerspruch zu den Zielen klassischer Notenbankpolitik.
Geld ist eben nicht immer Geld.
Als in den 80er Jahren die Einführung des Interbank-Clearings und der Verallgemeinerung des Debit-Kartengebrauchs die «Zirkulationsgeschwingigkeit des Geldes» durch die Reduktion der obligatorischen Bankreserven vervielfachte, versuchte die SNB durch Kreditrestriktionen die frühere «Normalität» wieder herzustellen. Das Resultat war eine massive Hypothekarzinskrise.
In der Geldpolitik kann ein Fehler nicht durch einen zusätzlichen Fehler korrigiet werden.
Sollte Covid durch SNB-Kredite finanziert werden, ist das für mich ok. Die Rückkehr zum Status ex-ante bleibt aber eine politische Illusion. Weitere Begehrlichkeiten sollten unterbleiben.
Das Stichwort im Artikel lautet «Effizienter Wettbewerb». Das ist die Ursache für die Finanzprobleme: das Fokussieren auf Konkurrenz anstatt auf Kooperation. Damit legen wir das Schwergewicht auf das indivisduelle «Ich», statt auf das gemeinsame «Wir». Das ist jedoch kein Entweder-Oder, denn beide Handlungen reflektieren unsere zwei biologischen Überleensinstinkte: Kampf oder Flucht (Konkurrenz) und Zusammenhalt (Kooperation). Wir müssen das Gleichgewicht zwischen beiden Instinkten wieder herstellen. Das wird aber erst möglich werden, wenn wir in allen Gemeinden Bürgerräte etabliert haben, die sich mit diesen komplexen Sachverhalte auseinandersetzen können, um entsprechende Empfehlungen für Initiativen abzugeben. Das Grundproblem aller Gesellscjaften ist also nicht finanziell, sondern biologisch und psychologisch.
Danke, Herr Gasche, für den herausragenden und fundierten Artikel. Zugegeben: Früher war ich fasziniert von der neo-keynesianischen Theorie von Joseph Stiglitz. Er kritisierte die deflationäre IWF-Krisen-Politik von 1998, die v.a. asiatische Staaten betraf. In Krisen sollte die internationale Finanzhilfe Betroffene mit expansiver Geldpolitik unterstützen, um Wachstum zu fördern. Die Botschaft wurde allzu gut verstanden: Wachstum durch Geldexpansion ist eine verlockende Perspektive für jene, die an kurzfristigen Profiten interessiert bzw. an Nachhaltigkeit desinteressiert sind. Die Kehrseite der Expansion ist die von Herrn Gasche beschriebene Vermögensinflation. Hans Christoph Binswanger (1929-2018) hat bereits wichtige Wachstumstreiber identifiziert, u.a. die Geldschöpfung durch riskante Kreditvergaben seitens der Banken. Er hoffte, eine staatlich kontrollierte Geldschöpfung (100%-Geld, Vollgeld) könnte hier mässigend wirken. Heute lässt sich die Politik aber allzu gerne vom Wachstum leiten. Auch auf Kosten der Umwelt. 2009 fragte Binswanger: Was wäre, wenn es keine Finanzkrisen geben würde? Wäre dann alles in Ordnung? Nein, war seine Antwort. Auch ein geordnetes Wachstum, von dem alle profitieren, zerstört die Umwelt. Die Ökonomie hätte die Aufgabe, die Wachstumsdynamik zu durchschauen und auf eine nachhaltige und gemässigte Ökonomie hinzuwirken. Diese Aufgabenstellung bleibt auch nach dem abzusehenden Crash aktuell.
«Das Resultat der Billigzins- und Geldschwemme-Politik der Notenbanken ist eine gigantische Umverteilung von Vermögen von unten nach oben. Gemäss … «Forbes» nahm das Vermögen der rund 2600 Milliardäre auf dieser Erde im Jahr 2020 um 1,9 Billionen Dollar zu und im laufenden Jahr um weitere 1,6 Billionen Dollar.»
Da ist keine Umverteilung im Spiel! Insbesondere ein Journalist hat Worte/Begriffe mit Bedacht zu wählen – sofern er effektiv das Ziel verfolgt Leser:innen ein präziseres Bild der Realität zu vermitteln.
Wenn – im Wortsinn – eine Umverteilung stattfindet, dann müsste angegeben werden, wann und wo dieses Geld den Armen/dem ‹Mittelstand› («unten») entwendet wurde. Fragen wir bei den Leuten («unten») nach oder – noch besser – konsultieren die Statistiken. Wie sieht der Konto- bzw. Geldvermögensstand – real – bei jenen «unten» verglichen mit vor 10 oder 20 Jahren aus: Unverändert (bis höher). [Wo nichts ist, kann auch nichts geholt werden.]
Daher: Der Begriff «Umverteilung» erklärt nicht die Vermögenszunahme bei den Reichen! Was aber dann? «Bewertung» resp. «Höherbewertung» (von bereits Vorhandenem; Unternehmen/Aktien, Boden, Kunstwerken usw.).
«Die Geprellten zeigen sich wenig alarmiert»
Ist Kapitalismus beziehungsweise ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das ohne irrwitzigen Konsum und Produktion von Gütern und Dienstleistungen, die im Endeffekt kein Mensch zum überleben braucht und auch kaum jemand vermissen würd,e wenn es sie nicht geben oder erst gar nicht kennen würde, ohne “Geprellte” überhaupt möglich?
Der Irrweg auf dem wir uns befinden beginnt jedenfalls nicht bei den Zentralbanken und an diesem Irrweg würde auch ein solider Haushalt von Industriestaaten oder 5% Zinsen für Kleinsparer nicht das Geringste ändern.